Grundsätze der Philosophie der Zukunft. Ludwig Feuerbach
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Ludwig Feuerbach
Grundsätze der Philosophie der Zukunft
Grundsätze der Philosophie der Zukunft, Ludwig Feuerbach
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849612511
www.jazzybee-verlag.de
Frontcover: © Vladislav Gansovsky – Fotolia.com
Ludwig Feuerbach – Biografie und Bibliografie
Berühmter Philosoph, geb. 28. Juli 1804 in Landshut, gest. 13. Sept. 1872 auf dem Rechenberg bei Nürnberg, hatte während seiner Gymnasialzeit in Ansbach eine entschieden religiöse Richtung, studierte in Heidelberg Theologie, ward durch Daubs Vorlesungen für die Philosophie Hegels gewonnen, ging, um letzteren zu hören, 1824 nach Berlin, habilitierte sich 1828 zu Erlangen als Privatdozent der Philosophie, machte jedoch als Dozent wenig Glück und wurde als entschiedener Hegelianer angefeindet. Seine anonym erschienene Schrift» Gedanken über Tod und Unsterblichkeit«(Nürnb. 1830; 3. Aufl., Leipz. 1876; neu hrsg. von Jodl, Stuttg. 1903), in der er eine Religion, die sich ein Jenseits als Ziel setze, einen Rückschritt nannte und den Glauben an die Unsterblichkeit psychologisch erklärte, wurde konfisziert, sein Gesuch um eine außerordentliche Professur wiederholt (zuletzt 1836) abgeschlagen, Aussichten auf eine Professur an andern Universitäten erfüllten sich auch nicht, so dass er die akademische Laufbahn verließ, um sich nach Ansbach und (seit 1836) auf das drei Stunden von diesem entfernte Schloss Bruckberg in literarische Einsamkeit zurückzuziehen. Hier, wo er 1837 mit seiner treuen Lebensgefährtin Berta Loew, die daselbst Mitbesitzerin einer Fabrik war, eine glückliche Ehe schloss, sind in ländlicher Muße bis zum Jahr 1860, wo er auf den bei Nürnberg gelegenen Rechenberg übersiedelte, fast alle seine Hauptwerke entstanden. Nachdem er bereits unter dem unpassenden Titel:»Abälard und Heloise«(Ansb. 1833; 4. Aufl., Leipz. 1889) in humoristisch-philosophischen Aphorismen eine Parallele zwischen der realen und idealen Seite des Lebens veröffentlicht hatte, begann er mit seiner» Darstellung der Geschichte der neuern Philosophie«(Ansb. 1833–1837, 2 Bde.), die sich, wie seine» Kritiken auf dem Gebiete der Philosophie«(das. 1835), durch klassische Schärfe der Charakteristik auszeichnete, den Kampf der Vernunft gegen die Theologie, des Wissens gegen den Glauben, den er im dritten Band:»Pierre Bayle nach seinen für die Geschichte der Philosophie und der Menschheit interessantesten Momenten«(das. 1838) in pikanter Weise fortsetzte, und wobei dieser selbst wie die vorgenannten Denker seinen persönlichen Ansichten zur Folie dienten. Seit 1837 trat er in Verbindung mit Ruge und den» Halleschen Jahrbüchern«, später» Deutschen Jahrbüchern«, wodurch sich sein Bruch nicht nur mit der Theologie, sondern auch mit der Hegelschen Philosophie vollzog, die er in Naturalismus umbildete, obgleich er Hegel noch in der Schrift»Über Philosophie und Christentum«(Ansb. 1839) gegen die» fanatischen Verketzerer aller Vernunfttätigkeit «in Schutz nahm. In der Schrift» Zur Kritik der Hegelschen Philosophie«(1839) erklärte er alle Spekulation, die über die Natur und den Menschen hinaus will, mit dürren Worten für» Eitelkeit«, den absoluten Geist für eine» Schöpfung des subjektiven Menschengeistes«; in der Rückkehr zur Natur fand er die einzige» Quelle des Heils«. In seinem Hauptwerk:»Das Wesen des Christentums«(Leipz. 1841, 4. Aufl. 1883; neu hrsg. von Bolin, Stuttg. 1903), zeigte sich der Zerfall mit der ganzen christlichen Philosophie. Der Satz, den auch Schleiermacher gelegentlich aufstellt, dass der angeblich nach Gottes Ebenbild geschaffene Mensch vielmehr umgekehrt das Göttliche nach seinem eignen Ebenbild schaffe, wird hier zum Ausgangspunkt der Naturgeschichte des Christentums. Die Theologie wird zur Anthropologie, die F. allmählich für die Universalphilosophie ansah. F. erklärt die Religion für einen Traum des Menschengeistes, Gott, Himmel, Seligkeit für durch die Macht der Phantasie realisierte Herzenswünsche; was der Mensch Gott nenne, sei das Wesen des Menschen ins Unendliche gesteigert und als selbständig gegenübergestellt; homo homini deus! Zur Ergänzung ließ er dem» Wesen des Christentums «die Schrift» Das Wesen der Religion«(Leipz. 1845), mehrere Aufsätze in den» Deutschen Jahrbüchern«, das Schriftchen» Das Wesen des Glaubens im Sinn Luthers«(Leipz. 1844, 2. Aufl. 1855) und die» Vorlesungen über das Wesen der Religion«(zuerst im Druck erschienen das. 1851, neue Ausg. 1892) folgen, die sämtlich» die Aufgabe der neuern Zeit, die Verwandlung und Auflösung der Theologie in die Anthropologie«, zu fördern bestimmt waren. Die» Vorlesungen «wurden ursprünglich im Winter 1848/49 zu Heidelberg infolge einer an F. von Seiten der dortigen Studentenschaft ergangenen Einladung gehalten und bezeichneten, wie das» tolle Jahr «selbst, einen Wendepunkt in Feuerbachs Leben. Er zog sich von nun an von dem öffentlichen Leben in philosophische Einsamkeit zurück und wandelte seinen anthropologischen Naturalismus in Materialismus um. Das Werk» Theogonie, oder von dem Ursprung der Götter nach den Quellen des klassischen, hebräischen und christlichen Altertums«(Leipz. 1857, 2. Aufl. 1866), das den Grundgedanken der Vorlesungen über das Wesen der Religion, dass die Götter» personifizierte Wünsche «seien, wiederholt, erregte nicht entfernt mehr das Aufsehen seiner literarischen Vorläufer. Der Materialismus hat bei ihm seinen stärksten Ausdruck erhalten in einer bekannten Rezension von Moleschotts» Lehre der Nahrungsmittel für das Volk«(1850) mit dem Worte:»Der Mensch ist, was er ißt«. Diese letzte Gestalt seiner Philosophie enthält Feuerbachs letztes Werk, dessen Titel und Resultat jenem seines ersten verwandt, dessen philosophischer Standpunkt aber das gerade Gegenteil jenes des ersten ist, die Schrift» Gottheit, Freiheit und Unsterblichkeit vom Standpunkt der Anthropologie«(Leipz. 1866, 2. Aufl. 1890). In seinen letzten Lebensjahren (1868 und 1869) schrieb er ethische Betrachtungen nieder, die unvollendet geblieben und erst aus seinem Nachlass herausgegeben worden sind. Feuerbachs äußere Verhältnisse hatten sich trübe gestaltet; 1860 verlor er durch unverschuldete Unglücksfälle seine liebgewordene Heimat auf dem Bruckberger Schloss sowie die bescheidene Rente, die bis dahin dem Philosophen ein beschränktes, aber unabhängiges Einkommen[498] gesichert hatte. Die Existenz auf dem Rechenberg bei Nürnberg (1860–72) wurde durch zahlreiche Beweise von Freundschaft, die ihm aus allen Ländern und aus allen Ständen (auch aus dem Bauernstand) zukamen, verschönert. Dass der als Materialist verrufene Philosoph des Humanismus als Mensch reiner Idealist, human im besten Sinne des Wortes war, dafür legen sein echt deutsches Familienleben, seine rührende Liebe zur Gattin und (einzigen) Tochter Eleonore und seine Wahrheits- und Menschenliebe atmende Korrespondenz Zeugnis ab. Feuerbachs sämtliche Werke sind (Leipz. 1846–66) in 10 Bänden erschienen, neu herausgegeben von Bolin u. Jodl (Bd. 1 u. 6, Stuttg. 1903). Besonders in den 1840er Jahren hat F. großen Einfluss ausgeübt; seine Anschauungen über Religion und ihren Ursprung sind auch jetzt noch von Bedeutung. Vgl. K. Grün, Ludwig F., in seinem Briefwechsel und Nachlass dargestellt (Leipz. 1874, 2 Bde.);»Briefwechsel zwischen L. F. und Christian Kapp, 1832 bis 1848«(das. 1876); Starcke, Ludwig F. (Stuttg. 1885); Engels, L. F. und der Ausgang der klassisch-deutschen Philosophie (das. 1888); Bolin, L. F., sein Wirken und seine Zeitgenossen (das. 1891).
Grundsätze der Philosophie der Zukunft
I
§ 1.
Die Aufgabe der neueren Zeit war die Verwirklichung und Vermenschlichung Gottes – die Verwandlung und Auflösung der Theologie in die Anthropologie.
§ 2.
Die religiöse oder praktische Weise dieser Vermenschlichung war der Protestantismus. Der Gott, welcher Mensch ist, der menschliche Gott also: Christus – dieser nur ist der Gott des Protestantismus. Der Protestantismus kümmert sich nicht mehr, wie der Katholizismus, darum, was Gott an sich selber ist, sondern nur darum, was er für den Menschen ist; er hat deshalb keine spekulative oder kontemplative Tendenz mehr, wie jener; er ist nicht mehr Theologie – er ist wesentlich nur Christologie, d.i. religiöse Anthropologie.
§ 3.
Der Protestantismus negierte jedoch den Gott an sich oder Gott als Gott – denn Gott an sich ist erst eigentlicher Gott – nur praktisch; theoretisch ließ er ihn bestehen; er ist, aber nur nicht für den Menschen, d.h. den religiösen Menschen – er ist ein jenseitiges Wesen, ein Wesen, das einst erst dort im Himmel ein Gegenstand für den Menschen wird. Aber was jenseits der Religion, das liegt diesseits der Philosophie, was kein Gegenstand für jene, das ist