Günter, der innere Schweinehund, lernt verhandeln. Stefan Fradrich

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Günter, der innere Schweinehund, lernt verhandeln - Stefan  Fradrich


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Günter. Garantiert ist dann nämlich nur eines: Der Kunde wird nicht glauben, dass er den niedrigst möglichen Preis kriegt! Warum solltest du auch gleich so tief eingestiegen sein? Also wird er trotzdem versuchen, den Preis zu drücken – und ganz schnell droht dir ein Verlust. Du bleibst nun entweder hart und musst schon wieder diskutieren, rechnen und verhandeln. Oder du spendierst dem Kunden zum gleichen Preis mehr Leistung, längere Zahlungsziele oder andere teure Späße. Autsch!

      Also: Wer weit oben in Verhandlungen einsteigt, dem fallen solche Zugaben bei Bedarf viel leichter. Mit dem Kunden kann er dann auch leichter aushandeln, dass er weniger bekommt, wenn er weniger bezahlt. Außerdem, Günter: Gerade du weißt doch ganz genau, dass es viel leichter ist, gemütlich die Treppe nach unten zu spazieren, als aus dem Keller hinaufzuklettern. Oder?

      11. Vom Geben und Nehmen

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      Der Gedanke ans Geld verstellt oft den Blick auf den wahren Wert der Ware.

      »Okay, und weiter geht es mit dem Handel«, drängt Günter. »Der eine gibt jetzt das Geld, der andere die Ware. So einfach ist es im Geschäftsleben.« Ja, das scheint seit Jahrhunderten genau so abzulaufen. Obwohl: Manchmal lässt auch heute noch der gute alte Tauschhandel grüßen – zum Beispiel auf dem Schulhof beim Aufklebertauschen, erinnerst du dich? Die einen stehen auf Fußballspieler, die anderen auf Tiersticker. Etwas kompliziert dabei ist nur, den aktuellen Marktwert der Sticker zu kennen: Wie viele Giraffen kann man für das seltene Löwenbaby verlangen? Wie viele Stürmer für den seltenen Ersatztorhüter der Nationalmannschaft? Dafür musst du auf Zack sein, immer am Ball bleiben, immer verhandeln, immer wissen, was gefragt ist. Anstrengend …

      Andererseits: Was ist da eigentlich dabei? Man könnte das alles auch als Spaß betrachten statt als anstrengende Arbeit. Stell dir vor, da hat einer genau das rote Cabrio in der Garage stehen, das du dir seit Jahren wünschst. Und der wäre bereit, es gegen deine Comicsammlung zu tauschen, die er sich seit Jahren wünscht. Das Dumme dabei ist, dass ihr beide euch Gedanken übers Geld macht! Was ist wie viel wert? Dabei könntet ihr auch einfach mal darüber reden, was ihr euch gegenseitig zu geben habt! Mehr Ware als Geld. Ein bisschen wie in der Steinzeit, äh, Schulzeit.

      12. Wirklich zu teuer? Quatsch!

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      Nichts ist zu teuer, wenn du den Preis begründen kannst.

      Aber eigentlich ist ja auch klar, warum so viele Schweinehunde wie hypnotisiert auf den Preis starren. Schließlich haben wir das alle schon mal erlebt: Heute gekauft, morgen billiger woanders gesehen. Also gehen wir lieber auf Nummer sicher und behaupten immer erst einmal: »Zu teuer!« Man kann ja nie wissen. Und ehrlich gesagt: Oft will man es auch gar nicht wissen, denn Vergleiche sind mühsam. »Was ich nicht weiß, hat keinen Preis«, witzelt Günter.

      Die Lösung lautet: Du musst Preise immer erklären können! Nicht aus der Defensive heraus, sondern offensiv mit Überzeugung. Du weißt, was das, was du verkaufst, wirklich wert ist. Du vermittelst, was an Gehirnschmalz und Arbeit drinsteckt. Du bist im Bilde, worin deine Firma, deine Produkte der Konkurrenz überlegen sind. Du zeigst, welche erstklassigen Rohstoffe und cleveren Anwendungen darin enthalten sind. Du bist damit vertraut, wann und in welchem Umfang sich die Investition des Käufers für ihn rechnet. Und warum er an diesem Kauf viel mehr und viel länger Freude haben wird als an billigeren Alternativen. Na, hast du das drauf? Bringst du das glaubwürdig rüber? Ist dein Wissen wertvoll für deinen Käufer? Also mach zuerst dich fit und dann deinen Gesprächspartner. Damit drei ganz besondere Silben ihre Kraft entfalten: »Das lohnt sich!«

      13. Lieber den Chef mitnehmen?

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      Übernimm beim Verhandeln selbst Verantwortung! Dein Chef macht dich nur überflüssig.

      »Das ist mir viel zu blöd, immer so viel nachzudenken«, findet Günter. »Außerdem muss man sich ja nicht aufdrängen.« Aber nein, nicht mal dem einen, der immer wieder nach deinem »Vorgesetzten« verlangt. »Kann er haben«, denkt Günter da. »Beim nächsten Besuch nimmt man einfach seinen Chef mit! Soll der sich doch das ganze Gequatsche antun. Und den Ärger kassieren. Und die Fragen nach Rabatten, Rabatten, Rabatten beantworten. Soll er doch. Und du sitzt dabei und machst dir einen schönen Nachmittag. Na, wie klingt das?«, lockt Günter.

      Zugegeben, das klingt perfekt. Zuschauen, wie andere arbeiten. Aber: Was passiert, wenn sich Mr. King Kunde auf einmal prächtig mit Mr. Supercool Chef versteht? Dann bist du raus aus dem Rennen. Ein für alle Mal vielleicht. Ach was: Es reicht ja schon, wenn dein alter Gesprächspartner merkt, dass du eigentlich nichts zu sagen hast! Dass die Entscheidungen ein anderer trifft! Die Provision kannst du dir dann abschminken. Wahrscheinlich spricht sich die Sache auch noch schnell rum. Also nein, keine gute Idee. »Schon kapiert«, sagt Günter. »Wir sind der Chef. Keine Entscheidung ohne uns. Und das muss jedem klar sein.« Genau, vor allem dir selbst!

      14. Verschenken ist Unsinn

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      Verkaufen dauert eine Stunde, Verschenken nur eine Minute.

      Also noch einmal zu den Rabatten: Vielleicht denkt Günter ja immer noch »Rabatte in Ehren kann niemand verwehren« oder »Ein paar Prozentchen hier, ein paar Prozentchen da, und schon ist der Kunde dein Freund«? Günter strahlt: »Genau! Es ist doch so schön, Freunde zu haben!« Oh, Günter … »Auch du selbst kaufst am besten immer dort, wo du den größten Nachlass bekommst! Also gibst du selbst auch Rabatt und wirst mit ganz vielen Menschen gut Freund.« Klar, Schweinehund: Am besten, wir verschenken das Zeug gleich! Dann sind alle Menschen unsere Freunde und das Paradies auf Erden ist nah. »Oh ja!«, freut sich Günter. »Dann ist auch die Arbeit ratzfatz erledigt!«

      Doch stopp! Wenn du so schnell fertig bist, kannst du sicher auch deiner Firma einen kleinen Rabatt auf dein Gehalt geben, nicht wahr? Und wenn doch Verkaufen eine Stunde dauert und Verschenken nur eine Minute, macht das gerade mal ein Sechzigstel Aufwand. Also könntest du deiner Firma dann einen Rabatt von 98,333 Prozent auf dein Gehalt geben! Dann sind die sicher ganz toll Freund mit dir. »Kommt nicht in die Tüte«, knurrt Günter. »Ich bin ein wertvoller Spezialist.« Und wie halten wir es dann mit genauso wertvollen Produkten? »Schon kapiert. Keine Rabatte. Wir sind unser Geld wert.« Genau. So einfach ist das.

      15. Ja-Sprungbretter und andere Geschenke

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      Sag »und« statt »aber«! Und schenk deinem Kunden Aufmerksamkeit und Bestätigung!

      »Alles klar«, stellt Günter fest. »Der Kunde kriegt nichts von uns geschenkt.« Moment, nicht ganz. Geschenke müssen nicht immer nur finanzieller Natur sein. Oft haben Kundenschweinehunde noch ganz andere Bedürfnisse: Zum Beispiel wollen sie sich beachtet fühlen oder ernst genommen oder gut bewirtet oder sonst irgendwie gebauchpinselt. Hierbei heißt deine Währung dann Aufmerksamkeit – und kann viel mehr wert sein als Geld! So will dein Kunde vielleicht einfach nur mal hören, dass er recht hat, weil ihm das sonst kaum jemand sagt. Warum also nicht einfach »Ja, du hast recht!« sagen, wenn er dich um deine Meinung bittet? Zustimmung kann die wertvollste Motivation sein.

      Leider nur folgt diesem »Ja« oft mechanisch ein »Aber«. Gerade bei Günter, wenn er sich nicht gern auf Zugeständnisse einlässt, hört sich das schon fast an wie ein Wort: »Jaaber«. Dabei besteht die wahre Kunst nur darin, »aber« in »und« zu verwandeln. So, als hättest du keine Gegenposition, sondern würdest dich zusammen mit dem Kunden vom »Ja«-Sprungbrett aus auf eine höhere Ebene trauter Gemeinsamkeit katapultieren. Und dann sagst du das Gleiche, was nach dem »Aber« gekommen wäre: »Ja, da hast du recht! Und ich finde, dass man das auch so und so sehen kann …« Vielleicht ja ganz anders?


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