Günter, der innere Schweinehund, lernt verhandeln. Stefan Fradrich

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Günter, der innere Schweinehund, lernt verhandeln - Stefan  Fradrich


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      Schließ Geschäfte unbedingt in der Gewinnzone ab, nie in der Verlustzone!

      »Ja, und was ist, wenn einen der Kunde in die Defensive drängt?«, kontert Günter bravourös. »Dann macht man am besten schnell seinen Abschluss und verzieht sich leise …« Nicht ganz, Günter! Erstens hast du den Kunden viel besser im Griff, wenn du ihm Aufmerksamkeit und Bestätigung schenkst, denn innere Schweinehunde haben gelernt, dass man sich für Geschenke brav revanchiert – mit Aufmerksamkeit und Bestätigung deiner (Preis-) Bedürfnisse. Und zweitens musst du trotzdem schon wissen, wo deine Preisuntergrenze liegt – und diese natürlich verteidigen: »Nein, bis hierher und nicht weiter!«

      Wenn du übrigens in die Nähe deiner Preisgrenze kommst, darfst du das auch schweinehundegerecht kommunizieren: mit Erstaunen, Entsetzen, Enttäuschung oder Empörung – über einen so unfairen Gesprächspartner. Wetten, dass der sich gleich wieder an die Revancheregel erinnert und höflich wird? Nur eines darfst du dann nicht tun: weiter zurückrücken und die Grenze vom Geschäft zum Verlust überschreiten. Aktienbesitzer nennen den Punkt, bei dem sie »Bis hierher und nicht weiter!« sagen, übrigens die »Stop-Loss-Linie«. Verkauft werden muss vorher.

      17. Drei Gretchenfragen

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       Die drei Gretchenfragen:

      • Wird der Kunde entscheiden?

      • Worüber wird er verhandeln wollen?

      • Und will er haben, was vorgeschlagen ist?

      »Oh Mann, das nervt!«, motzt Günter. »Ich will doch nur verkaufen und nicht Psychologie studieren!« Klar: Mit dieser Einstellung sind für Günter die meisten Kunden ein Buch mit sieben Siegeln. Ein ewiges Rätsel. Ein großes Fragezeichen. Und weil er so jedes Mal wieder von vorne anfangen muss, um aus seinen Gesprächspartnern schlau zu werden, versucht er es erst gar nicht. »Man muss die Kunden eben so nehmen, wie sie kommen, sich nicht zu viel dabei denken und zusehen, dass alles trotzdem irgendwie hinhaut«, findet er. Auf einen Spruch zu diesem Thema ist Günter besonders stolz: »Kunden sind wie der Inhalt einer Frauenhandtasche: chaotisch organisiert, vom Zufall bestimmt und das Wichtigste immer zuunterst.« Oh, Günter …

      Statt Witze zu reißen, könnte Günter auch schlau vorgehen und nach Prinzipien suchen, die trotz aller Einzelschicksale die Kundenwelt zusammenhalten. Und so käme er darauf, dass er sich mit drei schlichten Fragen für alle Gespräche wappnen kann. Erstens: Wird der Kunde selbst entscheiden und kein anderer? Zweitens: Worüber wird er verhandeln wollen? Drittens: Will er genau das haben, was vorgeschlagen ist? Die Zahl der möglichen Antworten ist begrenzt. Und auf jede Antwortmöglichkeit kann man sich vorbereiten und aus Fragezeichen werden Punkte. Kunden ein Rätsel? Ja, wo denn?

      18. Wiederbelebung am toten Punkt: Vom Jetzt zum Später

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      Toter Punkt? Macht nichts: Einfach abwarten und Tee trinken!

      Selbst wenn eine Verhandlung mal am toten Punkt angekommen ist, hilft ein wenig Psychologie! Vielleicht kennst du das ja: Alle Argumente sind ausgetauscht, alle Vorschläge besprochen, keiner kann sich mehr bewegen – oder will vielleicht auch nicht. Der tote Punkt eben. Für den psychologisch ungeschulten Günter ein ideales Ausstiegsszenario: »Na, dann eben nicht!« Und weg ist das Geschäft …

      Unnötig! Denn nur ein kleines Wort kann der ganzen Situation eine völlig neue psychologische Perspektive geben: »Später!« Also: Dann eben nicht jetzt, sondern später. Einfach mal das Problem im Hinterkopf abspeichern oder als »noch ungelöst« notieren. Locker bleiben, das Thema einfach mal fallen und das Gespräch in eine andere Richtung gehen lassen. Vielleicht ist ja Zeit für einen Kaffee? Für ein paar Minuten frische Luft? Oft ergibt sich aus einem solchen Umweg ein neuer Kurs zum Ziel. Auch wenn es dann vielleicht etwas länger dauert. Wer weiß schon, welche neuen Gedanken in einer Stunde da sind? Oder in einer Woche? Oder gar erst in einem Jahr, wenn sich der Markt weiterentwickelt hat? Cool down: Jetzt muss gar nichts gehen. Aber warum nicht später?

      19. Erpressbarkeit vermeiden

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      Nur keine Erpressbarkeit: Du musst immer sofort erklären können, welchen Nutzen du bringst!

      »Ich war jung und brauchte das Geld.« Na, in wie vielen Karrieren hat dieser Satz schon herhalten müssen, um Ausrutscher zu kaschieren? Zwar kennen wir ihn vor allem aus dem Showgeschäft, aber im Verkauf ist er genauso zu Hause: »Ich bin neu im Markt und brauche den Auftrag« oder »Einmal Nachlass ist keinmal« oder »Wenn ich diesen Auftrag nicht kriege, sieht es düster aus«. Und schon lassen wir uns auf windige Kompromisse, Notlösungen und wieder einmal Rabatte ein. Doch wenn sich Kunden etwas merken und daran kleben bleiben, dann sind es die Nachlassprozente, auf die du dich einmal festgelegt hast. Wie beim Klebstoff: Den kriegst du auch nicht in die Tube zurück. Dabei ist es für Nachlässe später noch früh genug!

      Schade, denn wer einmal statt des kleinen Fingers nicht nur die ganze Hand abgibt, sondern vielleicht sogar den kompletten Arm, macht sich zukünftig erpressbar. »Mit dem kann man alles machen« heißt es dann oder »Wenn du mir keinen billigeren Preis gibst, kaufe ich woanders«. Und tatsächlich, mit dir kann man es machen! Es sei denn, du hast ganz fix alle Argumente parat: Worin bist du besser als andere? Erstklassiger Service? Hohe Produktivität? Besondere Aktualität? Gute Qualität? So kannst du den Preis vergessen! Erpressbarkeit? Nein!

      20. Motive haben viele Gesichter

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      Hinter jeder Verhandlung stecken Motive. Frage dich, welche?

      Neben dem Preis findet Günter oft auch ein hohes Verhandlungstempo wichtig: »Je schneller der Deal im Sack ist, umso besser.« Aber das muss nicht unbedingt auf deine Verhandlungspartner zutreffen. Manchen können Verhandlungen gar nicht lange genug dauern! Möglicherweise, weil das ihren Job sichert? Oder weil sie Spaß am Kämpfen haben und es ihnen um Sieg und Anerkennung geht? Oder weil sie unbedingt von dir hören wollen: »Nur für Sie mache ich das möglich«? Manchmal steckt hinter einer vermeintlichen Hinhaltetaktik auch nur Unerfahrenheit oder Zweifel. Du merkst schon: Hinter jeder Verhandlung stehen Motive, die du kennen solltest.

      »Motive?«, wundert sich Günter. Klar: Denn letztlich sind es nur die Motive, die uns dazu bewegen, etwas zu tun oder zu lassen. Also, verhandle nie nur den Preis und die Leistung, sondern vor allem immer die begleitenden Motive! Hör genau zu und mach dir ein Bild von deinem Verhandlungspartner, von seinen Wünschen, Zielen und Gefühlen! Sammle Informationen über seine Welt, über die Kräfte, die auf ihn wirken. Auch Firmen oder Abteilungen haben Motive. Frage dich, welche! Und dann hilf dabei, die Motive zu bedienen. Denn das schafft Motivation – und Bewegung. Beweg dich auf deinen Kunden zu! Und er wird sich auf dich zubewegen.

      21. Was ist ein »guter« Preis?

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      Ein guter Preis hängt von mehr ab als allein vom Zahlenwert: Welche Erwartungen hat dein Kunde noch? Was bietest du ihm alles an?

      Apropos Motive: Dass Kunden nichts gegen einen guten Preis haben, dürfte klar sein. Aber wenn wir uns fragen, welche Motive dahinterstecken, müssen wir auch fragen, was einen guten Preis ausmacht. Dein Kunde versteht darunter nämlich viel mehr als nur den Wunsch, wenig Geld auszugeben. (Und falls es ihm doch allein um den Preis geht, erinnerst du ihn einfach daran, was er sich darüber hinaus noch alles wünscht!)

      Also, welche weiteren Bedürfnisse, Ziele und Wünsche schwingen


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