Mami Staffel 3 – Familienroman. Gisela Reutling

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Mami Staffel 3 – Familienroman - Gisela Reutling


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      »Quatsch! Klaudia doch nicht! Reich und vornehm war sie immer, aber wenn es um tiefe Gefühle ging, empfand sie so wie jeder andere Mensch.«

      Ralf räusperte sich verärgert. Es klang in Kais Ohren wie eine ernste Mahnung, und so war es auch gemeint. Hatte er denn vollkommen vergessen, daß Klaudia ihn zugunsten Reinhards von Redwitz verlassen hatte?

      »Ich denke, du brauchst Ruhe und Zeit, um dir über deine verworrenen Gefühle für Klaudia Klarheit zu schaffen«, sagte der ältere Freund. »Wir werden aufbrechen und weiter nach Eckernförde zu meinen Eltern fahren. Es dunkelt ja schon.« Er sah Kai besorgt an. »Rena und ich sind übrigens nicht zu dir gekommen, um dir Kummer zu bereiten.«

      »Es fällt mir doch nur schwer, Renas halbgares Gefasel über Klaudia anzuhören, Ralf.«

      »Rena faselt nicht. Ich verbitte mir das, Kai. Und übrigens, wenn ich dich in den letzten Jahren sah, habe ich immer vermieden, mit dir über Klaudia zu sprechen. Auch du hast kein Wort über sie verloren und vorhin noch behauptet, sie habe nichts mehr mit deinem Leben zu tun. Wahrscheinlich irrst du dich. Aber das ist kein Grund, Rena anzugreifen.«

      Kai ließ den Balken los. Es sah aus, als fiele er in sich zusammen.

      »Ich hab’s nicht so gemeint.«

      »Es hat sich aber so angehört«, konterte Rena spitz, packte Ralf am Arm und machte Anstalten, ihren Mantel vom Garderobenständer im Flur zu holen. Bevor sie den Raum verließ, sah sie ihren Verlobten vieldeutig an.

      Ralf verstand. »Ich kenne und schätze dich seit Jahren, Kai«, begann er noch einmal. »Ich habe Klaudia damals kennengelernt und gewußt, wie sehr du unter der Trennung von ihr gelitten hast. Das ist jetzt sieben lange Jahre her, darum hoffte ich, du würdest einer Begegnung mit ihr gelassen entgegensehen. Tut mir leid, daß unser Besuch so enden muß.« Er stand auf, und Rena kam mit seinem Anorak zurück. »Wenn du also nicht unser Trauzeuge sein willst, verstehe ich dich. Wir werden auch ohne dich ein Ehepaar. Ich liebe Rena bedingungslos. Ich habe ihretwegen meine Arbeit in der Hilfsorganisation aufgegeben, wie du es damals für Klaudia vorhattest. Darum hoffte ich auf deinen Freundschaftsdienst.«

      »Zu meinem Bedauern werde ich euch diesen Wunsch nicht erfüllen.« Kai sprach es kühl aus. Er war beleidigt.

      »Schön blöd«, feixte Rena, die ihre Fassung wiedererlangt hatte. »Und das alles wegen Klaudia von Redwitz. Hoffentlich erfährt sie es nie, sonst bildet sie sich noch was drauf ein. Komm, Ralf.«

      Rena war nicht der Typ, der lange fackelte. Sie ließ sich von Kai Hoffmann doch nicht ihre Vorfreude auf die Hochzeit verderben! Sogar einen tollen Tee hatte sie ihm zubereitet und seine Erbsensuppe gelobt! Sie zog den zunächst widerstrebenden Ralf auf den Flur, drückte ihm seinen Anorak in den Arm und öffnete schon die Haustür.

      Draußen wirbelte ein Frühlingssturm Schneeflocken an der Tür vorbei. Sie krauste die Nase. Auch das noch!

      »Sie schmelzen, mein Schatz. Keine Angst, der Frühling kommt. In vier Wochen auf unserer Hochzeit blüht alles«, meinte Ralf liebevoll und führte sie zu seinem Wagen.

      »Hierher kommt er nicht«, widersprach sie bitter. »Soll dein Freund Kai doch im Eis sitzen bleiben! Ich finde ihn schrecklich. Ja!«

      Im Auto schlug sie den Kragen ihres Mantels hoch. Ralf steckte den Schlüssel umständlich in den Anlasser. Etwas hinderte ihn daran, sich im Streit von Kai zu trennen. Wie sollte er Rena erklären, was für ein feiner Kerl Kai Hoffmann war, solange man nicht von Klaudia sprach?

      »Ralf!« Neben seinem Fenster tauchte Kais Gesicht auf. Er rüttelte am Türgriff, bis Ralf das Fenster herunterkurbelte.

      »Bis irgendwann. In einigen Jahren oder noch später«, sagte er beherrscht zum Abschied, aber es klang spröde, als zwinge er sich dazu.

      »Später? Was heißt das? Wann heiratet ihr denn?« schrie Kai.

      Rena stöhnte vernehmlich auf.

      »Heute in vier Wochen genau. Am sechzehnten April. St. Elisabeth in Hamburg-Wandsbek. Zwölf Uhr.« Ralf unterdrückte ein triumphierendes Schmunzeln.

      »Und standesamtlich?«

      »Einen Tag vorher. Um zehn Uhr vormittags.«

      »Gut, ich werde da sein. Brauch ich einen Smoking?«

      Rena bekam kleine Augen vor Zorn. Sie starrte ihn damit an und preßte die Lippen aufeinander. Von ihr bekam Kai keine Antwort.

      »Für das Hochzeitsfest, ja. Kannst du dir einen leisten?« grinste Ralf versöhnt.

      »Ich habe noch einen, der ist zehn Jahre alt.«

      »So, so. Der stammte noch aus deiner Zeit mit Klaudia, wie?« Ralf lachte jetzt leise. »Vergiß nicht, sie wird auch da sein. Ob ihr dein alter Smoking gefällt?«

      Kai richtete sich auf. Der schmelzende Schnee hinterließ Tropfen auf seinem Gesicht. Es sah aus, als weine er. Rena empfand es so, vergaß ihren Zorn und blickte ihn mitleidig an. Das entging ihm nicht.

      »Wie auch immer. Es ist mir gleichgültig!« verkündete er trotzig. »Ihr könnt mit mir rechnen. Kommt gut nach Hause. Fahr vorsichtig, Ralf.«

      Ralf kurbelte mit unterdrücktem Stöhnen das Fenster wieder hoch und fuhr los. Kaum hatten sie das Dorf hinter sich gelassen, strampelte Rena wie ein kleines Kind mit den Beinen.

      »Warum gesteht er uns nicht ein, daß er sie nie vergessen hat? Aber nein, er tut so, als wären wir herzlose Unmenschen. Gib endlich zu, daß dein Freund ein ausgewachsener Lümmel ist!«

      »Kann sein, mein Schatz. Aber er ist auch ein Mann. Und er hat heute begriffen, wieviel er sich in den letzten Jahren vorgemacht hat. Zugeben kann er das nicht. Aber er liebt Klaudia immer noch. So ist er eben!«

      *

      Der Frühling zog ins Land und wie jedes Jahr viel später als erwartet. Ostern ging vorbei, dann folgten für Sandro sechs arbeitsreiche Wochen in der Schule, aber schließlich stand alles in saftigem Grün und dazu noch Pfingsten vor der Tür.

      »Uff!« knurrte Sandro und preßte mit beiden Händen seine Reisetasche zusammen, so daß er nun keine mehr freihatte, um den Reißverschluß zuzuziehen. Er fluchte leise, versuchte es noch einmal und gab es dann frustriert auf. »Tante Bea! Tante Beaaa!«

      Er hörte sie die Treppe hocheilen, riß die Tür auf und deutete auf die Tasche am Boden. »Bitte, hilf mir. Ich krieg die nicht zu. Und Klaudia kommt doch gleich, um mich abzuholen.«

      Mit versteinertem Gesicht entschied Beate, wie sie ihm helfen konnte. Sie versuchten es gemeinsam, und »Ritsch!« war die Tasche zu.

      »Was hast du denn nur alles da reingestopft?« wollte sie wissen.

      »Vier T-Shirts, Gummistiefel, zwei Jeans, zwei Shorts und einen dicken Pullover. Die Jacke muß ich so nehmen.«

      »Das ist ja auch viel zu viel für einen halben und einen ganzen Tag.«

      »Aber ich bleib doch eine Woche bei Klaudia. Es ist Pfingsten, wir verreisen. Und sie mag nicht, wenn ich gammelig herumrenn.«

      Er war lang aufgeschossen und viel dünner geworden. Sein Gesicht ließ erste markante Züge erkennen, die sehr an die seines Vaters erinnerten. Alles das stellte Beate in Sekundenschnelle fest, und ihr Herz klopfte dabei so heftig, daß es schmerzte.

      »Eine Woche?« wiederholte sie entgeistert. »Wer hat denn von einer Woche gesprochen? Das ist das monatliche Wochenende, das du bei Klaudia verbringen darfst. Und es endet morgen, am Sonntagabend!«

      »Ich hab Ferien! Ostern waren du und ich zum Skilaufen. Jetzt bleib ich eine Woche bei Klaudia. Das ist gerecht.«

      Sandro ließ sich längst nicht mehr alles von seiner Tante gefallen. Immer häufiger lehnte er sich gegen sie auf. Obwohl sie ihm kaum Veranlassung dazu gab, tat er nichts lieber, als sie auf achtzig zu bringen.

      »Das erlaube ich dir nicht, Sandro.«

      Er sah


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