Die einsame Frau des Herzogs. Barbara Cartland

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Die einsame Frau des Herzogs - Barbara Cartland


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      „Vermutlich hat er an einen Burschen für die Küche oder den Stall gedacht...“

      „So lauten meine Instruktionen nicht“, fiel er ihr ins Wort. „Es geht um ein Mädchen, das allerdings das sechzehnte Lebensjahr überschritten haben muß.“

      „Soll das ein Scherz sein?“ rief Mrs. Barrowfield. „Sie wissen doch so gut wie ich, daß wir niemanden behalten, der älter als zwölf Jahre ist. Wenn möglich, schicken wir sie sogar schon früher ins Leben hinaus.“ Sie machte eine Pause, bevor sie weitersprach: „Vor allem die Mädchen sind für ihre guten Manieren bekannt. Sie benehmen sich älteren und hochgestellten Personen gegenüber sehr respektvoll, was man von dem jungen Volk heutzutage nicht mehr behaupten kann.“

      „Da haben Sie leider nur zu recht“, stimmte Mr. Falkirk zu. „Seine Gnaden glaubte, in Ihrem Falle sicher sein zu können, daß Sie die richtige Wahl treffen.“

      „Ich habe von Herzogin Harriet immer nur gehört, daß in Schottland kein Mangel an Personalnachwuchs besteht. Als ihr Haus in London noch auf war, nahm sie einmal zwei meiner Mädchen mit.“ Sie lächelte befriedigt. „Eine davon hat mich ein paar Jahre später besucht. Sie war inzwischen mit einem Diener verheiratet. Ein hübsches Ding, dem ich von jeher zugetraut hatte, einen Mann zu finden, der die unglücklichen Umstände ihrer Geburt übersehen würde.“

      „Haben Sie tatsächlich niemanden in dem gewünschten Alter?“ Mr. Falkirk kam zum Thema zurück.

      „Niemand“, war die Antwort. „Alle Kinder sind noch klein, und der Himmel weiß, wie schwer es ist, sie sauber zu halten. Was ich anfangen sollte, wenn ich Tara nicht hätte, ist mir unerfindlich.“

      „Ist das das Mädchen, das mich eingelassen hat?“

      „Das ist Tara. Sie sorgt für die ganz Kleinen, wenn sie sie auch schrecklich verwöhnt, wie ich meine.“ Die Heimleiterin lachte. „Unter meiner Vorgängerin ging es hier anders zu. Sie war der Überzeugung, daß man Kinder nur durch Schläge ruhig halten könnte, und ich denke oft, daß ihre Methode wirkungsvoller war als meine. Ich bin zu nachgiebig, das ist meine Schwäche.“

      „Daß Sie den unglücklichen Kindern gegenüber Milde walten lassen, gereicht Ihnen zur Ehre, aber wir sprachen gerade über Tara“, sagte Mr. Falkirk.

      „Ich wollte nur sagen, daß sie...“, begann Mrs. Barrowfield, als sie auch schon abrupt verstummte. „Oh nein, Sie schlagen doch nicht etwa vor... Sie meinen doch nicht...“ Klirrend stellte sie ihr Glas auf den Tisch. „Nein, Mr. Falkirk, Tara dürfen Sie mir nicht wegnehmen. Sie ist die Einzige hier, auf die ich mich verlassen kann. Wen habe ich denn sonst außer ein paar altersschwachen Frauen, die sonst nirgends Arbeit finden und mehr Schwierigkeiten machen, als sie wert sind. Nehmen Sie jedes der Kinder, die ganze Bande, wenn Sie wollen, aber nicht Tara.“

      „Wie alt ist sie?“ fragte Mr. Falkirk.

      „Beinahe achtzehn. Man schrieb das Jahr 1804, als sie herkam. Ich kann mich noch gut daran erinnern, weil in diesem furchtbaren Winter die Preise für Nahrungsmittel und Kohlen ins Uferlose stiegen.“

      „Wenn Tara das einzige Mädchen im entsprechenden Alter ist, bleibt mir zu meinem Leidwesen nichts anderes übrig, als sie mit nach Schottland zu nehmen.“

      „Nur über meine Leiche“, fuhr Mrs. Barrowfield hoch. „Ich lehne es ab, mich allein mit neununddreißig schreienden und ungebärdigen Kindern herum zu ärgern, von denen die meisten noch nicht selbst auf sich achtgeben können.“

      Als sie Atem holte, lief ihr Gesicht so rot an, daß der Schotte befürchtete, sie könnte jeden Augenblick einen Schlaganfall bekommen.

      „Wenn Tara geht, gehe ich auch“, versicherte sie.

      Ihre Beine schienen sie nicht länger zu tragen, sie sank in einen Sessel und wedelte sich mit einem Zeitungsblatt, das auf dem Tisch gelegen hatte, Luft zu.

      „Ich bedaure, Ihnen Unannehmlichkeiten bereiten zu müssen, aber gegen den Wunsch Seiner Gnaden gibt es keinen Widerspruch.“

      „Es ist nicht fair.“ Mrs. Barrowfield war den Tränen verdächtig nahe. „Da schuftet man und müht sich ab, ohne daß eine Menschenseele sich einen Deut um das eigene Wohlbefinden schert. Seine Gnaden kann sich in Schottland unzählige junge Mädchen beschaffen. Warum muß er mir die Einzige nehmen, die mir in diesem Waisenhaus, das dem Andenken seiner toten Großmutter geweiht ist, hilfreich zur Seite steht?“

      Da ihre Stimme zu brechen drohte, füllte Mr. Falkirk hastig ein Glas mit Portwein und reichte es ihr.

      „Eine kleine Entschädigung kann ich Ihnen versprechen“, beruhigte er sie. „Ich lasse Ihnen genügend Geld hier, daß Sie bessere Hilfskräfte engagieren können als Sie im Augenblick haben. Und sobald ich wieder in Schottland bin, werde ich dafür sorgen, daß der Herzog ihnen größere Zuwendungen bewilligt, um den Betrieb des Waisenhauses aufrechtzuerhalten.“

      Obwohl seine Worte bis zu einem gewissen Grade ihren Zweck erfüllt hatten, starrte sie immer noch unglücklich ins Feuer.

      „Vielleicht könnten Sie mir alles über das Mädchen erzählen, was Sie wissen“, schlug Mr. Falkirk vor. „Hat sie auch einen Familiennamen?“

      „Einen Familiennamen?“ wiederholte Mrs. Barrowfield. „Ist Ihnen entfallen, daß man dieses Haus das Heim der Namenlosen nennt? Natürlich hat sie keinen, genausowenig wie die anderen armseligen Geschöpfe, die man uns Woche für Woche auf die Schwelle legt.“ Sie schnaubte verächtlich, bevor sie weitersprach: „ ,Ich habe da wieder einen kleinen Bastard für Sie’, sagte Dr. Harland erst vor ein paar Tagen zu mir. ,Den können Sie behalten’, habe ich erwidert. ,Bei uns ist nicht einmal ein Winkel frei, der groß genug ist, um eine Maus zu beherbergen, geschweige denn ein Kind.’ ,Aber, aber, Mrs. Barrowfield’, wollte er mich beschwichtigen, ,Sie sind als herzensgute Frau bekannt und wollen doch sicher nicht, daß der kleine Wurm im Fluß endet.’ ,Wo es landet, kümmert mich nicht, solange es nicht bei uns ist’, entgegnete ich, ,und nichts, was Sie sagen, bringt mich dazu, meine Meinung zu ändern.’“

      „Hat er es wieder mitgenommen?“ fragte Mr. Falkirk.

      „Nein“, erwiderte sie resigniert, „das hat Tara nicht zugelassen. Sie war der Meinung, daß das Baby das Bett mit einem anderen teilen könnte. Sie hat es dann auch so eingerichtet. ,Du bist eine Närrin, dir freiwillig zusätzliche Arbeit aufzuhalsen’, habe ich sie gescholten.“

      „Ihr machte das wohl nichts aus?“

      „Mir schon, weil ich einen weiteren Mund stopfen mußte. Und das ohne einen Penny Extrageld.“

      Mr. Falkirk holte aus der Innentasche seines eleganten Reisemantels eine Brieftasche und entnahm ihr ein paar Banknoten, die er vor Mrs. Barrowfield auf den Tisch legte.

      „Hier haben Sie zwanzig Pfund, die nur so lange reichen müssen, bis ich von Schottland aus Vorkehrungen für eine bessere Versorgung des Waisenhauses getroffen habe.“

      Das gierige Funkeln in den Augen der Frau ließ bei dem Mann starke Zweifel aufkommen, ob das Geld auch für die Kinder und nicht hauptsächlich für Getränke verwandt wurde. Im Augenblick konnte er jedenfalls nichts anderes tun als zu versuchen, die aus der Fassung geratene Frau versöhnlich zu stimmen.

      „Ehe Sie Tara rufen lassen, sollten Sie mir erzählen, was Sie über sie wissen“, sagte er.

      „Dann wollen Sie das Mädchen also wirklich mitnehmen?“

      „Bedauerlicherweise bleibt mir keine andere Wahl, falls Sie sonst kein Mädchen im passenden Alter wissen.“

      Sie tat das mit einer hilflosen Handbewegung ab.

      „Was möchten Sie wissen?“ fragte sie mürrisch.

      „Zum Beispiel den genauen Termin von Taras Ankunft. Sie führen doch sicher Buch über Ein- und Abgänge.“

      Ihrem flackernden Blick entnahm er, daß dieses Buch, falls es überhaupt geführt wurde, sicher nicht auf dem Laufenden war, daß er


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