Leni Behrendt 6 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt 6 – Liebesroman - Leni Behrendt


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des Mannes.

      »Guter Stephan«, sagte sie leise. »Ich danke Ihnen.«

      Und siehe da, der sonst so unbestechliche Alte küßte ehrerbietig die weiche Mädchenhand, was die andern über die Maßen erstaunte. Doch sie ließen sich nichts merken, legten die Pelze ab und gingen ins Speisezimmer.

      *

      »Endlich allein –«, ließ Adele sich erschöpft in einen Sessel des Gastzimmers sinken. »Was wir da heute gehört haben, das kann einem die Knie schon weich machen. Und sich dann dauernd so beherrschen müssen – na, schön ist anders.

      Ja, was hast du denn, Mädchen?« sah sie erstaunt zu Almut hin, die auf dem Bettrand saß und bitterlich schluchzte.

      »Möpschen, es war heute zu viel für mich – jetzt kann ich nicht mehr –«

      »Was kannst du nicht?« eilte Adele erschrocken zu ihr hin.

      »Aushalten. Es ist zu spät, Möpschen – es – ist – zu – spät –«

      »Kind, sprichst du im Fieber? Wie sehen überhaupt deine Augen aus?«

      »Er ist doch verheiratet.«

      »Wer denn?«

      »Graf Marbod.«

      »Das wissen wir doch längst, du Schäfchen. Und seit heute sogar, daß seine Ehe unmöglich glücklich sein kann.«

      »Eben, Möpschen. Und ich – ich – liebe ihn – doch so – sehr–«

      »Almut!« rief Adele zu Tode erschrocken. »Du unglückseliges Kind!«

      »Unglückselig – das ist der richtige Ausdruck«, kam es so unendlich bitter von den zuckenden Mädchenlippen, daß Adele nun auch die Tränen in die Augen schossen. Fest zog sie das ratlose junge Menschenkind an ihr Herz, legte das Köpfchen gegen ihre Schulter und streichelte über die schimmernden Locken …

      »Schon lange, mein Liebstes?« fragte sie leise.

      »Gleich, als ich ihn sah«, kam es ebenso leise zurück. »Da wußte ich es nur noch nicht. Doch die letzten Wochen haben es mir gezeigt mit grausamer Deutlichkeit.«

      »Und weshalb hast du dein Herzweh so allein getragen, du geliebtes Kind, du?«

      »Weil ich dich nicht mit hineinziehen wollte in meine Not. Aber heute – seitdem ich das unsagbar Traurige gehört – finde ich meinen Weg nicht mehr allein. Glaube mir, Möpschen, ich habe mit dem törichten Herzen gekämpft – aber alles umsonst. Es verhöhnt mich nur – und tut nach wie vor bitter weh.

      Entsinnst du dich noch des Liedes, dessen Melodie von dem armen Veit Wetters stammt? Auch bei ihm antworteten Taube, Adler und Geier: Es ist zu weit – zu hoch – zu spät – genauso wie bei mir.«

      »Höre, mein Almutkind«, sagte sie mit tränenumflorter Stimme. »Am besten ist, wir reisen sobald wie möglich ab. Wenn wir mit dem Auto nicht durch den Schnee kommen, dann fahren wir mit der Bahn. Der Wagen kann uns später nachgeschickt werden. Du bist ja noch so jung, mein Liebling, du wirst gewiß das, was dich jetzt so quält, langsam vergessen. Du hast doch immer so übermütig gesungen: Ist ja nicht ’ne Handvoll, ist ja ein ganzes Land voll – und zwar voll Männer. Einen wirst du schon finden, der dir gut gefällt und der dich vor allen Dingen liebt. Deine Liebe findet sich dann schon später.«

      Nun hob sich der Kopf von ihrer Schulter, die Augen sahen sie flehend an.

      »Meinst du, Möpschen?«

      »Bestimmt, mein Kind. Und nun das Köpfchen hoch, nicht die Flüglein hängen lassen. Eine Möwe, wie du gern sein möchtest, darf nicht flügellahm werden, sonst geht sie im Sturmgebraus unter.«

      »Ach, Möpschen, wenn das Herz mir nur nicht so entsetzlich weh täte. Warum kann er mich denn nicht auch lieben – wie wunderschön müßte das sein.«

      »Wünsche ihm das nicht, Almut, dann wäre er ja ebenso unglücklich wie du. Denn ein Mann wie er hält das Wort, das er einem Sterbenden gab. Nie wird er seine Frau aufgeben.

      Und nun hübsch ins Bettchen, mein Kleines. Komm, ich helfe dir beim Auskleiden. Auf das Bad verzichten wir heute.«

      Dann wurde es still. Ruhige Atemzüge verrieten, daß Almut eingeschlafen war. Doch Adele konnte noch keinen Schlaf finden. Ihr Herz blutete aus tausend Wunden, wie das einer Mutter blutet, die ihr geliebtes Kind leiden sieht und ihm nicht helfen kann. Und ebenso wie schon viele Mütter es getan haben mochten, faltete sie die Hände und schickte ein inbrünstiges Gebet zum Höchsten empor: »Lieber Gott im Himmel droben, laß ein Wunder geschehen – laß das Kind glücklich werden.«

      Ob er dieses Gebet erhören würde? Das lag in dem Schicksal bedingt, das er für Almut Fahrenroth bestimmt hatte.

      *

      Am nächsten Morgen war es Almut, die Adele, die spät eingeschlafen war, weckte.

      »Möpschen, wir müssen aufstehen, sonst kommen wir zum Frühstück zu spät.«

      Adele erwachte – und mit ihr die Sorge um das geliebte Mädchen.

      »Wie fühlst du dich, Almut?«

      »Gut, Möpschen. Aber keine Angst, ich halte schon durch – mein Stolz ist noch nicht gebrochen.«

      »Bravo. Hast ja bereits bewiesen, wie wunderbar du dich beherrschen kannst. Während dein Herz weinte, triebst du Allo­tria. Ich muß schon sagen, daß ich dich bewundere, mein gutes, stolzes Kind. Nur noch eine kleine Weile Geduld, dann wirst du es nicht mehr nötig haben, den Menschen hier etwas vorzumachen.«

      »Was wirst du unternehmen?«

      »Weiß ich noch nicht. Doch verlaß dich nur auf mich, ich finde schon einen Weg.«

      Als sie das Frühstückszimmer betraten, fanden sie nur die Gatten darin vor, die ihre Gäste fröhlich begrüßten.

      »Mein Sohn läßt sich entschuldigen«, sagte Erdmuthe. »Auf ein Telegramm hin, das gestern noch spät durchgesagt wurde, mußte er heute in aller Frühe eine Reise antreten. Viele Grüße soll ich bestellen. Er hofft, bei seiner Rückkehr die Damen hier vorzufinden.«

      Adele packte die Gelegenheit gleich beim Schopf. Während sie am Tisch Platz nahm, sagte sie bedauernd: »Das wird wohl kaum angehen, Frau Gräfin. Almut gefällt mir nämlich nicht, sie ist mir zu blaß und müde. Ich fürchte fast, daß eine Krankheit in ihr steckt. Jedenfalls möchte ich nicht allein die Verantwortung übernehmen und daher so schnell wie möglich mit ihr nach Hause zurück. Und zwar mit der Bahn. Das Auto kann uns ja später, wenn der Schnee fort ist, nachgeschickt werden. Das ließe sich doch machen, nicht wahr, Frau Gräfin?«

      »Ganz gewiß, Fräulein Aldermann. Nur fürchte ich, daß die weite Reise an Almuts Befinden noch manches verschlimmern könnte. Rufen Sie doch Herrn Fahrenroth an, schildern Sie ihm Ihre Befürchtung, dann wird er Ihnen schon sagen, was Sie zu tun haben.«

      »So – und ich werde wohl überhaupt nicht gefragt«, brachte Almut drollig hervor. »Schließlich bin ich es doch, die durchaus krank werden soll.«

      »Eben deshalb hast du den Schnabel zu halten, mein Kind«, gab Adele trocken zurück. »Wenn du eigensinnig werden willst, dann trage nur die Verantwortung für dich allein. Du bist ja volljährig.«

      »Finde ich auch. Und deshalb bleibe ich. Vorausgesetzt, daß unsere Gastgeber damit einverstanden sind.«

      »Welch eine Frage«, nickte die Gräfin ihr herzlich zu. »Haben Sie denn gar keine Ahnung, wie traurig wir sein müßten, wenn unser Sonnenstrahl uns entschwinden würde? Zumal mein Sohn einige Wochen wegzubleiben gedenkt.

      Einsam und verlassen würden wir beiden Alten dann hier hausen.«

      »Komm, Möpschen, wir werden das Fettpolsterlein abrodeln, damit das nächste bequemer ansetzen kann«, neckte das Mädchen. »Wir müssen den Schnee, der stellenweise schon wie grober Zucker aussieht, ausnutzen.«

      Oben im Gastzimmer


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