Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman. Christine von Bergen

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Der Landdoktor Staffel 2 – Arztroman - Christine von Bergen


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der Miniklinik und Praxis verband.

      Matthias’ Blick wanderte zwischen Julia und Leon hin und her.

      »Wie geht es Ihnen?«, erkundigte er sich bei seinem Patienten.

      »Schon viel besser«, antwortete Leon strahlend.

      Dann schaute der junge Mann Julia an und sie ihn. Nur zwei, drei Lidschläge lang, aber lang genug, um als Außenstehender zu erkennen, das zwischen den beiden ein unsichtbares Band bestand.

      »Wir sehen uns«, verabschiedete er sich, wobei sich seine Freude darüber, dass Julia Winter die Liebe gefunden hatte, auch in seinem warmen Ton niederschlug. »Dann will ich mich mal um Herrn Pfeifer kümmern«, fügte er hinzu.

      »Sollen wir warten?«, fragte Julia.

      Er schüttelte den Kopf. »Dafür ist es schon zu spät. Ich denke, Herr Pfeifer wird sich ein Taxi erlauben können.«

      *

      Sein neuer Patient stellte sich nicht gerade als Held heraus. Bei jeder Berührung schrie er leise auf.

      »Haben Sie auch Schmerzen im Ellbogen?«, erkundigte sich Matthias, während seine Frau die Vorbereitungen fürs Röntgen traf.

      »Nein.«

      »Das ist doch schon einmal die halbe Miete«, meinte der Landarzt betont locker, um Ludger Pfeifer zu beruhigen. »Dann werden wir es wahrscheinlich nur mit einem Speichenbruch des Unterarmes zu tun haben.«

      »Reicht das nicht?«

      »Sie haben recht.« Er lächelte entwaffnend. »Am besten wäre es gewesen, wenn Sie zu dieser Nachtzeit gar nicht zu uns hätten kommen müssen.«

      »Wie lange dauert die Heilung?«

      »Circa sechs Wochen. Sind Sie Rechtshänder?«

      »Ja.«

      »Dann haben Sie Glück im Unglück gehabt.

      »Sehr witzig.«

      »Alles bereit«, machte Ulrike diesem Zwiegespräch nun ein Ende.

      *

      Das Röntgenbild zeigte einen einfachen Bruch. Unter Betäubung richtete Matthias diesen ein und legte den Unterarm zur Ruhigstellung in eine Gipsschiene. Nachdem Ludger Pfeifer die Behandlung hinter sich hatte, kam wieder mehr Leben in ihn.

      »Diesen Fall werde ich melden«, schimpfte er, als er neben dem Landarzt durch den Gang zurück zur Praxis ging. »Eine Pension, in der es morsche Treppenstufen gibt, muss geschlossen werden. Ich hätte mir das Genick brechen können.«

      »Was haben Sie denn zu dieser Stunde überhaupt im Keller gemacht?«, fragte Matthias betont harmlos.

      »Fotografiert«, lautete die schnippisch klingende Antwort.

      Der Landarzt blieb stehen. »Fotografiert?«, wiederholte er verdutzt.

      »Die Missstände fotografiert.«

      Nun erzählte Ludger Pfeifer ihm, warum er sich in der Pension Winter eingemietet hatte. Matthias hörte ihm mit wachsendem Unbehagen zu. Er wusste doch nur allzu gut, wie sehr die Pension Julia und ihrer Großmutter am Herzen lag. Und wie sehr die beiden Frauen auf die Einnahmen angewiesen waren. Ludger Pfeifer würde jetzt das Todesurteil über das Lebenswerk von Hilde Winter fällen. Wie konnte er helfen?

      *

      Nachdem Ludger Pfeifer mit dem Taxi abgefahren war, konnten Matthias und Ulrike noch nicht ins Bett gehen, obwohl es bereits zwei Uhr morgens war. Sie setzten sich noch einmal auf die Terrasse unters Sternenzelt und tranken ein Glas Wein.

      »Ich freue mich für Julia«, sagte Ulrike mit versonnenem Lächeln. »Hoffentlich ist es für Herrn Schubert nicht nur eine Urlaubsliebe.«

      »Diesen Eindruck hatte ich nicht«, erwiderte Matthias. »Bekanntlich kommt es weniger darauf an, was die Menschen sagen, sondern wie sich zueinander verhalten. Leons Blicke und Gesten drückten mehr als alle Worte aus.«

      »Du hattest mir gesagt, dass er aus Düsseldorf stammt. Das liegt nicht gerade um die Ecke.«

      »Als er vorgestern zur Nachkontrolle bei mir war, hat er mir ein bisschen über sich erzählt. Er bricht beruflich gerade zu neuen Ufern auf.« Er zwinkerte seiner Frau zu. »Es könnte doch sein, dass er sie hier an der Steinache gefunden hat.«

      »Das wäre schön.« Ulrike legte ihre Hand auf die ihres Mannes. Eine Weile saßen die beiden schweigend nebeneinander und schauten in die Nacht hinaus.

      Unten im Tal lagen die Häuser im Finsteren. Kein Licht brannte mehr. Der kreisrunde Mond am Himmel versilberte den Wiesenhügel. Von Zeit zu Zeit drang der Ruf eines Käuzchens durch die schwarze Stille.

      »Im Fernsehen habe ich einmal eine Sendung über Hotel- und Restauranttester gesehen«, sagte Ulrike in nachdenklichem Ton.

      »Hat Herr Pfeifer gesagt, für welchen Reiseveranstalter er arbeitet?«

      »Nein.«

      »Wir sollten Julia und Oma Winter darüber informieren. Sie haben sozusagen einen Spion im Haus.«

      »Hilde Winter hat bei ihrem Besuch ihr Rezept vergessen«, sagte Matthias mit nachdenklicher Miene. »Sie hat zwar noch genug Blutdruckpillen, aber ich könnte es ihr vorbeibringen.«

      *

      Julia und Leon warteten in der Stube zusammen auf die Rückkehr von Ludger Pfeifer. Endlich durchschnitten zwei Scheinwerfer die Dunkelheit, ein Wagen hielt an, und Julia stand auf. »Das wird er sein.«

      Sie öffnete dem Gast leise die Haustür, sodass ihre Großmutter nicht aufwachte.

      »Und?«, flüsterte sie, als Ludger Pfeifer den Flur betrat.

      »Gebrochen«, zischte er wie eine Schlange zurück. »Das geht auf Ihr Konto, aber darüber reden wir morgen.« Mit dieser Drohung verschwand er in seinem Zimmer.

      »Oje«, sagte Julia mit einem Seufzer zu Leon, der in der Stubentür stand. »Mit dem werden wir noch Ärger bekommen.«

      »Jetzt gehen wir erst einmal schlafen«, erwiderte Leon, um das Thema abzuwiegeln.

      Er hatte ein unangenehmes Gefühl im Bauch, ein verdammt unangenehmes. Und natürlich konnte er nicht schlafen. Viel zu viele Gedanken wanderten ihm durch den Kopf. Er war sich fast sicher zu wissen, wer die Pfeife war und was sie hier in der Pension vorhatte. Als er gerade eingedämmert war, klingelte sein Handy. Zuerst glaubte er, er würde träumen. Doch dann stellte er fest, dass der Anruf in dieser frühen Morgenstunde harte Wirklichkeit war.

      Er schnellte hoch im Bett, was ihm sofort wieder einen stechenden Schmerz bescherte. Ein Blick aufs Display seines Funktelefons verriet ihm, wer die Anruferin war.

      »Verzeih, dass ich dich aus dem Schlaf reiße, aber Vater ist gerade mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht worden«, teilte ihm seine Mutter mit zitternder Stimme mit. »Deinen Bruder kann ich nicht erreichen. Ich bin völlig verzweifelt. Ein schwerer Infarkt.« Seine Mutter zögerte. »Kannst du morgen zurückkommen?«

      Das wollte er ja ohnehin.

      »Natürlich werde ich kommen, Mutter«, sagte er in beruhigendem Ton, der auf sie jedoch die Wirkung verfehlte. Er hörte sie am anderen Ende der Leitung aufweinen. »Bitte, beruhige dich«, fuhr er fort. »Vater ist in ärztlichen Händen. Du kannst jetzt gar nichts anderes tun, als dich auszuruhen, um Kraft zu schöpfen, damit du ihm morgen wieder beistehen kannst.«

      Wie sollte er seine Mutter über diese Entfernung hinweg anders trösten als mit Worten? Dabei wusste er genau, wie wenig sie bewirkten. Seine Eltern verband eine tiefe Liebe, die für ihn stets ein Vorbild für sein eigenes Liebesleben gewesen war.

      Nachdem er das Gespräch beendet hatte, blieb er am geöffneten Fenster stehen. Er sog die frische Luft, eine berauschende Duftmischung aus feuchtem Laub und Waldboden, tief in sich hinein. Sofort fühlte er sich wacher, lebendiger. Spontan beschloss er, jetzt schon zu fahren. Schlafen würde er ohnehin


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