G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr. Гилберт Кит Честертон

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G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr - Гилберт Кит Честертон


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… Hatte ihnen Sonntag nicht gesagt., eher würden sie ihn nicht begreifen, ehe sie die Sterne nicht begriffen hätten? Nun denn: Syme hätte sich höchlichst gewundert, wenn etwa die Erzengel den Nashornvogel begriffen hätten …

      Die sechs unseligen Detektivs stürzten sich in Droschken – und fort gings, dem Elefanten nach, und hinein in all den Terror, den das Untier von Straße zu Straße bereitete. Diese ganze Zeit drehte sich Sonntag nicht ein einziges Mal nach ihnen um, sondern wies ihnen unverwandt all seine unmeßbare, unübersehbare Hinteransicht – was einen womöglich noch verrückter machen konnte als vorher seine Juxkarten. Indes, gerade wie sie in die Baker Street einbogen, sahst du, wie er etwas hoch, hoch in die Luft warf und es so wie einen Ball wieder auffangen wollte. Aber bei einem Rennen wie dieses war, fiel es erst just über der Droschke, in der Gogol saß, wieder herunter. Und in der Hoffnung, daß das vielleicht einen Anhaltspunkt oder irgendeinen Impuls enthalten könnte, hobs Gogol, halb im Weiterfahren, auf. Es war – ausgerechnet an ihn adressiert und war fast ein richtiges Paket zu nennen. Bei näherer Prüfung erwies es sich jedoch als aus dreiunddreißig absolut wertlosen Papierfetzen bestehend, von denen einer in den andern gewickelt war. Und als die letzte Hülle abgeschält war, blieb als eigentlicher Inhalt ein kleiner Streifen Papier, darauf geschrieben stand: »Die «Welt, ich mein, müßt rosenrot sein!«

      Und der Mann, der dir als Gogol vorgestellt ward, der sagte keinen Ton; aber seine Hände und Füße wurden ihm gerade so und werkten, als ob er ein Roß zu erneutem Galopp anspornen und peitschen würde.

      Straße um Straße, Distrikt um Distrikt ließ dieses Monstrum von einem fliegenden Elefanten hinter sich. Und in jedem Fenster stand Kopf an Kopf. Und der gesamte Straßenverkehr mußte nach rechts oder links ausweichen. Und immer hinterdrein, durch all das entsetzte Publikum, die drei Droschken – daß es schließlich aussah, als gehörten die mit zu dem grotesken Festzug und als wärs etwa der marktschreierische Aufzug eines Zirkus … Und das ging und ging immer noch in einem solch aberwitzigen Tempo, daß Syme mit einemmal die Albert Hall in Kensington erblickte, als er vermeinte, er wäre noch lange in Paddington. Und die Pace des Viehs wurde schließlich durch die leeren aristokratischen Straßen von South Kensington gar noch eine freiere und also wütendere … und endlich gings da hinaus, wo das Riesenrad von Earls Court gen Himmel ragte. Und das Rad wurde immenser und immenser und wurde zuletzt gar wie die Himmelsachse selber und das himmlische Rad mit den unendlichen Sternen.

      Das Vieh war mit Droschken nun einmal nicht einzuholen … Sie verlorens, wies nun um ein paar Ecken herumging, immer mehr aus den Augen. Und als sie vor einem Eingang zur Earls Court Exhibition anlangten, konnten sie noch dazu überhaupt nicht mehr weiter und mußten anhalten. Eine Riesen-Menschenmenge war da – und mitten drin ein riesiger Elefant, stöhnend und bebend, wie solch unförmige Kreaturen nun einmal tun. Aber der Präsident – – der war weg.

      »Wo ist er hin?« schrie Syme, noch unterm Abspringen.

      »Der Herr sind in die Ausstellung gegangen, Herr!« sprach ein Beamter – noch ganz verblüfft. Und setzte dann – immer noch wie vor den Kopf geschlagen, hinzu: »Ein urkomischer Herr. Bat mich, sein Reitpferd zu halten. Und gab mir noch dieses hier.«

      Und hielt wie blödsinnig ein zusammengefaltetes. Stück Papier hin – das die Aufschrift trug: »An den Sekretär des Zentral-Anarchistenrats.« Der Sekretär riß es wutschäumend auf; und da, stand folgendes zu lesen:

      »Solangs dem Häring unter Binsen tut passen,

       mögt ihr Herrn Sekretär grinsen lassen.

       Nur sowie der Häring mit fliegen droht,

       schlagt die Schreiberseele tot!

       Bäuerisches Sprichwort.«

      »Warum – o je! o je! –« fing der Sekretär an, »haben Sie denn den Mann hineingelassen? Oder kommen die Leute zu Ihrer Ausstellung da regelmäßig auf wildgewordenen Elefanten angeritten? Oder aber – –«

      »Sehen Sie doch!« brüllte Syme mit einemmal. »Sehen Sie da – da – da hinauf!«

      »Wo hinauf?« brüllte der Sekretär zurück.

      »Auf den Fesselballon!« schrie Syme und gestikulierte wie tobsüchtig.

      »Warum zu allen Teufeln soll ich mir einen Fesselballon ansehen?« beschwor ihn der Sekretär. »Was ist an einem Fesselballon so Sonderbares?«

      »Nichts«, versetzte Syme. »Außer er ist eben nicht mehr gefesselt!«

      Sie sahen alle nach oben: und da schwebte und schwankte ein Ballon über der Ausstellung – an einem Seil – wie ein Kinderballon. Und eine Sekunde später fiel, zwei Sekunden lang, etwas herab, und zwar gerade auf die Droschke herab, und das war das Seil – – und der Ballon flog davon, so lustig wie eine Seifenblase. »Zehntausend Teufel!« kreischte der Sekretär. »Er ist drinnen!« und er schüttelte die Fäuste gen Himmel.

      »Gott sei meiner Seele gnädig!« sang der Professor in dem Greisenton, den er nimmer von seinem gebleichten Bart und seinem Pergamentgesicht zu trennen vermochte. »Gott sei meiner Seele gnädig! Mir war gerade, als ob etwas auf meinen Hut gefallen wäre – –«

      Und er hob seine Zitterhand auf und holte von seiner Kopfbedeckung ein Stück zusammengefaltetes Papier herab, breitete es, höchst geistesabwesend auseinander und fand von treuliebender Hand geschrieben:

      »Ihre Schönheit konnte mich nicht gleichgültig lassen. – Klein Schneeglöckchen.«

      Da war eine Stille erst. Und dann sprach Syme und kratzte sich am Barte:

      »Ich fühle mich immer noch nicht besiegt. Das verwünschte Ding muß doch irgendwo mal wieder niederkommen! Auf! Ihm nach!«

      Das vierzehnte Kapitel.

       Die sechs Philosophen

       Inhaltsverzeichnis

      Über Wiesengrün und durch Heckenblühn sollten es sich sechs bis an den Hemdkragen beschmutzte Detektivs blutsauer werden lassen. An die fünf Meilen von London fern … Der Optimist der Gesellschaft hatte zu Anfang gleich vorgeschlagen: den Ballon quer über South England in Droschken zu verfolgen. Aber er wurde nur zu bald davon überzeugt, daß der Ballon nicht die geringste Lust zeigte, sich irgendwie nach inferioren Straßen zu richten. Und ebenso die Droschkenkutscher nicht die mindeste Neigung verspürten, sich, was die Richtung anbelangte, ausschließlich einem hochfahrenden Ballon unterzuordnen. Demzufolge blieb unsern unermüdlichen, weil wahnsinnig erzürnten Wanderern nichts anderes übrig, als fein hübsch durch dick und dünn (durch finstres Dickicht und umgeackerte Felder) mitzugehen, bis jeder von ihnen derart aussah, daß man sie sehr wohl für allerschlimmste Vagabunden halten konnte. Jene grünen Hügel von Surrey erlebten den endgültigen Kollaps – den Schluß der Tragödie des wunderbaren, lichtgrauen Anzugs, in dem Syme von Saffron Park aus diese entsetzliche taglange Reise angetreten hatte. Seinen Seidenhut, den hatte ihm ein grober Ast bis über die Nase herunter eingetrieben; seine Rockschöße waren bis fast zur Schulter von widerspenstigen Dornen aufgerissen; und Englands Letten bedeckten ihn bis zum Hals herauf. Aber nichtsdestoweniger strebte er mit der Spitze seines gelben Bartes voran – in stummem wütendem Entschluß – und seine Augen hingen starr an dem segelnden Gasballon, der sich im Strahl der sinkenden Sonne bald wie eine Wolke bei Sonnenuntergang ausnahm …

      »Schließlich und endlich«, meinte er, »ja – eigentlich ists überaus wundervoll!«

      »Es ist einzigartig und seltsam wundervoll!« meinte der Professor. »Ich möchte nur, daß diese biesterische Gasblase da oben endlich die Platze bekäm!«

      »Nein«, meinte Dr. Bull. »Das möchte ich nun wieder nicht. Ich möchte dem alten Knaben erst ‘n bischen wehtun!«

      »Wehtun!« meinte der rachgierige Professor.

      »Wehtun! Ja – aber nicht so sehr wehtun, als ich ihm wehtun möchte, wenn ich bloß zu ihm hinauf könnte. Klein


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