Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

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Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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nimmt Wendhoff seinen Platz wieder ein. Die Schwester gibt auch Leonore und Schnitzler einen Wink, dann schließt sie hinter sich die Tür.

      Wie tiefes Aufatmen geht es durch den Raum. Wendhoff findet sich ganz langsam in die Wirklichkeit zurück. Noch zittert alles in ihm infolge der durchlittenen Angst um Inkas Leben.

      »Inka scheint gerettet«, sagt Schnitzler leise zu Leonore. »Wir werden lieber nicht warten, bis Inka erwacht. Sie soll mit Gert allein sein. Aber…« Er blinzelt sie ein wenig an. »Wirst du ein paar Zeilen schreiben an die beiden?«

      Er hat alles bei sich, Papier, Umschlag, und zwingt ihr den Kugelschreiber in die Hand.

      Sie nickt ihm unter Tränen zu. Und wie durch einen Tränenschleier hindurch wirft sie die Worte auf das Papier:

      Mein liebes Kind, lieber Gert!

      Ich habe wie eine alte Närrin gehandelt, wie eine Egoistin. Ich wünsche Euch alles Gute und segne Euch beide. Es hat lange gedauert, bis ich mich zu diesem Entschluß hindurchgerungen habe. Reinhold wünscht Euch ebenfalls Glück. Er hat mir die Augen geöffnet.

      Ihr werdet verstehen, daß ich jetzt nicht gut bei Euch sein kann. Alles ist zu neu. Ich habe einen treuen Menschen bei mir. Um mich sorgt sich ab heute ein wertvoller Mann, der zu mir besser paßt als Gert, und an dessen Liebe ich blind vorbeigegangen bin. Verirrte Menschenherzen. Verzeiht mir, daß ich Euch so viel Kummer bereitet habe.

      Eure Mutti und Leonore.

      Schnitzler überfliegt es, und in seinen Augen strahlt es auf.

      Sorgsam verschließt er den Umschlag, macht einen Schritt auf das Bett zu und legt ihn vor Wendhoff nieder.

      Gemeinsam verlassen sie auf Zehenspitzen das Krankenzimmer. Behutsam hilft Schnitzler draußen der schlanken Frau in den Wagen. Noch einen letzten Blick, ein bißchen wehmütig noch, wirft Leonore zurück auf das weiße Haus, in dem sie jetzt zwei glückliche Menschen weiß.

      Auf einmal ist ein tiefes Empfinden in ihr, das sie lange nicht gekannt hat, ein Glücksempfinden so stark, daß alles davon überstrahlt wird.

      Wie hat Reinhold gesagt?

      »Mit den Augen der Liebe!«

      Sie muß es vor sich hin gemurmelt haben. Er legt die Rechte auf ihre Hand.

      »Ich bin heute wohl von allen Beteiligten der Glücklichste. Dafür danke ich dir, Leonore.«

      Mit einer hingebungsvollen Gebärde lehnt sie ihren Kopf an seine Schulter.

      Langsam rollt der Wagen über die Straßen. Still ist es in seinem Innern. Die Herzen der beiden Menschen halten heimliche Zwiesprache.

      – E N D E –

Der Engel mit dem schwarzen Haar

      »Ich reite für eine Stunde aus. Sorge dafür, daß mein Pferd vorgeführt wird«, sagt Tilo Kempen zu seinem Diener Johann.

      Leise fällt die Tür hinter der schon etwas gebeugten Gestalt des Dieners ins Schloß.

      Tilo Kempen ist bereits umgezogen. Der Reitdreß kleidet ihn vorzüglich, genau wie der Frack. Eine hohe, schlanke Erscheinung mit blondleuchtendem Haar und kristallklaren Augen. Ein Mann, der weiß, was er will, der das Erbe seiner Väer angetreten hat und neuen Reichtum zu dem alten häuft. In der ganzen Gegend gibt es keinen Mann wie ihn, mit seinem Charme, seinem bestechenden Äußeren und seiner angeborenen Ritterlichkeit, der sich mit ihm messen kann.

      Er blickt aus dem Fenster.

      Die Sonne vergoldet mit ihren letzten Strahlen die Eichen, die jahrhundertealt wie eherne Wachen das Herrenhaus von ›Eichenwald‹ umgeben. Sie haben dem großartigen Besitz auch den Namen gegeben.

      Tilo Kempen ist glücklich, als er die breiten Marmorstufen hinuntergeht. Vor dem mit weißen Säulen geschmückten Portal führt der Stallbursche bereits sein Pferd hin und her.

      »Danke«, sagt Kempen freundlich und schwingt sich ohne Hilfe auf den Pferderücken.

      »Wenn ich mir etwas zu sagen erlauben darf«, hält der junge Bursche ihn noch ein paar Sekunden auf. Das »gnädiger Herr« hat Kempen sich längst verbeten.

      »Nun?« ermuntert er mit leichtem Lächeln.

      »Dina ist heute sehr nervös. Weiß nicht, was mit dem Luder los ist. Seien Sie vorsichtig!«

      »Keine Bange«, lacht Kempen herzlich auf. »Dina ist fromm wie ein Lamm, wenn ich sie reite.«

      Damit sprengt er davon, die Pappelallee hinunter, und biegt dann rechts ab dem Walde zu. Links dehnen sich endlose Felder, die alle zu dem angegliederten Gut ›Eichenwald‹ gehören. Es wird von dem Verwalter Hagel, der schon ein Menschenalter im Dienste der Familie Kempen steht, vorbildlich verwaltet.

      Nach der glutvollen Hitze des Tages wirkt die Kühle des Waldes doppelt erfrischend. Kempen zieht die reine Luft in tiefen Atemzügen ein.

      Ein wundersames Gefühl ist es, sich einmal von allen Geschäften freigemacht zu haben. Selten genug ist es in den letzten Jahren vorgekommen, daß er längeren Aufenthalt auf ›Eichenwald‹ genommen hat. Nichts mehr von langen Telefonaten zu wissen, keine stundenlangen Konferenzen führen müssen, keine Diktate, kein Maschinengeklapper, keine Abteilungsleiter und Direktoren, die sich die Klinke in der Hand geben. Frei ist er von all diesen zermürbenden, aufregenden Hetzereien. Einmal gehört er sich wieder selbst. Kann seine Zeit einteilen wie er will. Sein Tagesablauf ist nicht genau nach Stunden eingeteilt, in denen er Entscheidungen zu treffen hat und nur Geschäfte im Kopfe hat.

      Eigentlich hätte ich Tante Feodora mitnehmen können – denkt er – als er die wohltuende Stille auskostet.

      Tante Feodora! Er seufzt. Er sieht ihre hohe, überschlanke, peinlichst gepflegte Erscheinung mit den kühlen Blauaugen vor sich, die sich wohl für sein Wohlergehen und den Stadthaushalt in der alten Villa aufopfert. Die aber keine Wärme zu verbreiten vermag. Dazu ist sie viel zu sehr eine Kempen. Eine stolze, ja hochmütige Frau, die die Spitzen der Gesellschaft in seinem Hause in der Stadt empfängt und vorbildlich bewirtet, deren Wesen ihm aber bis zum heutigen Tage fremd geblieben ist. Zwischen ihnen herrscht ein höflicher, aber kühler Ton. Und er hat sich auch keine Mühe gegeben, die Eiseskälte, die Feodora um sich verbreitet, zu durchstoßen.

      Nein! Es ist schon gut so, daß er einmal ausspannt und Abstand von dem täglichen Einerlei gewinnt, ohne Tante Feodoras lähmende Gegenwart.

      Im Walde läßt er Dina traben. Dumpf schlagen die Hufe des Pferdes auf den samtenen Waldboden.

      Plötzlich prescht aus dem Seitenweg ein Reiter. Dina stockt, beginnt zu tänzeln, aber sofort hat Tilo sie wieder in der Gewalt.

      »Ist es die Möglichkeit?« Der Reiter hält dicht neben Tilo sein Pferd an und reicht Kempen die Hand. »Endlich wieder einmal bei uns? Das ist eine Freude! Menschenskind, ich glaubte schon, daß Sie uns abgeschrieben hätten.«

      Reinhardt Schürer, der immer freundliche, immer zu Späßen aufgelegte Bürgermeister der Gemeinde lacht über das ganze rosige Gesicht. An ihm sind die vergangenen Jahre spurlos vorübergegangen. Tilo hat ihn noch in Erinnerung, als er ein Junge war und während seiner Schulferien oft im Bürgermeisterhaus zu Gaste war.

      Jetzt, nachdem Tilo zum Manne gereift ist, an dessen Fersen sich Erfolge um Erfolge heften, verbindet die beiden Männer eine herzliche Freundschaft, nicht gestört durch den Altersunterschied.

      »Seit wann sind Sie in ›Eichwald‹?« erkundigt Schürer sich, und langsam reiten sie Seite an Seite tiefer in den Wald hinein.

      »Heute nachmittag bin ich erst angekommen«, gibt Tilo gern Auskunft.

      »Donnerwetter«, entfährt es Schürer. »Und da sitzen Sie schon auf dem Gaul?«

      Tilo lacht. Es ist ein warmes, bezwingendes Lachen. »lch habe mich nach


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