Perry Rhodan 1: Die Dritte Macht (Silberband). Clark Darlton
Читать онлайн книгу.Waffe auf. Sein Gesicht verzerrte sich.
»Hast du das gehört?«, flüsterte er atemlos. »Da liegt jemand auf unserer Frequenz. Verdammt ...«
»Was dachtest du denn?«, klang Rhodans Stimme aus seinem Empfänger. »Weshalb, denkst du wohl, habe ich hier ein Schauspiel mit ausgedehnten Dialogen aufgeführt? Natürlich hören die Fremden mit! Dass sie unsere kümmerlichen Helmsender nicht zerstört haben, ist ein Zeichen ihrer Intelligenz. Sie wissen genau, dass wir damit nicht bis zur Erde durchkommen.« Er setzte sich in Bewegung.
Bully blieb reglos stehen. Die Waffe baumelte locker in seinen Händen.
»Gehe meinetwegen. Ich habe keine große Lust, intelligenten Tintenfischen oder ähnlichen Monstren vertrauensselig in die Fangarme zu laufen. Ich bleibe!«
Rhodan sah ihn ärgerlich an.
»Du hast zu viele Romane gelesen. Ein tintenfischähnliches Lebewesen wird niemals Raumschiffe bauen, auch dann nicht, wenn es wider Erwarten intelligent werden sollte. Es gibt auf der Erde genügend kluge Menschen, die nichtmenschliche Intelligenz ohne weiteres als möglich ansehen. Jedoch denken sie nicht an Schreckensgebilde. Rede also keinen Unsinn und komm! Wir haben keine andere Wahl, als zu versuchen, Kontakt aufzunehmen.«
»Vielleicht doch«, murmelte Bully verstört. »Es gefällt mir nicht, wie ein hilfloses Schaf in das Schiff zu tappen. Das geht gegen meinen Instinkt.«
Rhodan wandte sich um und trat wortlos hinter der Deckung hervor. Er bemühte sich, logisch zu denken. Er wusste, dass es keinen anderen Ausweg mehr gab, als mit den Unbekannten in Verbindung zu treten.
Seine Maschinenwaffe baumelte am Halteriemen über der rechten Schulter. Seine Arme hingen schlaff am Körper herab. Rhodan war nicht gewillt, die erste Begegnung eines Menschen mit einer fremden Intelligenz in eine Auseinandersetzung mit der Waffe zu verwandeln. Es wäre ein übler Gruß gewesen; unwürdig und beschämend für einen Menschen von klarem Verstand.
Je näher er dem gigantischen Raumschiff kam, um so mehr spürte er das Bedrückende der Begegnung. Die Unbekannten hatten die Initiative ergriffen. Immerhin hatten sie nur indirekt gehandelt. Rhodan kam zu dem begründeten Schluss, dass die Funkstörung mehr ein Ausdruck der gegnerischen Vorsicht als der einer gewollten Vernichtung gewesen war. Der Gedanke beruhigte ihn. Er vertraute darauf, dass die Fremden ihre Überlegenheit nicht einsetzen würden, um einen tödlichen Angriff durchzuführen.
Das Riesenschiff war weiter entfernt, als er angenommen hatte. Wuchtig und bedrohlich wölbten sich die Wände vor Rhodan auf. Als er noch einige hundert Meter im gleißenden Sonnenlicht zurückgelegt hatte, konnte er das Raumschiff nicht mehr in voller Größe übersehen. Es mochte mehr als 500 Meter Durchmesser besitzen.
Die Landebeine waren dicke Säulen mit großen Auflagetellern an den Enden. Rhodan lächelte schwach, als er die Übereinstimmung mit der STARDUST-Konstruktion bemerkte. Die Fremden mussten ähnliche Gedankengänge wie der Mensch haben, zumindest in technisch-wissenschaftlicher Hinsicht.
Er hörte Bullys heftigen Atem im Funkgerät aufklingen. Gleich darauf tauchte der Freund neben ihm auf.
Reginald Bull schloss sich ihm wortlos an. Rhodan nickte ihm schweigend zu. Bully lächelte verbissen zurück. Trotz aller Beherrschung konnte er das Beben seiner Lippen nicht verbergen.
Sie kamen nur langsam voran. Über ihnen ragte die Wölbung des Riesenschiffs auf. Die Sonne erfasste nur noch einen Teil des unter dem Kugelkörper liegenden Bodens. Dort, wo die tiefe Finsternis begann, blieb Rhodan endgültig stehen. Er sah nach oben, den Kopf weit in den Nacken gelegt und den Oberkörper nach hinten gebeugt.
Seine Augen erfassten die gähnenden Öffnungen an der Unterseite des Äquatorwulstes, der sich als ein mächtiger Ring von mehr als 70 Meter Breite erwies.
»Wenn sie jetzt starten, werden wir atomisiert«, sagte er gelassen. Seine Hand wies nach oben. »Das dürften wohl Düsenöffnungen sein, vorausgesetzt, sie arbeiten nach dem uns bekannten Prinzip. Die glasierten Bodenflächen rings um das Schiff haben wohl einmal in Weißglut gekocht. Ich schätze das Startgewicht der Kugel unter irdischen Schwereverhältnissen auf etwa zwei Millionen Tonnen. Wie bringt man eine solche Masse auf Fahrt?«
»Ich empfehle eine Feuerwerksrakete«, meinte Bully sarkastisch. Zorn stieg in ihm auf. Man schien sie überhaupt nicht zu beachten. Wieder fragte er sich, ob sie für die Fremden nicht doch so etwas wie Affen waren. Er konnte sich mit dem besten Willen nicht gegen diese Gedanken wehren. Er besaß nicht das Selbstvertrauen des Freundes. Bully flüchtete sich in seinen etwas abstrakten Humor. Es war grundsätzlich sein letzter Ausweg, wenn er mit Nachdenken allein nicht mehr weiterkam.
Rhodan dagegen bewahrte die Beherrschung. Er ahnte, dass innerhalb des Schiffes Diskussionen im Gang waren. Wahrscheinlich standen auch die Unbekannten vor einer verwirrenden Situation. Natürlich wussten sie, dass sie mit den beiden Menschen spielend leicht fertig werden konnten. Ein Knopfdruck hätte wahrscheinlich genügt.
Diese Tatsache sah Rhodan als Vorteil an. Wenn die Fremden nicht eine völlig wesensfremde Ethik besaßen – wenn sie den Begriff Toleranz kannten, so konnten sie einfach nichts Schlimmes unternehmen. Sie hatten nur die Wahl zwischen weiterem Stillschweigen oder der Übermittlung eines Lebenszeichens. So wappnete sich Rhodan mit Geduld.
Bully reagierte auf seine Weise. Nach einigen Augenblicken sagte er laut und ironisch:
»Unter Ihrem Schiff stehen zwei fürchterliche Ungeheuer mit Hunger im Bauch und Durst in der Kehle. Guten Tag. Mein Name ist Reginald Bull. Sie waren so freundlich, uns zur Notlandung zu zwingen. Wir kommen mit der Rechnung.«
Unter anderen Verhältnissen hätte Rhodan gelacht. Jetzt war ihm nicht danach zumute, obwohl Bullys Art durchaus nicht fehl am Platz zu sein schien.
Sie sprachen nicht mehr. Rhodan musste sich zwingen, nicht zur Waffe zu greifen. Er kämpfte gegen diesen unvernünftigen Instinkt an. Bully hielt seine Rak-Automatik mit den Händen umklammert. Rhodan sah ihn an, aber sein Blick löste bei Captain Bull nur ein grimmiges Schulterzucken aus.
Der grelle Lichtschein brach ebenso plötzlich über sie herein, wie vor einigen Stunden das grüne Leuchten. Rhodan fuhr zusammen. Gegen seinen Willen rutschte die Automatik in seine Armbeuge. Innerlich bebend, schob er die Waffe auf die Schulter zurück.
»Weg mit dem Ding«, befahl er Bull. »Wie oft soll ich das noch sagen?«
In der Kugelwand über ihnen hatte sich eine weite Öffnung gebildet. Daraus kam das helle Licht. Es war vollkommen lautlos geschehen, wie jeder Vorgang auf dem Mond.
Aus der Öffnung schob sich etwas hervor. Als der Sockel den Boden berührte, faltete er sich zu einem weiten, völlig glatten Band auf.
Rhodan schritt vorsichtig auf die schwach leuchtende Ebene zu. Dicht davor blieb er stehen.
»Die Einladung«, sagte er gepresst. »Keine Stufen, hm! Das Schott liegt gute 30 Meter über uns. Hier könnte man die STARDUST aufstellen.«
»Wohl ein kleiner Intelligenztest«, schnaufte Bully nervös. Immer wieder sah er nach oben. Es war kein Lebewesen zu sehen.
Rhodan betrat die schräge Fläche. Sie führte im Winkel von wenigstens 45 Grad nach oben. Als er sich angehoben fühlte, streckte er instinktiv die Arme aus. Er wollte dem Gefühl des Fallens begegnen, bis er merkte, dass er sich täuschte. Seine Schuhe berührten das Band nicht. Sie hingen einige Millimeter über dem fluoreszierenden Material, und so glitt er nach oben, als stünde er auf einer Rolltreppe.
Bully fluchte. Seine Hände suchten einen Halt. Auf allen vieren kam er hinter Rhodan her.
Sie wurden sanft in einem großen Raum abgesetzt. Das helle Licht blendete sie. Wieder hörten sie nichts, als sich die Schleusen schlossen. Sie waren im Innern des fremden Schiffes.
»Kein Mensch wird uns das glauben«, flüsterte Bully. »Dabei bleibt es ungewiss, ob wir jemals wieder mit einem reden werden. Was hast du vor?«
»Verhandeln, meinen Verstand gebrauchen. Was sonst? Die Situation erscheint nicht länger unwirklich,