Perry Rhodan 1: Die Dritte Macht (Silberband). Clark Darlton
Читать онлайн книгу.zu bringen.«
Die ersten Geräusche wurden vernehmbar. Sie hörten das helle Zischen eindringender Luft. Es war fraglich, ob dieses Gasgemisch für Menschen atembar war. Rhodan erkannte, dass man sie in der Tat einem Test unterzog. Wenn er jetzt auf gut Glück hin den Helm geöffnet hätte, wäre dies sicher als unüberlegte Handlung ausgelegt worden. Er konnte nicht wissen, was man da eingeblasen hatte. So verharrte er untätig, bis sich die Innentore öffneten.
Sie erblickten einen hohen gewölbten Gang, der an einem fluoreszierenden Schacht endete.
Sie gingen weiter. Es gab nun nichts mehr zu überlegen. Das Schiff schien ausgestorben zu sein. Es war eine unwirkliche Situation. Bully wusste, dass er der Nervenbelastung nicht mehr lange gewachsen sein würde. Er hätte schreien mögen.
Da erklang eine klare Stimme im Tonfall eines Englischlehrers: »Sie können Ihre Schutzanzüge öffnen. Die Luft ist für Sie atembar.«
Rhodan stieß mit einem pfeifenden Geräusch den angehaltenen Atem aus. Wortlos öffnete er den Helm.
5.
Er nannte sich Crest. Er war sehr groß und schmal, wenigstens um Kopfeslänge höher gewachsen als Perry Rhodan. Er besaß zwei Arme und zwei Beine, einen schmalen Rumpf und das durchgeistigte Gesicht eines alten Mannes, dessen Haut unwahrscheinlich jung und straff geblieben war. Unter der hochgewölbten Stirn saßen zwei große Augen von eindringlicher Ausdruckskraft. Nach der Hautfarbe zu urteilen, hätte er zu einem samthäutigen Insulanerstamm gehören können. Der Eindruck wurde jedoch durch die albinotische Rotfärbung seiner Augen und das weißliche Haupthaar getrübt. Er strahlte etwas Fremdes, Unwirkliches aus, obwohl er rein äußerlich sehr stark einem Menschen ähnelte. Die wahren Unterschiede lagen wohl in nicht sofort erkennbaren Dingen.
Es war drückend heiß in dem großen Raum. Das helle Licht schimmerte bläulich. Wahrscheinlich lag es in seinen Grenzbereichen schon im ultravioletten Teil des Spektrums. Die Fremden mussten von einem Planeten mit einer sehr hellen, sehr heißen und wahrscheinlich blaustrahlenden Sonne stammen. Die Beleuchtung und die hohe Temperatur deuteten darauf hin. Das hatte Rhodan sofort erfasst.
Doch – da war noch etwas gewesen, was ihm sofort aufgefallen war.
Crest schien abgezehrt und schwach zu sein. Seine Bewegungen erschienen etwas hilflos. Er wirkte wie ein todkranker Mann.
Es waren noch zwei weitere Wesen im Raum. Die gehörten ebenfalls dem männlichen Geschlecht an. Niemals zuvor hatte Rhodan ein derart lethargisches Benehmen beobachtet. Die Leute waren so interesselos und apathisch, dass es sogar einem schlechten Beobachter sofort aufgefallen wäre.
Gegen sie wirkte der geschwächte Crest noch stark und lebhaft. Die beiden anderen hatten nicht einmal die Köpfe gedreht, als der für sie doch so fremdartige Besuch eintrat.
Sie lagen auf ihren breiten, flachen Liegen und stierten verklärt auf die ovalen Bildschirme irgendwelcher Geräte, deren Bedeutung Rhodan nicht verstand. Er bemerkte nur ein auf- und abschwellendes Flimmern quer über die Farbskala hinweg. Es bildeten sich abstrakte geometrische Figuren in zahlloser Vielfalt. Dazu war ein helles Summen und Zwitschern zu hören.
In Rhodan kam eine ungute Ahnung auf. Etwas stimmte nicht in diesem so vollendet erscheinenden Riesenraumschiff. In dem großen Raum hing ein spürbares Fluidum der Apathie. Man tat, als wären die Menschen nicht vorhanden.
Crest hatte einen der anderen Männer angesprochen. Er hatte ein liebenswert und höflich wirkendes Lächeln geerntet. Nach einer leisen Antwort hatte sich der Mann wieder seinem Bildschirm zugewendet.
Bully stand mit offenem Mund da. Das änderte sich, als sie den Raum betrat. Rhodan war zusammengefahren, eine solche Kälte und abweisende Überheblichkeit strahlte sie aus. Sie ignorierte ihn und Bully nach einem kurzen Seitenblick.
Sie war so groß wie Rhodan, und sie hatte die rötlichen Augen ihres Volkes. Auf der Erde hätte sie als einmalige Schönheit gegolten, doch dieser flüchtige Gedanke verlor sich schnell. Die Frau mit dem schmalen, abweisenden Gesicht war gefährlich; gefährlich deshalb, weil sie offenbar nicht bereit war, ihren Verstand zu gebrauchen. Für sie waren die beiden Menschen nicht mehr und nicht weniger als Primitive.
Das war der schmerzhafte Eindruck, den Rhodan empfand. Niemals zuvor hatte man ihn eine derart gleichgültige Verachtung fühlen lassen.
Er hatte seine Fäuste geballt. Sie trug ein kombiähnliches, engschließendes Kleidungsstück mit einigen rötlich fluoreszierenden Symbolen auf dem Brustteil. Rhodan erkannte, dass es sich dabei um Rangabzeichen handelte. Crest, der sehr menschenähnlich zu empfinden schien, hatte sie in seinem klaren Englisch als »Thora« vorgestellt. Der so schwächliche Mann mit dem faszinierend jung aussehenden Gesicht zeigte die Manieren eines liebenswürdigen Edelmanns.
Rhodan hatte damit eine Situation krasser Gegensätze angetroffen. Hier unfassliche Lethargie, dort Höflichkeit und bei Thora eisige Abwehr. Es waren die seltsamsten Augenblicke seines Lebens. Er wunderte sich, dass man ihnen nicht die Waffen abverlangt hatte. Auch das war mehr als eigenartig!
Crest hatte sie sehr lange gemustert. Er hatte es so offen und augenfällig getan, dass es keineswegs beleidigend oder herabsetzend wirkte.
Rhodan hatte bisher kaum etwas gesagt. Aufrecht hatte er inmitten des kahlen Raumes gestanden, dessen Wandungen von zahllosen Bildschirmen und Apparaturen bedeckt waren.
Mit einem hilflosen Lächeln ließ Crest sich auf das Lager zurücksinken. Er atmete schwer. Da erkannte Rhodan erstmals den Ausdruck von Sorge in den Augen der jungen Frau.
Er wusste, dass es höchste Zeit war, die unheimliche Spannung zu brechen. Bullys bleiches Gesicht zeigte, wie es um ihn stand.
Crests umschattete Augen klärten sich. Selten hatte Rhodan eine solche Neugierde in den Augen eines Wesens beobachten können. Crest schien förmlich auf ein erlösendes Wort zu warten.
Welche Position nahm er an Bord dieses Schiffes ein? Welche Macht übte die Frau aus?
Rhodan trat um einige Schritte näher. Der Helm baumelte an den Scharnieren. Thora fuhr sofort herum. Der blitzschnelle Griff an ihren handbreiten Gürtel war eine Warnung. Rhodan begegnete ihrem Blick. Wenn der ihre Abwehr ausstrahlte, so besaß der seine eine derartige Kälte, dass sie plötzlich mehr verwundert als unangenehm berührt aussah. Bullys starres Gesicht lockerte sich. Seine Augen wurden schmal. Er kannte Rhodan!
Rhodan schritt an Thora vorbei. Sie wich zurück, als hätte sie ein giftiges Insekt vor sich.
Crest schaute gespannt zu. Als Rhodan dicht vor ihm stand, schloss er die Augen. Niemals hatte Bully Rhodan so sanft sprechen hören.
»Ich weiß, dass Sie mich verstehen können. Wieso und weshalb das so ist, erscheint mir augenblicklich unwichtig. Mein Name ist Perry Rhodan, Major der US-Space-Force, Kommandant des irdischen Raumschiffs STARDUST. Sie haben mich zur Notlandung gezwungen, aber darauf will ich nicht eingehen.«
»Wenn Sie noch einen Schritt weitergehen, werden Sie sterben!«, klang eine dunkle, von maßlosem Zorn halberstickte Stimme auf.
Rhodan drehte den Kopf, dabei zeigte er sein berühmtes Lächeln.
Sie hatte anscheinend eine Schaltung vorgenommen. Die hochgewachsene Frau war von einem flimmernden Leuchten umhüllt. Ein Gemisch aus Verwunderung und grenzenloser Empörung zeichnete sich in ihrem Blick ab. Rhodan begann langsam zu begreifen. Offenbar besaß sie einen solchen Dünkel, dass sie Rhodans Annäherung an das Lager wie eine Gotteslästerung empfand. Rhodan änderte seine Ansichten über die Beweggründe für ihre offenkundige Verachtung. Sie war das hochintelligente Lebewesen, er war der Steinzeitmensch! Genau das war es. Er hatte die Situation endgültig verstanden.
Crest schien erfasst zu haben, was in Rhodan vorging. »Es tut mir leid«, sagte er schwach. »Es lag nicht in meinem Ermessen, die Schwierigkeiten zu umgehen. Wir waren nicht auf Ihre Ankunft vorbereitet. Nach meinen Informationen sollte der dritte Planet dieses Sonnensystems eine unterentwickelte Urwelt mit primitiven Geschöpfen sein. Seit unserem