Gesammelte Werke von Dostojewski. Федор Достоевский

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Gesammelte Werke von Dostojewski - Федор Достоевский


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hätten, sie einzulösen, … oder so ähnlich … Man wird Ihnen das übrigens aufsetzen.«

      »Das ist ja eben die Sache«, erwiderte Raskolnikow, möglichst bemüht, verlegen zu scheinen, »daß ich augenblicklich gar keine Geldmittel besitze … und nicht einmal imstande bin eine solche Kleinigkeit … Sehen Sie, ich möchte jetzt nur die Erklärung abgeben, daß diese Gegenstände mir gehören und daß ich, sowie ich wieder Geld habe …«

      »Nun, das macht ja keinen Unterschied«, antwortete Porfirij Petrowitsch, der Raskolnikows Eröffnung über seine pekuniäre Lage sehr kühl aufnahm. »Übrigens können Sie, wenn Sie wollen, in demselben Sinne auch direkt an mich schreiben, so: ›Nachdem ich das und das erfahren habe, bezeichne ich die und die Sachen als mein Eigentum und bitte …‹«

      »Doch auf gewöhnlichem Papier? Nicht etwa auf Stempelpapier?« unterbrach ihn Raskolnikow hastig, um wieder sein Interesse für die pekuniäre Seite der Angelegenheit hervorzukehren.

      »Oh, auf ganz gewöhnlichem!«

      Plötzlich, so schien ihm, sah ihn Porfirij Petrowitsch mit unverhohlenem Spotte an; denn er kniff die Augen zusammen, und es machte den Eindruck, als ob er ihm zuzwinkerte. Indessen war es Raskolnikow doch vielleicht nur so vorgekommen, da es nur einen Augenblick dauerte. Jedenfalls: etwas Derartiges war geschehen. Raskolnikow hätte darauf schwören mögen, daß er ihm – mochte der Teufel wissen, warum – zugezwinkert habe.

      ›Er weiß es!‹ Dieser Gedanke durchzuckte ihn wie ein Blitz.

      »Entschuldigen Sie, daß ich Sie mit solchen Lappalien belästigt habe«, fuhr er, etwas aus der Fassung gebracht, fort. »Meine Sachen sind höchstens fünf Rubel wert; aber sie sind mir besonders teuer als Andenken an die Personen, von denen ich sie bekommen habe, und ich muß gestehen, als ich davon hörte, bekam ich einen großen Schreck …«

      »Darum fuhrst du also auch gestern so auf, als ich zu Sossimow sagte, Porfirij nähme die Verpfänder ins Verhör?« warf Rasumichin mit unverkennbarer Absicht dazwischen.

      Das war nicht mehr zu ertragen. Raskolnikow konnte sich nicht beherrschen und blitzte ihn mit seinen zornfunkelnden schwarzen Augen böse an. Aber sogleich kam er wieder zur Besinnung.

      »Du machst dich wohl über mich lustig, Bruder?« wandte er sich an ihn mit geschickt gespielter Empfindlichkeit. »Ich gebe zu, daß ich in meiner Besorgnis um diese Sachen, die in deinen Augen nur Schund sind, vielleicht zu weit gehe; aber darum braucht man mich noch nicht für egoistisch oder habgierig zu halten; in meinen Augen sind diese beiden geringwertigen Gegenstände eben durchaus kein Schund. Ich habe dir schon vorhin gesagt, daß diese silberne Uhr, die allerdings nur einen sehr geringen materiellen Wert hat, das einzige Stück ist, das aus der Hinterlassenschaft meines Vaters übrig ist. Über mich kannst du meinetwegen lachen; aber meine Mutter ist jetzt hier angekommen«, hier wandte er sich auf einmal an Porfirij, »und wenn sie erführe«, er drehte sich schnell wieder zu Rasumichin und gab sich besondere Mühe, seiner Stimme einen zitternden Klang zu geben, »daß diese Uhr verlorengegangen wäre, so würde sie rein in Verzweiflung sein, kann ich dir sagen! Das ist bei Frauen nun einmal so!«

      »Aber nein, nein! So habe ich es ja gar nicht gemeint! Ganz im Gegenteil!« rief Rasumichin tief gekränkt.

      ›Habe ich das auch gut gemacht?‹ überlegte Raskolnikow ängstlich im stillen. ›Kam es auch natürlich heraus? Habe ich auch nicht zu stark aufgetragen? Warum habe ich das von den Frauen gesagt?‹

      »Ah, Ihre Frau Mutter ist hergekommen?« erkundigte sich Porfirij Petrowitsch.

      »Ja.«

      »Wann denn?«

      »Gestern abend.«

      Porfirij schwieg und schien etwas zu überlegen.

      »Verlorengehen konnten Ihre Pfandstücke in keinem Falle«, fuhr er kühl und ruhig fort. »Ich habe schon lange erwartet, daß Sie zu mir kommen würden.«

      Und als hätte er nichts Besonderes gesagt, stellte er bedächtig den Aschbecher vor Rasumichin hin, der die Asche von seiner Zigarette achtlos hatte auf den Teppich fallen lassen. Raskolnikow fuhr zusammen; aber Porfirij schien es nicht zu bemerken, sondern immer noch mit Rasumichins Zigarette seine Sorge zu haben.

      »Was? Was? Erwartet hast du ihn? Hast du denn gewußt, daß auch er da etwas versetzt hatte?«

      Porfirij Petrowitsch wandte sich direkt an Raskolnikow:

      »Ihre beiden Sachen, der Ring und die Uhr, waren bei ihr in ein und dasselbe Stück Papier eingewickelt, und auf dem Papier stand, deutlich mit Bleistift geschrieben, Ihr Name sowie auch das Datum, wann sie die Sachen von Ihnen erhalten hatte …«

      »Das haben Sie sich ja aber außerordentlich scharf eingeprägt!« erwiderte Raskolnikow mit ungeschicktem Lächeln, wobei er sich große Mühe gab, ihm gerade in die Augen zu sehen; ohne genau zu überlegen, fuhr er fort: »Ich meine, weil es sich doch gewiß um sehr viele Verpfänder handelte, so daß es Ihnen schwer werden mußte, alle einzelnen im Gedächtnis zu behalten … Aber trotzdem erinnern Sie sich so genau an alle, und … und …«

      ›Das war dumm von mir! Sehr schwach! Warum habe ich das nur noch hinzugefügt?‹ dachte er.

      »Beinahe alle Verpfänder haben sich jetzt schon gemeldet; nur Sie waren noch nicht gekommen«, antwortete Porfirij mit einem kaum bemerkbaren Anflug von Spott.

      »Ich war nicht recht gesund.«

      »Auch davon habe ich gehört. Ich habe auch gehört, daß Sie aus irgendwelchem Anlaß mit Ihren Nerven in Unordnung gekommen seien. Sehen Sie nicht auch heute etwas blaß aus?«

      »Ich bin gar nicht blaß, … im Gegenteil, ich bin vollkommen gesund!« entgegnete mit plötzlich verändertem Tone Raskolnikow, unhöflich und ärgerlich.

      Die Wut kochte in ihm, und er konnte ihrer nicht mehr Herr werden.

      ›In der Wut werde ich unbedacht reden!‹ fuhr es ihm wieder durch den Kopf. ›Warum martern sie mich denn eigentlich?‹

      »Nicht recht gesund, sagt er, wäre er gewesen!« mischte sich Rasumichin ein. »Na, das ist denn aber doch eine Verdrehung! Bis gestern war er ohne Besinnung und phantasierte … Denk dir mal, Porfirij, er konnte sich kaum auf den Füßen halten; aber sowie wir, ich und Sossimow, gestern den Rücken gewandt hatten, zog er sich an, lief heimlich fort und trieb sich fast bis Mitternacht umher, und zwar in vollständigem Fieberzustande, sage ich dir; kannst du dir so etwas vorstellen? Ein ganz merkwürdiger Fall!«

      »Wirklich in vollständigem Fieberzustande? Sagen Sie mal, ist das möglich?« rief Porfirij und schüttelte in einer Art, wie man das sonst bei Weibern sieht, den Kopf.

      »Ach, dummes Zeug! Glauben Sie doch so etwas nicht! Übrigens glauben Sie es ja sowieso nicht!« Die letzten Worte ließ sich Raskolnikow in seiner Wut entschlüpfen.

      Jedoch Porfirij Petrowitsch schien diese sonderbare Bemerkung gar nicht gehört zu haben.

      »Aber dein Weggehen läßt sich doch überhaupt nur aus deinem Fieberzustande erklären!« ereiferte sich Rasumichin. »Warum bist du ausgegangen? Zu welchem Zwecke? Und warum gerade heimlich? Hattest du etwa damals deinen gesunden Verstand? Jetzt, wo alle Gefahr geschwunden ist, kann ich ja offen mit dir darüber reden!«

      »Ich konnte die beiden gestern schlechterdings nicht mehr ausstehen«, wandte sich Raskolnikow an Porfirij und lächelte dabei dreist und herausfordernd, »darum lief ich ihnen davon, um mir eine andre Wohnung zu mieten, damit sie mich nicht auffinden könnten, und nahm eine beträchtliche Geldsumme mit. Herr Sametow hier hat das Geld gesehen. Nun, Herr Sametow, war ich gestern bei Verstande, oder hatte ich Fieber? Entscheiden Sie den Streit!«

      Er hätte in diesem Augenblicke Sametow am liebsten erwürgt. Die Art, wie dieser ihn bisher schweigend angesehen hatte, brachte ihn auf.

      »Meiner Ansicht nach redeten Sie sehr verständig und sogar schlau; nur waren Sie von einer übermäßigen Reizbarkeit«, erwiderte Sametow trocken.

      »Und heute erzählte mir Nikodim Fomitsch«, sagte Porfirij Petrowitsch, »er habe Sie gestern zu sehr später Stunde in der Wohnung eines überfahrenen


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