Gesammelte Werke von Dostojewski. Федор Достоевский

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Gesammelte Werke von Dostojewski - Федор Достоевский


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kommt es so heraus, daß da statt all dessen nur ein einziges kleines Zimmerchen ist, so in der Art wie eine Badestube auf dem Lande, ganz verräuchert, und in allen Ecken Spinnen, und das ist dann die ganze Ewigkeit. Wissen Sie, mir schwant manchmal so etwas in der Art.«

      »Stellen Sie sich wirklich, wirklich nichts Tröstlicheres und Gerechteres unter der Ewigkeit vor als dies?« rief Raskolnikow in heftiger Erregung.

      »Etwas Gerechteres? Woher soll man’s wissen, vielleicht ist das so, wie ich mir das ausmale, ganz gerecht; und wissen Sie, wenn’s von mir abhinge, ich würde die Ewigkeit jedenfalls absichtlich so einrichten«, erwiderte Swidrigailow mit einem nicht recht verständlichen Lächeln.

      Kälte überrieselte auf einmal Raskolnikow bei dieser widerwärtigen Antwort. Swidrigailow hob den Kopf, blickte ihn unverwandt an und brach plötzlich in ein Gelächter aus.

      »Nein«, rief er, »überlegen Sie bloß mal: vor einer halben Stunde hatten wir einander noch nicht gesehen, wir halten uns für Feinde, es liegt noch ein unerledigtes Geschäft zwischen uns – und nun haben wir Geschäft Geschäft sein lassen und sind tief in solche metaphysischen Fragen hineingeraten! Nun, habe ich nicht die Wahrheit gesagt, daß wir Geistesverwandte sind?«

      »Haben Sie die Güte«, erwiderte Raskolnikow gereizt, »mir möglichst schnell mitzuteilen, warum sie mir die Ehre Ihres Besuches erwiesen haben, … und … und … ich bin sehr in Eile, ich habe keine Zeit, ich möchte fortgehen …«

      »Ganz wie Sie wünschen, ganz wie Sie wünschen! Ihre Schwester, Awdotja Romanowna, heiratet Herrn Pjotr Petrowitsch Lushin?«

      »Ich möchte Sie bitten, jede Frage, die meine Schwester betrifft, zu vermeiden und ihren Namen überhaupt nicht zu erwähnen. Es ist mir geradezu unverständlich, wie Sie sich erdreisten können, in meiner Gegenwart ihren Namen auszusprechen, wenn Sie wirklich Swidrigailow sind.«

      »Ich bin ja aber gerade deshalb hergekommen, um über sie zu sprechen; wie soll ich es denn da machen, ihren Namen nicht auszusprechen?«

      »Nun gut; dann reden Sie, aber recht schnell!«

      »Ich bin überzeugt, daß Sie sich über diesen Herrn Lushin, einen Verwandten meiner Frau, bereits ein Urteil gebildet haben, wenn Sie ihn auch nur eine halbe Stunde gesehen oder etwas Zuverlässiges und Genaueres über ihn gehört haben. Er ist kein Mann für Awdotja Romanowna. Meiner Ansicht nach bringt sich Awdotja Romanowna dabei in höchst großmütiger und uneigennütziger Weise zum Opfer für … für ihre Familie. Nach allem, was ich über Sie gehört habe, glaubte ich, Sie würden Ihrerseits recht zufrieden sein, wenn diese Heirat unterbliebe, ohne daß die Interessen der Familie dabei zu Schaden kämen. Und jetzt, nachdem ich Sie persönlich kennengelernt habe, bin ich davon sogar fest überzeugt.«

      »Alles sehr naiv von Ihnen; Pardon, ich wollte sagen: sehr unverschämt«, erwiderte Raskolnikow.

      »Sie wollen wohl damit sagen, daß ich egoistische Absichten verfolge. Aber seien Sie unbesorgt, Rodion Romanowitsch; wenn ich mein eigenes Interesse im Auge hätte, dann würde ich nicht so offen reden; so dumm bin ich denn schließlich doch auch nicht. In dieser Hinsicht möchte ich Ihnen eine psychologisch merkwürdige Mitteilung machen. Als ich vorhin meine Liebe zu Awdotja Romanowna rechtfertigte, sagte ich, daß ich selbst dabei ein Opfer gewesen sei. Nun, so will ich Ihnen nicht verhehlen, daß ich jetzt keine Liebe zu ihr empfinde, aber auch gar keine, so daß mir das selbst sonderbar vorkommt, weil ich doch tatsächlich etwas Derartiges empfunden hatte …«

      »Das kam von Ihrem Müßiggange und Ihrer Sittenlosigkeit her«, unterbrach ihn Raskolnikow.

      »Ein Müßiggänger und unsittlicher Mensch bin ich freilich. Indessen besitzt andrerseits Ihre Schwester so viele Vorzüge, daß auch ich einfach nicht imstande war, mich eines gewissen Eindrucks zu erwehren. Aber das alles ist dummes Zeug, wie ich jetzt selbst einsehe.«

      »Sind Sie schon lange zu dieser Einsicht gelangt?«

      »Die ersten Anfänge dieser Erkenntnis liegen schon weiter zurück; endgültig habe ich mich davon vorgestern überzeugt, fast genau in dem Augenblicke, als ich in Petersburg ankam. Noch in Moskau hatte ich die Vorstellung, daß ich diese Reise machte, um mich um Awdotja Romanownas Hand zu bewerben und mit Herrn Lushin zu rivalisieren.«

      »Entschuldigen Sie, daß ich Sie unterbreche; aber haben Sie die Güte, sich kurz zu fassen und ohne Umschweife auf den Zweck Ihres Besuches zu kommen. Ich bin in Eile, ich muß fortgehen …«

      »Mit dem größten Vergnügen! Da ich hierher nach Petersburg gekommen bin und jetzt eine … eine größere Reise anzutreten beabsichtige, so möchte ich gern vorher einige notwendige Anordnungen treffen. Meine Kinder sind bei ihrer Tante geblieben; sie sind reich; mich persönlich haben sie in keiner Weise nötig. Ich bin ja auch ein schlechter Vater. Für mich habe ich nur das genommen, was mir Marfa Petrowna vor einem Jahre geschenkt hat. Daran habe ich genug. Entschuldigen Sie, ich komme sofort zur Sache. Vor meiner Reise, die vielleicht bald zur Ausführung gelangt, möchte ich auch die Angelegenheit mit Herrn Lushin erledigen. Nicht eigentlich, daß er mir unausstehlich wäre; aber um seinetwillen kam es zwischen mir und Marfa Petrowna zu diesem unangenehmen Streite, als ich erfuhr, daß sie diese Heirat in die Wege geleitet hatte. Ich möchte nun jetzt durch Ihre Vermittlung eine Zusammenkunft mit Awdotja Romanowna haben und ihr – meinetwegen in Ihrer Gegenwart – erstens klarmachen, daß sie von Herrn Lushin nicht nur nicht den geringsten Vorteil, sondern sogar mit Sicherheit einen entschiedenen Schaden zu erwarten hat. Dann möchte ich sie wegen all der Unannehmlichkeiten, die sie unlängst durch meine Schuld zu erleiden gehabt hat, um Verzeihung bitten und um die Erlaubnis nachsuchen, ihr zehntausend Rubel anzubieten und ihr auf diese Weise die Auflösung ihrer Verlobung mit Hern Lushin zu erleichtern; dieser Auflösung würde sie nach meiner Überzeugung selbst nicht abgeneigt sein, wenn sich eine äußere Möglichkeit dazu darböte.«

      »Aber Sie sind ja tatsächlich verrückt!« rief Raskolnikow, weniger zornig als erstaunt. »Wie können Sie sich unterstehen, so etwas zu sagen!«

      »Das hatte ich mir vorher gedacht, daß Sie ein Geschrei erheben würden; aber erstens habe ich, obwohl ich nicht gerade ein reicher Mann bin, diese zehntausend Rubel übrig, das heißt, ich habe sie gar nicht nötig, absolut nicht nötig. Wenn Awdotja Romanowna sie nicht nimmt, so gebe ich sie vielleicht auf noch törichtere Weise aus. Das ist das eine. Und zweitens: mein Gewissen ist vollkommen ruhig; ich biete ihr das Geld ohne alle egoistischen Absichten an. Mögen Sie es jetzt glauben oder nicht, aber später werden Sie und Awdotja Romanowna es einsehen. Der Beweggrund für meine Handlungsweise ist einzig und allein dieser: da ich Ihrer hochverehrten Schwester tatsächlich mancherlei Unruhe und Unannehmlichkeiten verursacht habe, so hege ich im Gefühle aufrichtiger Reue den herzlichen Wunsch, nicht etwa mich durch Geld von dem Verschulden zu befreien oder ihr die Unannehmlichkeiten zu bezahlen, sondern ganz einfach etwas zu tun, was ihr Vorteil bringt; es steht ja nirgends geschrieben, daß ich immer nur Schlechtes tun muß. Wenn in meinem Anerbieten auch nur die geringste Spur von egoistischen Absichten steckte, so würde ich ihr doch das Geld nicht so offen anbieten, und ich würde ihr auch nicht bloß zehntausend anbieten, da ich ihr ja vor kaum fünf Wochen eine weit größere Summe angeboten habe. Außerdem werde ich vielleicht in nächster, allernächster Zeit ein junges Mädchen heiraten, so daß auch schon dadurch jeder Verdacht, als hätte ich irgendwelche bösen Anschläge gegen Awdotja Romanowna vor, schwinden muß. Zum Schlusse möchte ich nur hinzufügen, daß Awdotja Romanowna, wenn sie Herrn Lushin heiratet, ja dasselbe Geld annimmt, nur von anderer Seite … Ärgern Sie sich nicht, Rodion Romanowitsch, sondern überlegen Sie sich die Sache ruhig und kaltblütig.«

      Swidrigailow selbst war, während er dies sagte, außerordentlich kaltblütig und ruhig.

      »Ich bitte Sie, nun damit aufzuhören«, sagte Raskolnikow. »Jedenfalls ist Ihr Anerbieten von einer unverzeihlichen Dreistigkeit.«

      »Ganz und gar nicht. Sonst könnte ja auf dieser Welt ein Mensch einem andern nur Böses antun und hätte um leerer konventioneller Formen willen kein Recht, ihm auch einmal ein klein bißchen Gutes zukommen zu lassen. Das wäre ja sinnlos. Wenn ich zum Beispiel gestorben wäre und Ihrer Schwester diese Summe testamentarisch hinterlassen hätte, würde sie sich etwa auch dann weigern, sie anzunehmen?«

      »Sehr


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