Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola Maybach

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Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach


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      »Darf ich einen Vorschlag machen, Frau Baronin?«, fragte Eberhard Hagedorn.

      »Wir bitten sogar darum, Herr Hagedorn.«

      »Wir sollten einen Salon umräumen, denn sonst muss man ständig die Treppe hinauf und hinunter, das kostet zu viel Zeit und ist zu umständlich. Während hier unten …«

      »Vollkommen richtig«, erklärte der Arzt. »Wenn das möglich wäre?«

      »Natürlich ist das möglich, nehmen Sie das bitte in die Hand, Herr Hagedorn.«

      »Wer kann mir bei der Entfernung der Kugel behilflich sein?«, fragte Dr. Brocks. »Ich brauche jemanden, der mir assistiert und dem nicht schlecht wird, wenn Blut fließt.«

      Diese Aufgabe übernahm der Baron.

      Sobald der Salon für den verletzten Mann hergerichtet war, machte sich Dr. Brocks ans Werk. Er brauchte nicht länger als eine Viertelstunde, um die Kugel aus dem Bein zu holen.

      Beide Männer waren blass, als sie zu den anderen zurückkehrten. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass nicht das geflossene Blut dafür verantwortlich war, sondern etwas anderes.

      Mit tonloser Stimme sagte der Baron: »Wir haben seine Sachen durchsucht – und absolut nichts gefunden, keine Geldbörse, keine Ausweispapiere, keine Schlüssel. Wir haben also keine Ahnung, wer der Mann ist. Seine Sachen müssen ihm abgenommen worden sein.«

      Er machte eine kurze Pause. »Das ist aber noch nicht alles. Wir sind von einem Jagdunfall ausgegangen, doch das war es nicht. Die Kugel stammt aus einem Revolver. Es sieht also ganz danach aus, als hätte jemand absichtlich auf den Mann geschossen.«

      *

      »Und? Was habt ihr noch gemacht?«, fragte Cosima, als Felicitas nach Hause kam. Sie fragte eher routinemäßig, denn sie wusste ja schon vorher, wie die Antwort ausfallen würde: nichtssagend nämlich. Und genau so kam es auch.

      »Eis gegessen und etwas geredet«, erwiderte ihre Schwester. »Bist du mit deiner Arbeit weitergekommen?«

      »Ja, ganz gut«, log Cosima. »Hinterher habe ich noch im Internet nach Informationen über Adalbert von Brühl gesucht – ich dachte, vielleicht pflastern Skandale seinen Weg. Aber Fehlanzeige.«

      »An was für Skandale hattest du denn gedacht?«, erkundigte sich Felicitas mit einem Lächeln.

      »Ich dachte, dass er zumindest seine Freundinnen wechselt wie die Hemden und sie schlecht behandelt und so – aber ich habe nichts dergleichen gefunden.«

      »Dass du dir überhaupt die Mühe gemacht hast, Informationen über ihn zu suchen«, wunderte sich Felicitas. »Interessierst du dich irgendwie für ihn?«

      »Nein, das würde ich nicht sagen«, erklärte Cosima nachdenklich. »Aber mir passiert es selten, dass ich jemanden auf Anhieb unsympathisch finde – und bei ihm war das der Fall. Ich habe mich gefragt, warum.«

      »Wegen seiner selbstgefälligen Art«, meinte Felicitas. »Mir ging es ja ähnlich.«

      »Andere sind auch selbstgefällig, über die amüsiere ich mich dann, und fertig. Aber ihn mochte ich nicht, es war eine richtige, ausgeprägte Abneigung, die ich gegen ihn empfunden habe, Feli.« Cosima seufzte. »Na ja, ist auch nicht so wichtig. Ich dachte nur, wenn ich herausfinde, dass er vielleicht seine Geschäftsfreunde abzockt oder all seine Freundinnen betrügt, dann kann ich mir einbilden, ich hätte ihm das angesehen und ihn deshalb nicht leiden können. Aber, wie gesagt: Fehlanzeige auf der ganzen Linie. Kein einziger Skandal bisher.«

      »Manchmal hast du wirklich ulkige Ideen«, stellte Felicitas fest.

      »Kann sein«, murmelte Cosima und zuckte mit den Schultern. »Sag mal, und Niko hat überhaupt nichts Interessantes erzählt?«

      »Nein – wir führen halt alle ein ziemlich ereignisloses Leben«, antwortete Felicitas. »Ich muss duschen, ich bin total durchgeschwitzt.« Mit diesen Worten verließ sie eilig das Zimmer.

      Cosima seufzte. Konnte ihre Schwester ihr nicht endlich gestehen, dass sie bis über beide Ohren in Niko verliebt war? Felicitas’ fehlendes Vertrauen kränkte sie!

      *

      Nachdem Niko sich von Felicitas verabschiedet hatte, machte er sich auf den Weg zu Simone. Wie immer parkte er den Wagen einige Straßen weiter und sah sich unauffällig um, bevor er bei seiner Freundin klingelte. Er hasste diese Heimlichkeiten, und schon deshalb war er wild entschlossen, seinen Vorsatz in die Tat umzusetzen: Dieses würde die letzte Woche sein, in der er seine Liebe zu Simone versteckte.

      Kaum hatte sie geöffnet, als er sie auch schon in seine Arme zog und küsste. »Ich habe dich ver­misst«, flüsterte er.

      »Niko!«, krähte Cleo aus dem Wohnzimmer.

      »Ich komme gleich, Cleo!«, rief er zurück. »Einen Moment noch. Zuerst muss ich deine Mama begrüßen.«

      Cleo kicherte. »Aber du musst sofort kommen, deine Mama ist nämlich hier!«

      Niko, der Simone bereits wieder küsste, erstarrte zu Eis, als er den Sinn von Cleos Worten erfasste. »Wie bitte?«, krächzte er und sah Simone fragend an.

      Sie lächelte entschuldigend und entwand sich seinen Armen. »Es stimmt, was Cleo sagt, komm mit!«

      Er folgte ihr wie betäubt. Nie würde er den Anblick vergessen, der sich ihm im Wohnzimmer bot: Seine Mutter hatte Bruno auf dem Schoß, der ihre edle Seidenbluse großzügig mit Brei verschmiert hatte, was sie seltsamerweise nicht sonderlich zu kümmern schien. Auf dem Tisch, an dem sie saß, war ein riesiges Puzzle ausgebreitet, und genau in dem Moment, als er zur Tür hereinkam, rief sie triumphierend: »Hier, Cleo! Ich glaube, das gehört hierher, probier es mal aus!«

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