Rückruf Null. Джек Марс
Читать онлайн книгу.ein hochstehendes Mitglied des nationalen Sicherheitsrates und Marias Vater, wurde zum zwischenzeitlichen Direktor der Agentur ernannt und überblickte die Überprüfung jeder dort arbeitenden Person, bis ein neuer Direktor ernannt wurde, ein ehemaliger Direktor der nationalen Nachrichtendienste, der sich Edward Shaw nannte.
Maria Johansson wurde zur Deputy Direktorin der Division für Sondereinsätze ernannt -ein Posten, der zuvor dem jetzt verstorbenen Shawn Cartwright gehörte, Nulls altem Chef. Sie wiederum hatte Todd Strickland zum Sonderermittler ernannt, ein Posten, der zuvor durch einen bestimmten Agenten Kent Steele besetzt war.
Und sie tat ihre Arbeit gut. Unter ihrer Führung gäbe es keine Korruption, keine abtrünnigen Agenten wie Jason Carver und keine düsteren Verschwörer wie Ashleigh Riker. Es war trotzdem offensichtlich, dass sie immer noch die Einsätze vermisste. Es geschah nicht oft, doch manchmal begleitete sie ihr Team auf einen Einsatz.
Null hingegen war nicht zurückgekehrt. Nicht zur CIA, nicht mal zur Universität. Er war zu nichts zurückgekehrt.
„Wie läuft’s in der Werkstatt?” fragte er Alan, um das Thema zu etwas anderem als ihn selbst und seiner griesgrämigen Introspektion zu wechseln.
„Ich halte mich beschäftigt”, erwiderte Reidigger locker. Ihm gehörte die Third Street Garage, die, trotz Alans Hintergrund als Spion und versteckter Einsatzagent, tatsächlich eine Werkstatt war. „Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Was macht der Keller?”
Null rollte mit den Augen. „Der ist noch nicht fertig.” Nachdem seine Mädchen ihn verlassen hatten, konnte er einfach nicht weiter alleine in dem Haus in Alexandria leben. Er stellte es zum Verkauf bereit und nahm das erste Angebot entgegen. Er und Maria hatten ihre Beziehung bis dahin schon öffentlich gemacht und auch sie wollte etwas Veränderung, also kauften sie ein kleines Haus in einem Vorort von Langley, nicht weit des Hauptquartiers der CIA. Der Makler nannte es einen “Bungalow im Handwerksstil”. Es war ein einfaches Haus, was ihnen beiden guttat. Eines der vielen Dinge, die er mit Maria gemeinsam hatte, war ihr Verlangen nach Einfachheit. Sie hätten sich etwas Größeres, Moderneres leisten können, doch das kleine, einstöckige Haus kam ihnen gerade recht. Es war gemütlich, angenehm, hatte ein großes Panoramafenster vorne, ein großes Schlafzimmer im Dachgeschoss und einen unfertigen Keller, mit glatten Betonwänden und -boden.
Etwa vier Monate zuvor, als der Sommer begann, hatte Null die Idee, den Keller fertigzustellen und ihn in nutzbaren Lebensraum zu verwandeln. Seitdem hatte er den Keller mit Holzgerüst und ein wenig flauschig rosa Isoliermaterial ausgelegt.
In letzter Zeit erschöpfte ihn der bloße Gedanke, dort wieder hinunterzugehen.
„Sag mir einfach Bescheid, falls du Hilfe brauchst”, bot Alan sich an.
„Ja.” Alan bot ihm jede Woche seine Hilfe an. „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.”
„Vielleicht wäre es das, wenn sie Bauunternehmer angeheuert hätten, die wussten was sie taten.” Alan zwinkerte.
Null schnaubte verächtlich, doch lächelte. Die Dose in seiner Hand fühlte sich leicht an, zu leicht. Er schüttelte sie und war überrascht, dass sie leer war. Er erinnerte sich nicht einmal daran, einen Schluck genommen zu haben oder überhaupt den Geschmack bemerkt zu haben. Er stellte sie auf die Veranda neben sich und griff nach einer weiteren.
„Vorsicht”, warnte ihn Reidigger grinsend. Er zeigte auf Nulls Taille und den Wanst, der sich dort entwickelte.
„Ja, ja.” Dann hatte er also ein paar Pfund in seinem Halbruhestand zugenommen. Zehn, vielleicht auch fünfzehn. Er war sich nicht sicher und würde ganz bestimmte nicht auf eine Waage steigen, um es herauszufinden. „Guck mal wer da spricht.”
Reidigger lachte. Er sah lange nicht mehr wie der Agent mit dem runden Gesicht, dem jungenhaften Aussehen und dem sturen, dicken Rumpf aus, den Null vier Jahre zuvor kannte. Um sein Aussehen nach seinem gefälschten Tod zu verstecken und sein Alias als der Mechaniker namens Mitch einzunehmen, hatte Alan mindestens zwanzig Kilo zugenommen, sich einen buschigen, graugefleckten Bart wachsen lassen und trug ständig eine Fernfahrermütze tief ins Gesicht gezogen, deren Rand permanent mit Schweiß und dunklen, öligen Fingerabdrücken befleckt war.
Die Mütze war so allgegenwärtig geworden, dass Null sich wunderte, ob er sie auch im Bett trüge.
„Was, das hier?” Reidigger kicherte wieder und haute sich auf den Bauch. „Das sind alles Muskeln. Weißt du, ich geh zwei Mal pro Woche zum Fitnessstudio. Dort gibt es einen Boxring. Die jungen Kerle machen sich gern über die älteren lustig. Direkt bevor ich ihnen den Arsch versohle.” Er nahm einen Schluck und fügte hinzu: „Du solltest mal mitkommen. Normalerweise gehe ich -”
„Dienstags und Donnerstags”, beendete Null seinen Satz für ihn. Auch dieses Angebot machte Alan jede Woche.
Er wusste seine Anstrengen zu schätzen. Er wusste es zu schätzen, dass Alan so oft vorbeikam, um mit seinem alten Freund im Garten zu sitzen und zu plaudern. Er wusste die Besuche und die Versuche, ihn aus dem Haus zu bekommen, die jedes Mal halbherziger wurden, zu schätzen.
Die Wahrheit war, dass er ohne die CIA, die Vorlesungen oder seine Töchter sich nicht wie er selbst fühlte und das hatte zu einer Art Krankheit in seinem Gehirn geführt, ein generelles Unwohlsein, dass er anscheinend einfach nicht abschütteln konnte.
Die Glasschiebetür öffnete sich plötzlich und beide Männer drehten sich um und beobachteten, wie Maria in den Oktobernachmittag heraustrat. Sie war vornehm mit einem weißen Blazer mit schwarzen Hosen und einem dünnen Goldkettchen gekleidet. Ihr blondes Haar fiel ihr um die Schultern und dunkle Wimperntusche akzentuierte ihre grauen Augen.
Es war seltsam, doch für einen kurzen Augenblick überkam Null Eifersucht, als er sie sah. Wo er steckenblieb, war sie aufgeblüht. Doch er verdrängte auch das, stopfte es tief in das finstere Moor seiner unterdrückten Gefühle und sagte sich, dass er sich freute, sie zu sehen.
„Hallo Jungs”, sagte sie lächelnd. Sie schien guter Laune. Ihre Gemütsstimmung bei Ankunft zu Hause nach der Arbeit war ebenso wechselhaft wie ihre seltsamen Arbeitsstunden. „Alan, schön dich zu sehen.” Sie neigte sich, um ihn zu umarmen.
„Erstaunt” war nicht unbedingt das Wort, das Null einfiel, als Maria entdeckte, dass Alan nicht nur weiterhin am Leben war, sondern sich in einer Werkstatt weniger als dreißig Minuten von Langley entfernt versteckte. Doch sie nahm die Nachricht auf - ein harter Schlag auf die Schulter und ein strenge Rüge, die aus „das hättest du uns sagen sollen!” war anscheinend alle Katharsis, die sie brauchte.
„Hallo Kent.” Sie küsste ihn, bevor sie ein Bier aus Alans Sechserpack nahm und sich zu ihnen setzte. „War es ein guter Tag?”
„Ja.” Er nickte. „Ein guter Tag.” Er ging nicht weiter darauf ein, denn er hätte ihr nur erzählen können, dass er den Tag damit verbracht hatte, alte Filme zu sehen, zu schlafen und ein wenig darüber nachzudenken, in den wartenden, unfertigen Keller zurückzukehren. „Und du?”
Sie zuckte mit den Schultern. „Besser als die meisten.” Sie sprach für gewöhnlich nicht viel über ihre Arbeit mit ihm - das lag nicht nur an der Sicherheitsfreigabe, die Null gerade nicht hatte, sondern auch an der unausgesprochenen Angst (dies nahm Null zumindest an), dass es ihn aufregen könnte, eine alte Erinnerung hervorrufen oder ihn dazu inspirieren könnte, wieder mitzumischen. Es schien, dass es ihr gefiel, wo er war. Doch sein Verdacht darüber war eine ganz andere Angelegenheit.
„Kent”, sagte sie, „vergiss nicht, dass wir Pläne fürs Abendessen haben.”
Er lächelte. „Ach so, natürlich.” Er hatte den Gast nicht vergessen, den sie an diesem Abend empfangen würden. Doch er versuchte aktiv, nicht daran zu denken.
Kent.
Sie war die Einzige, die ihn noch so nannte.
Agent Kent Steele war sein Alias bei der CIA gewesen,