Sophienlust 305 – Familienroman. Bettina Clausen

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Sophienlust 305 – Familienroman - Bettina Clausen


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      Rührend, dachte Andrea. »Und wie bist du hierhergekommen?«, fragte sie.

      »Mit dem Bus. Aber Mutti weiß nichts davon«, fügte der Junge kleinlaut hinzu.

      »Und dein Vati?«, fragte Andrea.

      »Auch nicht.«

      Seufzend stand Andrea auf.

      »Du wirst mich doch nicht verraten?«, fragte Teddy besorgt.

      Lächelnd drehte Andrea sich um. »Nein, ganz bestimmt nicht. Aber du musst wieder nach Hause fahren. Sonst wird man dich vermissen.«

      »Ich fahre ja wieder zum Hotel«, erwiderte Teddy folgsam und stand auf. »Aber meinen Dackel darf ich doch hier lassen, nicht wahr?«

      »Wie lange willst du ihn denn hier lassen?«, erkundigte sich Andrea vorsichtig.

      »Bis ihn der Onkel Doktor wieder gesund gemacht hat. Er macht das doch?« Eine bange Falte bildete sich auf Teddys Stirn.

      Andrea nickte. »Ich glaube schon. Sag deiner Mutti …«

      »Nein«, fiel Teddy ihr ängstlich ins Wort. »Sie darf doch nicht wissen, dass Xanti hier ist.«

      »Ach, so ist das.«

      »Ich habe den Dackel doch heimlich weggebracht«, erklärte Teddy. »Damit er nicht sterben muss. Er ist doch noch viel zu jung zum Sterben.« Diese Redewendung hatte er irgendwo aufgefangen.

      Andrea unterdrückte ein Schmunzeln. »Und wie willst du deiner Mutti erklären, dass Xanti plötzlich verschwunden ist?«

      »Ich sage einfach, dass ich nicht weiß, wo Xanti ist. Sie kann doch weggelaufen sein. Und wenn sie wieder gesund ist, dann hole ich sie wieder bei dir ab«, meinte er vertraulich.

      Andrea fand den kleinen Kerl hinreißend. »Einverstanden«, erklärte sie. »Und jetzt bringe ich dich zurück nach Maibach.«

      »Au ja«, meinte Teddy begeistert. »Dann brauche ich nicht mit dem Bus zu fahren.« Zutraulich griff er nach Andreas Hand und ging mit ihr in die Garage.

      Auf dem Weg nach Maibach erzählte er ihr von seiner Mutter, die eigentlich gar nicht seine richtige Mutti sei.

      »Eine Stiefmutti?«, fragte Andrea überrascht.

      Er nickte. »Und eine garstige noch dazu.«

      »Wirklich?« Andrea wollte den Jungen zum Sprechen bringen, aber das war gar nicht so schwer. Teddy klagte ihr ausführlich sein Leid. Nicht nur zu ihm sei die Mutter garstig, auch Xanti könne sie nicht leiden.

      »Und dabei ist die arme Xanti so brav. In den letzten Tagen lag sie dauernd in ihrem Körbchen und hat sich nicht gemuckst. Aber trotzdem hatte Mutti sie auf den Hof hinausgestellt. Nicht einmal im Zimmer durfte die Arme bleiben.«

      Das scheint wirklich eine Rabenmutter zu sein, dachte Andrea. Teddy tat ihr leid. Deshalb versprach sie, ihm zu helfen. »Weißt du was? Ich komme morgen nach Maibach in euer Hotel«, sagte sie.

      »Erzählst du mir dann, wie es Xanti geht?«, fragte Teddy aufgeregt.

      »Mach ich.«

      »Aber Mutti darf davon nichts erfahren. Sonst wird sie böse.«

      »Dann treffen wir uns eben heimlich«, schlug Andrea vor.

      Teddy klatschte begeistert in die Hände, und Andrea fühlte sich plötzlich um einige Jahre jünger. Dieses kleine Komplott mit Teddy machte ihr Spaß.

      Andrea setzte den Jungen in der Nähe des Hotels ab.

      »Bis morgen«, flüsterte Teddy ihr im Verschwörerton zu.

      Andrea nickte und schaute ihm lächelnd nach, als er zielbewusst davonstiefelte. Dann wendete sie und fuhr zurück nach Bachenau.

      Hans-Joachim hatte den kranken Dackel inzwischen untersucht.

      »Wie sieht es aus?«, fragte Andrea besorgt.

      »Nicht gut. Ich weiß nicht, ob er durchkommt. Wenn ich ihn früher zur Behandlung bekommen hätte, hätte ich ihn bestimmt retten können. Wie ist er eigentlich hierhergekommen? Und wem gehört er?« Janosch hatte ihm lauter wirres Zeug erzählt. Doch das, was Andrea nun berichtete, klang auch nicht viel besser.

      Hans-Joachim schüttelte tadelnd den Kopf. »Und mit einem wildfremden Kind, das noch dazu hinter dem Rücken seiner Eltern handelt, schließt du ein Komplott?«

      »Ja«, sagte Andrea eigensinnig. »Weil ich es für richtig hielt. Der Junge hängt doch so sehr an seinem Hund.«

      »Es ist eine Hündin«, korrigierte ihr Mann.

      »Na, dann eben an seiner Hündin. Xanti heißt sie übrigens.«

      »Seltsamer Name.«

      »Egal. Auf jeden Fall kann doch diese Xanti wieder gesund werden«, fuhr Andrea fort. »Gibst du mir darin recht?«

      Hans-Joachim nickte. »Sie kann durchkommen.«

      »Na also. Und da soll der arme Junge zulassen, dass sie eingeschläfert wird? Also, ich finde, manchmal bist du recht herzlos, Hans-Joachim.«

      »Schon gut. Ich sage ja gar nichts mehr, obwohl du dich wieder einmal in Angelegenheiten einmischst, die dich gar nichts angehen.«

      »Es geht um ein Hundeleben«, rief Andrea entrüstet.

      »Ich weiß! Und ich werde es retten, wenn’s möglich ist. Aber …«

      Da fiel Andrea ihrem Mann um den Hals. »Du bist ein Schatz!«

      »Und du bist eine Diplomatin übels­ter Sorte.« Er küsste sie.

      Damit war die Debatte beendet. Andrea wusste, dass sie gesiegt hatte.

      Vor dem Abendessen besuchte sie Xanti. Janosch hatte die Hündin mit in sein Zimmer genommen und in ein Körbchen gelegt. »So ist sie die ganze Nacht unter Aufsicht«, sagte er.

      »Ob sie durchkommt?« Andrea streichelte das stumpfe Fell.

      »Ihr Mann zweifelt daran, Frau von Lehn. Er sagte, das Tier habe sich schwer erkältet. Es hat Lungenentzündung.«

      Andrea nickte. »Ich weiß. Arme kleine Xanti. Du musst nur ein bisschen mithelfen. Pass gut auf sie auf, Janosch.«

      »Mach ich, Frau von Lehn. Mach ich ganz bestimmt. Und wenn die Medizin vom Herrn Doktor nicht hilft, werde ich für die Hündin ein paar Kräuter kochen.«

      »Das kannst du doch auch jetzt schon tun«, sagte Andrea.

      »Nein, nein«, wehrte der alte Mann entschieden ab. »Ich will dem Herrn Doktor nicht ins Handwerk pfuschen.«

      Andrea musste lachen. Sie kannte Hans-Joachims Misstrauen gegen Janoschs Zaubermittel, und sie wusste, wie empfindlich Janosch in dieser Hinsicht war. »Warten wir ab, wie es der armen Xanti morgen geht.«

      »Wie heißt sie?«, fragte Janosch.

      »Xanti«

      »Kommt das von Xanthippe?«

      Verblüfft schaute Andrea auf. »Auf was für Ideen du kommst. Aber es könnte sein. Ich weiß es nicht.«

      »Na, macht nix. Hauptsache, die Kleine wird gesund.«

      »Ja«, sagte Andrea und erhob sich. »Sollte sich Xantis Zustand verschlechtern, dann rufe uns bitte.«

      Janosch versprach es, und Andrea ging zurück in die Villa. Während sie Peterle ins Bett brachte und Marianne bei der Zubereitung des Abendessens half, kehrten ihre Gedanken immer wieder zu dem kranken Hund und zu Teddy, dem Besitzer der Dackelhündin, zurück.

      *

      Niemand hatte Teddys Abwesenheit bemerkt. Am allerwenigsten seine Stiefmutter. Aus Bequemlichkeit ließ sie dem Jungen sehr viel Freiheiten. Sie achtete eigentlich nur darauf, dass er pünktlich zu den Mahlzeiten erschien.

      Als Teddy zurückkam


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