Butler Parker 143 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Butler Parker hatte Mühe, sein Mienenspiel zu beherrschen. Er nahm zur Kenntnis, daß Lady Simpson in ihrer bekannt-ungenierten Art an den Schaltern und Hebeln spielte, die das Armaturenbrett als eine Art Steuerpult zierten. Ihm war klar, daß seine Herrin mit dem Feuer spielte und die sichtbare Lust entwickelte, eine mittlere bis schwere Katastrophe auszulösen. Agatha Simpson war deutlich anzusehen, daß sie sich langweilte und nach einer Abwechslung gierte.
»Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, Mylady«, sagte er höflich und deutete mit seiner schwarz behandschuhten Hand auf das Steuerpult, »aber darf ich höflichst darauf verweisen, daß man sich auf dem befindet, was die Fachleute der Marine eine Tauchfahrt nennen?«
»Warum reden die Herren dann so ununterbrochen?« fragte sie grollend, »warum passiert nichts?«
»Man möchte demonstrieren, Mylady, daß eben nichts passiert«, antwortete Josuah Parker würdevoll, »Mylady nehmen an einer Übungsfahrt eines neuen U-Bootes teil.«
»Das so eng ist wie eine Dose Sardinen«, beschwerte sie sich, »wann endlich beginnt man mit dem Angriff?«
»Dieser Scheinangriff, Mylady, findet bereits statt, wenn ich höflich darauf hin weisen darf.«
»Und warum spüre ich nichts davon? Was soll das alles? Man hat mir einige Delikatessen versprochen.«
»Technischer Art, Mylady«, erinnerte der Butler und versuchte vorsichtig, die ältere Dame vom Steuerpult abzudrängen.
»Was wird wohl passieren, wenn ich auf diesen Knöpfen einige Akkorde spiele?« fragte sie heiter, »Sie ahnen ja nicht, Mr. Parker, wie sehr mich das reizt.«
»Das Boot könnte unter Umständen irregulär reagieren, Mylady.«
»Eine hübsche Vorstellung, Mr. Parker, ich hasse Perfektion.« Agatha Simpson, eine stattliche Matrone, die das sechzigste Lebensjahr überschritten hatte, beugte sich wieder vor und studierte durch ihre Lorgnette eine Reihe von kleinen Signallampen, die wechselweise bunt aufleuchteten. Sie interessierte sich vor allen Dingen für einen roten Knopf, der von einem Drahtkorb geschützt wurde. Sie fingerte an diesem Drahtkorb herum und schaffte es natürlich mit Leichtigkeit, die versteckte Sperre zu lösen und den Drahtkorb hochzukippen.
»Allmächtiger Gott, nein, Mylady!« Eine bestürzte, fast entsetzte Stimme fuhr dazwischen. Dann schob sich ein Offizier der Königlichen Marine sehr entschieden an das Steuerpult und drückte die bereits ausgestreckte Hand der Dame recht energisch hinunter.
»Was erlauben Sie sich, junger Mann?« grollte Lady Simpson prompt. »Diese Manieren schätze ich aber gar nicht.«
»Der Auslöseknopf für die Torpedos, Mylady«, keuchte der Marineoffizier.
»Ich hoffe doch sehr, wir haben welche an Bord, oder?« Die energische Dame ließ sich ablenken.
»Natürlich, Mylady, aber wir sind noch nicht im Zielgebiet.«
»Dann beeilen Sie sich gefälligst«, gab sie verärgert zurück, »Sie haben mir eine Sensation versprochen. Ich möchte endlich was sehen.«
»Ein Bildschirm wartet auf Mylady«, schaltete sich Josuah Parker ein und deutete diskret auf den Kommando- und Gefechtsstand des U-Bootes. Dort standen Marineoffiziere und Zivilisten, die an dieser Übungsfahrt teilnehmen. Sie alle schauten auf einen normal aussehenden Fernseh-Monitor, wo jetzt ein scharf gezeichnetes Bild erschien.
»Eine technische Sensation«, erklärte ein Werftingenieur stolz, das Suchen und Anpeilen durch das übliche Periskop entfällt. Wenn Sie sich überzeugen wollen?«
Lady Agatha wollte.
Sie schob sich ungeniert durch die Gruppe der Marineoffiziere und Regierungsvertreter, pflügte sich weiter durch und genoß dann das Bild auf dem Monitor. Sie sah einen Frachter kleinerer Bauart, der mit Höchstfahrt ablief und zu entkommen versuchte.
Der Kommandant des U-Bootes, der in einem sesselartigen Sitz vor dem Bildschirm saß, drückte auf die Tasten einer Computer-Anlage, die vor ihm an
gebracht war. Auf dem Bildschirm erschienen jetzt Zahlen, Symbole und verschlungene Kurven. Dann leuchtete ein dunkelroter Lichtpunkt auf. Der Kommandant trat mit dem rechten Fuß auf eine Art Pedal, worauf eine leichte Erschütterung durch das Boot ging.
»Vier Raketen-Torpedos«, erklärte der Werftvertreter stolz, »kleiner und schneller als alle bekannten Typen. Sie werden ja sehen.«
Und dann sah man! Schon nach wenigen Minuten schossen vier schmale, hohe Wassersäulen an der Bordwand des Frachters hoch, der sich sofort in Rauch hüllte. Der Kommandant gab dem Computer neue Codesignale ein, worauf der Frachter prompt wieder zu sehen war, aber mehr als undeutlicher Schattenriß.
Er sank bereits.
Seine Bordwand war häßlich aufgerissen. Lecks von der Größe eines Scheunentors ließen das Wasser in den Rumpf einströmen. Nach einigen weiteren Minuten war der Frachter völlig verschwunden. Der Bildschirm zeigte nun wieder eine kaum bewegte See und einen strahlend blauen Himmel.
»Wie in einem guten alten Hollywoodfilm«, sagte Agatha Simpson, »Sie haben uns natürlich einen vorbereiteten Streifen eingespielt, nicht wahr? Mr. Parker, wie nennt man so etwas noch?«
»Mylady denken sicher an eine Video-Kassette«, schlug Josuah Parker vor.
»Sagte ich doch.« Sie nickte gnädig. »Mit solchen Mätzchen können Sie mich kaum beeindrucken, meine Herren.«
*
»Waren es Mätzchen, Parker?« fragte Anwalt Mike Rander. Er hielt sich in seinem Büro in der Curzon Street auf md wußte inzwischen, was sich an Bord des U-Bootes abgespielt hatte.
Mike Rander, vierzig, ein lässiger Typ, der an den Filmschauspieler Roger Moore erinnerte und seinerseits wieder identisch war mit einem gewissen James Bond, sah den Butler lächelnd an.
»Die Versenkung des präparierten Frachters, Sir, spielte sich authentisch ab«, versicherte Josuah Parker, »es wurde per Funk gesteuert und tatsächlich versenkt.«
»Ein teurer Spaß, wie?« Mike Rander schüttelte den Kopf.
»Vor einer grausamen Realität, Sir, wenn man so sagen darf.«
»Ist das neue Klein-U-Boot tatsächlich so gut?«
»Bestürzend, Sir. Nach den Angaben der Werftleitung, die man nur als sehr zurückhaltend bezeichnen darf und sollte, ist es selbst unter Wasser bedeutend schneller als ein Jagd-Zerstörer oder ein Spezial-Schnellboot. Genaue Angaben wurden selbstverständlich nicht gemacht.«
»Und wozu hat man solch ein Ding konstruiert?« wollte der Anwalt wissen.
»Man spricht von einem U-Boot-Killer, Sir. Es soll Jagd auf getauchte Boote seiner Gattung machen. Es ist sehr klein, nur wenig bemannt und verfügt über eine Fülle von elektronischen Geräten aller Art, die man nicht näher bezeichnete.«
»Und die Sache mit dem Monitor, Parker?« Mike Rander hatte nicht zum Kreis der Personen gehört, die zur Demonstration eingeladen worden waren. Dies hatte ihm nichts ausgemacht, denn er war Zivilist durch und durch.
»Es gibt kein Periskop alter Art mehr, Sir«, berichtete Josuah Parker weiter. »Dünne Glasfasern leiten das Bild der Optik in das Bootsinnere und werfen es auf einen Bildschirm. Computer errechnen den eigenen Standort, den des Gegners und dann die Schußposition. Der Kommandant braucht nur noch eine Art Gaspedal zu treten.«
»Wie groß ist denn dieses scheußliche Ding«, fragte Mike Rander weiter, »wieviel Leute sind da an Bord?«
»Genaue Angaben auch darüber wurden tunlichst vermieden, doch meiner bescheidenen Schätzung nach dürfte es sich um etwa 150 bis 170 Tonnen handeln. Die Besatzung besteht aus insgesamt zehn Personen, wenn nicht weniger. Was die Form betrifft, so wurde meine Wenigkeit an die eines Delphins erinnert. An Torpedos der neuen Bauart vermag dieses Klein-U-Boot etwa acht Stück an Bord zu nehmen.«
»Jetzt muß ich wohl auch nach der Reichweite fragen, wie?«
»Sie ist wegen der ungewöhnlich starken Motoren relativ gering,