Butler Parker Box 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Eine Rückkehr ins »Seaside« war für Parker unmöglich.
Dort mußte man inzwischen den niedergeschossenen Agenten namens Joe gefunden haben. Dort wartete ganz sicher die Polizei auf ihn, um ihm sehr neugierige Fragen zu stellen. Da Parker weder Zeit verlieren wollte, noch an weiteren, zusätzlichen Schwierigkeiten interessiert war, entschied er sich für ein nettes Motel am Rande der Ausfallstraße, das in unmittelbarer Nähe der See lag.
Dieses Motel bestand aus einem Wirtschaftsteil, in dem auch die notwendigen Büros untergebracht waren und vielen, kleinen vollklimatisierten Einzelbungalows, in denen kombinierte Wohn- und Schlafzimmer, ein Küchenteil und das obligate Bad untergebracht waren.
Parker ließ sich einen Bungalow anweisen, der sich im äußersten Winkel des Geländes befand. Hier war er nicht nur ungestört, hier konnte er weiteren, ungebetenen Besuchen in aller Ruhe entgegensehen. Bei etwaigen Schießereien wurden so wenigstens keine Motelgäste in Mitleidenschaft gezogen.
Anschließend benutzte Parker den Wagen der Gangster, um am ›Seaside‹ vorbeizufahren. Er war überrascht, keine Polizeifahrzeuge vor dem Motel zu sehen. War die Leiche seines unbekannten Besuchers noch nicht gefunden worden? Standen die Fahrzeuge auf der Rückseite des Hotels?
Parker hielt Ausschau nach seinem Leih-Ford. Der Wagen stand nach wie vor auf dem Parkplatz und schien nicht bewacht zu werden. Eine endgültige Sicherheit besaß Parker natürlich nicht.
Er dachte an sein persönliches Gepäck oben im Hotelzimmer. Es handelte sich zwar nur um etwas Wäsche und um einen Ersatzanzug. Dinge, die sich leicht neu beschaffen ließen. Doch als sparsam veranlagter Mensch wollte Parker nicht unnötig darauf verzichten. Er hielt unweit des ›Seaside‹ an und überlegte, wie er sich sein Gepäck zurückbeschaffen konnte. Er hatte noch keine besonders günstige Lösung gefunden, als plötzlich eine Limousine dicht an seinem Leih-Ford vorbeischoß, scharf abbremste und quer vor ihm anhielt.
Ein Blitzstart des Butlers war damit schon im vorhinein vereitelt worden.
Zwei Männer fielen förmlich aus dem Wagen.
Sie kamen mit schnellen Schritten auf Parkers Ford zu. Und jeder von ihnen hatte seine rechte Hand in die Tasche des Jacketts gesteckt, eine Geste, die dem Butler nun wirklich nicht unbekannt war.
Parker seufzte auf.
Er hatte natürlich mit geübtem Auge festgestellt, daß er zwei Kriminalbeamte vor sich hatte. Sie mußten ihn beim Passieren des »Seaside« gesehen und verfolgt haben. Es zeigte sich wieder einmal, daß Parkers Kleidung, die er doch so sehr schätzte, auch ihre Nachteile hatte. Er fiel damit und darin auf wie ein bunter Hund.
Die beiden Wagentüren des Leih-Ford wurden jäh aufgerissen.
Parker wußte beim besten Willen nicht, in welchen Pistolenlauf er blicken sollte. Er hatte wirklich die freie Wahl, denn beide Zivilisten hatten ihre Schußwaffen gezogen.
»Parker …?« fragte einer der beiden Männer, ein untersetzter, stämmiger Beamter mit eisgrauem Haar und kalten, prüfenden Augen.
»In der Tat, mein Name ist Parker«, erwiderte der Butler höflich. »Was kann und darf ich für Sie tun …?
»Klopfen Sie ihn nach Waffen ab«, sagte der Eisgraue zu seinem wesentlich jüngeren Begleiter. Dieser junge Mann besorgte das mit Routine und nur mühsam gebändigtem Eifer. Er bekam fast Stielaugen, als er die beiden Beuteschußwaffen des Butlers hervorzog.
»Sie sind erst mal verhaftet«, meinte der Eisgraue, der sich innerlich etwas entspannte. »Alles, was Sie jetzt Vorbringen, Parker, kann später gegen Sie verwendet werden.«
»Ich bedanke mich für diesen liebenswürdigen Hinweis«, entgegnete der Butler höflich. »Doch möchte ich gleich betonen, daß ich nichts zu verheimlichen habe, Leutnant Canters …!«
»Sie … Sie kennen mich?« Leutnant Canters hüstelte überrascht.
»Vorerst leider nur dem Namen nach, Sir«, gab der Butler zurück. »Aber ich möchte meiner ehrlichen Hoffnung Ausdruck verleihen, daß sich das noch ändern wird.«
»Dafür garantiere ich, Parker …!«
Leutnant Canters’ Stimme nahm einen drohenden Unterton an. Seine Augen wurden so kalt wie das Tieffrosterfach in einem Kühlschrank.
*
»Eine miesere Geschichte konnten Sie mir wohl nicht auftischen, wie?« Leutnant Canters schüttelte verächtlich den Kopf, als Parker geendet hatte. »Sie erwarten doch nicht, daß ich Ihnen glaube, oder?«
»Ich bin nicht sicher«, gab Parker höflich zurück. Er befand sich seit gut einer Stunde im Büro des Kriminalleutnants und hatte seine Geschichte erzählt.
»Gestehen Sie schon, daß Sie Paul Adams niedergeschossen haben.«
»Mr. Paul Adams ist also jener Unglückliche, der vor meinem und in meinem Hotelzimmer ermordet wurde?«
»Warum fragen Sie noch? Sie müssen ihn ja schließlich gekannt haben. Ich möchte nur wissen, Parker, warum Sie es getan haben …! Ohne Grund schießt man doch keinen Menschen nieder.«
»Vielleicht hängt der Mord an Paul Adams mit seinem Beruf zusammen?« Parker wußte nicht, wohin diese Unterhaltung trieb, doch er versuchte, dem Gespräch eine neue Wendung zu geben. Dazu gehörte es eben, daß er verschiedene Möglichkeiten antippte,
Leutnant Canters nahm einen Schnellhefter hoch, in dem er nachdenklich herumblätterte.
»Paul Adams war technischer Zeichner«, meinte Leutnant Canters dann beiläufig. »Wo sehen Sie da einen Zusammenhang, Parker? Wenn es einen gibt, dann können nur Sie ihn genau kennen.«
»Erlauben Sie mir eine weitere Frage? »
»Schön, schießen Sie los, Parker.«
»Darf ich fragen, in welchem Betrieb Mr. Adams als technischer Zeichner gearbeitet hat?«
»Bei Professor Manfield …!« Canters schien erst jetzt so etwas wie einen inneren Zusammenhang bemerkt zu haben. Ruckartig hob er den Kopf und sah den Butler aus zusammengekniffenen Augen an.
»Ich freue mich ehrlich, daß auch Sie gewisse Dinge bemerkt haben«, sagte Parker freundlich. »Nach meinen bisherigen Informationen sind gewisse Konstruktionsunterlagen dieses Professors ohne sein Wissen fotokopiert worden. Wenn mich nicht alles täuscht, sollten diese Unterlagen über den inzwischen ermordeten Henry Manters einem gewissen James Henderson in die Hände gespielt werden, der sie seinerseits an eine andere Agentengruppe weiterleiten wollte …!
»Sie glauben doch nicht, daß ich Ihnen dies glaube, oder?«
»Es steht Ihnen frei, Sir, mir zu glauben«, erwiderte Parker höflich. »Doch möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie, je länger Sie sich mit mir beschäftigen, desto mehr Zeit verlieren werden.«
Leutnant Canters zündete sich eine Zigarette an. Er schob den Schnellhefter zurück auf den Schreibtisch, ging zum Fenster seines Büros und sah nach unten auf die Straße. Dann, Parker den Rücken zuwendend, faßte er noch einmal zusammen.
»Sie behaupten also, daß wir es mit zwei Agentengruppen zu tun haben, die beide hinter Professor Manfields Unterlagen her sind, ja?«
»Sie sehen die Dinge vollkommen richtig …!«
»Sie behaupten weiter, daß die geheim aufgenommenen Fotokopien von einem Verräter der ersten Gruppe an einen Mittelsmann der zweiten Gruppe weiterverkauft werden sollten, ja?«
»Vollkommen richtig, Sir. Ich weiß, Sie meinen jetzt Henry Manters und James Henderson.«
»Schön, bleiben wir mal bei Ihrer Geschichte, Parker. Manters, der seine eigene Agentengruppe übers Ohr hauen wollte, verwechselte Sie mit diesem Henderson und wollte Ihnen die Unterlagen aushändigen, ja?«
»Bis auf Kleinigkeiten stimmen Ihre Bemerkungen, Sir.« Parker drückte sich