Butler Parker 185 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker 185 – Kriminalroman - Günter Dönges


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was wie dich müßte man ausstellen«, konstatierte Cleveland kopfschüttelnd, »was machen wir jetzt? Der Schlitten ist längst auf Tauchstation.«

      »Da muß uns einer einen Streich gespielt haben«, stellte Longless junior fest. »Wieso war die Straße hier nicht gesperrt!«

      »Denk doch mal an Parker«, schlug Cleveland vor, »dem traue ich so was doch glatt zu, Junge. Komm jetzt, erinnern wir uns mal daran, daß wir Füße haben!«

      »Bis zum Schloß kann’s aber nicht weit sein«, tröstete Longless junior seinen Lehrherrn.

      »Möglich, aber da lassen wir uns vorerst nicht sehen, Junge. Parker soll annehmen, daß wir die Kurve gekratzt haben!«

      »Und was kratzen wir tatsächlich?«

      »Uns den Dreck von der Fassade«, antwortete Cleveland. »So, wie wir aussehen, können wir uns oben im Schloß nicht sehen lassen.«

      Longless folgte seinem Chef hinauf zum Weg und rutschte dabei aus.

      Instinktiv warf er sich nach vorn, griff nach den Beinen des hochsteigenden Cleveland und brachte ihn so aus dem Gleichgewicht. Cleveland ruderte einen Moment lang verzweifelt mit den Armen in der Luft herum und landete im aufklatschenden Moder.

      Als er sich erhob, sah er seinen Lehrling Longless aus dreckverschmierten Augen nachdenklich an.

      »Such mal mit«, meinte er dann.

      »Wonach?«

      »Nach ’nem Knüppel«, gab Cleveland zurück, »so was brauchst du jetzt nämlich auf deinem hirnverbrannten Schädel, du Trottel!«

      *

      »Tut mir leid, falls Bennie Sie erschreckt haben sollte«, sagte Sir James, »aber ich kann Ihnen versichern, daß der Junge vollkommen harmlos ist. Er ist auf jeden Fall nicht das Gespenst, das hier sein Unwesen treibt!«

      Rander und Parker befanden sich in einer großen Schloßhalle, deren Steinboden mit Teppichen ausgelegt war. Beherrschend in ihr war ein mächtiger Kamin. Einige Spitzbogentüren führten in diverse Nebenräume. Eine breite Treppe schwang sich hinauf zu einer Galerie. In der Halle gab es Sitzgruppen, eine Eßecke und sehr viele Rüstungen und Waffensammlungen. Dieser Raum entsprach in seinen Ausmaßen und seiner Ausstattung genau dem, was man sich unter einer Schloßhalle vorstellt. Ein Filmarchitekt hätte ihn nicht wirkungsvoller herrichten können.

      »Wer ist Bennie?« erkundigte sich Rander bei seinem Gastgeber, den er in einem Londoner Club kennengelernt hatte.

      »Der Sohn unserer Haushälterin. Etwas schwachsinnig, aber ein guter Junge. Er könnte keiner Fliege etwas antun.«

      »Wäre in seiner Rüstung auch ziemlich schwierig«, meinte der Anwalt lächelnd.

      »Bennie lebt in einer Märchenwelt der Ritter und Ungeheuer«, entschuldigte Sir James den großen Jungen, »ich werde natürlich dafür sorgen, daß er Sie nicht mehr belästigt.«

      Sir James bat Rander hinüber zur Sitzgruppe vor dem Kamin und reichte ihm einen Drink. Dabei sah er etwas irritiert zu Josuah Parker hinüber, der steif und irgendwie abweisend hinter dem Sessel seines jungen Herrn Stellung bezogen hatte.

      Sir James war etwa 50 Jahre alt, groß und hager. Er trug einen Smoking, der ihm ein wenig zu weit war. Das Gesicht des Gastgebers erinnerte irgendwie an ein leicht beleidigtes Pferd. Haar und Oberlippenbart waren grau.

      »Vergessen wir Bennie. Kommen wir zu Ihrem Problem«, sagte der Anwalt.

      »Wie? Ja, richtig …« Sir James war irritiert und sah zu Parker hinüber. Dessen Gegenwart schien nicht in sein Weltbild zu passen.

      »Mister Parker ist mein engster Mitarbeiter«, stellte Mike Rander sofort klar und richtig.

      »Äh, ach so.« Sir James nickte dem Butler jetzt reserviert zu, »wollen Sie sich, äh, setzen?«

      »Ich ziehe es vor, stehenzubleiben«, antwortete der Butler steif, »Bennie kommt Ihrer Ansicht nach also nicht als Schloßgespenst in Betracht, Sir?«

      »Ausgeschlossen, ich sagte ja schon, er wird Sie nicht mehr belästigen.«

      »Was sich, wie ich unterstellen darf, im Fall einer anderen Erscheinung nicht einrichten läßt!?«

      »Richtig! Ich meine den Henker von Donovan-Castle. Sie ahnen ja nicht, wie froh ich bin, daß Sie meine Einladung angenommen haben.« Sir James hatte sich Rander zugewandt und nahm einen Schluck aus seinem Glas, »diese Geschichte macht mich nervös. Dieser Henker hat hier im Haus eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit geschaffen.«

      »Hoffentlich hat der Henker nicht gerade eine Betriebspause eingelegt«, meinte Rander.

      »Ich kann Ihren Spott durchaus verstehen«, gab Sir James zurück, »wer in unserem aufgeklärten Zeitalter glaubt schon an Geister und Gespenster? Aber ich kann Ihnen versichern, daß dieser Henker existiert und mich bereits in zwei Fällen angegriffen und verletzt hat!«

      »Sie sind nach wie vor sicher, Sir, daß es sich nicht um Bennie gehandelt haben kann?« erkundigte sich Josuah Parker.

      »Vollkommen sicher«, gab Sir James entschieden zurück, »dazu hängt Bennie viel zu sehr an mir. Er dürfte mir gegenüber fast so etwas wie eine hündische Treue empfinden.«

      »Aber Sie haben einen bestimmten Verdacht?« schaltete der Anwalt sich jetzt ein.

      Sir James wollte antworten, doch eine andere Stimme mischte sich in diesem Augenblick fröhlich-ironisch ein. Sie kam von der Treppe her, die hinauf zur Galerie führte.

      »Und ob er einen Verdacht hat, meine Herren!« sagte diese Stimme. Rander und Parker drehten sich zur Treppe, auf der ein schlanker, etwa dreißigjähriger Mann zu sehen war, der ebenfalls einen Smoking trug. Er machte einen unbeschwerten Eindruck. Er kam lässig über die Stufen nach unten, erreichte die Halle, deutete eine leichte Verbeugung an und näherte sich der Sitzgruppe vor dem Kamin.

      »Sag deinen Gästen doch, James, daß du mich für den Henker hältst. Genier dich nur nicht!«

      »Hallo!« meinte Rander reserviert-belustigt.

      »Ich bin Arthur, das schwarze Schaf der Familie«, stellte sich der junge Mann vor. »Sie also sind der Spezialist für verwickelte Kriminalfälle?«

      »Rander«, stellte der Anwalt sich vor. »Das ist mein Butler. Mister Parker.«

      »Sie wollen unser Hausgespenst hochnehmen, meine Herren!? Da wünsche ich Ihnen aber viel Vergnügen. Und noch mehr Glück! Mir ist dieser Henker leider noch nie über den Weg gelaufen. Erstaunlich, nicht wahr?«

      In die peinliche Stille hinein erklang von einer der Spitzbogentüren her ein seltsames, unheimliches und scharrendes Geräusch.

      Sir James sprang auf und trat hinter den schweren Sessel, als suche er dort Schutz.

      Sir James, der sich gerade eine Zigarette anzünden wollte, hielt in seiner Bewegung inne. Er sah ebenfalls zur Tür hinüber und verzichtete auf eine ironische Bemerkung, die von ihm jetzt eigentlich fällig gewesen wäre.

      Parker löste wie zufällig seinen Regenschirm, der bisher noch vom linken Unterarm herunterhing, und Mike Rander fühlte nach seiner kurzläufigen 38er, der sich in der Schulterhalfter befand.

      Das Scharren hinter der bewußten Tür wurde noch deutlicher, dann senkte sich die schwere, schmiedeeiserne Türklinke.

      Zentimeterweise, fast quälend langsam.

      »Der Henker«, flüsterte Sir James. Seine Stimme war heiser.

      »Der Tee«, meldete die schwarz gekleidete Frau, die jetzt die Tür aufdrückte und mit einem gefüllten Tablett hereintrat.

      *

      Die beiden Killer des Syndikats befanden sich zu dieser Zeit in einem Zimmer des Gasthofes und warteten auf die Rückkehr ihrer trockenen Kleidung.

      Longless junior saß in seinem Bett und nippte an einem doppelten


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