Jax - Warrior Lover 1. Inka Loreen Minden
Читать онлайн книгу.lege einen Arm um seinen Nacken und fühle die Sehnen darunter. Sie sind hart wie Drahtseile. Seine Haut und das kurze, verstrubbelte Haar sind noch feucht vom Bad.
»Erzähl du zuerst«, wispere ich und beuge mich zu ihm. »Ich möchte deine Version hören.«
Jax saß bei der Verhandlung im Publikum. Ich habe geglaubt, seine wütenden Blicke in meinem Rücken zu spüren, und hatte Angst, er würde mich im Gerichtssaal töten. »Ich fand es seltsam, dass du nicht angehört wurdest.«
»Ich habe dem Senat erzählt, dass ich noch nicht bei Bewusstsein war, als Cedric starb, daher konnte ich keine Aussage machen.« Seine Stimme klingt ein wenig erstickt, und ich spüre, wie sich in seinem Nacken Schweiß bildet.
»Du hast gelogen!«
»Ich hoffe, du kannst mir das jemals verzeihen.«
»Was ist denn passiert?« Mein Puls rast. Erneut dreht sich alles in meinem Kopf. Träume ich vielleicht? Ist deshalb alles so wirr und verrückt?
Seine Lippen streifen meine Wange. »Als ich nach der OP aufgewacht bin, sah ich dich neben mir auf einer Liege schlafen.«
»Du warst zuvor schon mal kurz wach und hast mit mir geredet, so wirres Zeug«, unterbreche ich ihn. Immer noch habe ich seinen dankbaren Blick vor Augen.
»Ja, aber ich meine ein wenig später, als wir bereits auf dem Krankenzimmer waren. Du hast einen sehr erschöpften Eindruck gemacht, lagst auf dem schmalen Bett wie tot. Ich wusste, du hast alles gegeben, um mich und meinen Bruder zu retten, hast viele Stunden lang um unser Leben gekämpft.« Er räuspert sich leise.
»Woher willst du das wissen?« Doch langsam dämmert es mir und mein Magen zieht sich zusammen.
»Ich habe gehört, wie du dich mit einem anderen Arzt an meinem Bett über die Operation unterhalten hast, bevor du dich hingelegt hast.«
»Das war Mark Lamont.« Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Ich vermisse die Arbeit mit ihm. Wir haben uns perfekt ergänzt.
Eine Träne läuft über meine Wange und ich wische sie hastig weg, lausche wieder Jacksons Worten, anstatt mich in der Vergangenheit zu verlieren.
»Er wollte, dass du schläfst, aber du hast darauf bestanden, dich in unserem Zimmer auszuruhen, damit du sofort zur Stelle bist, falls es einen Notfall gibt. Cedric sei zwar über den Berg, hast du gesagt, doch dir war es lieber, bei ihm zu bleiben. Du warst meine Heldin. Du hast alles gegeben, um ihn zusammenzuflicken.«
Neue Tränen steigen in meine Augen. »Ich war so erschöpft, dass ich vielleicht einen Fehler gemacht habe. Angeblich bin ich aufgestanden und habe ihm eine Spritze gegeben.« Ich schlucke. »Hast du mich … gesehen?«
»Nein, du hast tief und fest geschlafen, als er … von uns ging.«
Wieso hat er das niemandem erzählt? Oder hat er geträumt? Die Aufwachphasen sind bei jedem Menschen unterschiedlich, er kann sich nicht sicher sein, dass er durchgehend wach war. »Sie warfen mir vor, dass ich ihm das falsche Medikament gespritzt hätte und deshalb sein Herz aufhörte zu schlagen. Langsam bin ich mir wirklich nicht mehr sicher, ob ich ihm nicht doch die Medizin verabreicht habe.« Ich schluchze auf und wende im Dunkeln mein Gesicht ab, als könnte er es trotzdem sehen. »Jax, auch wenn ich einen Fehler gemacht habe – ich gehöre nicht den Rebellen an, wirklich nicht. Ich habe deinen Bruder bestimmt nicht absichtlich …« Indem er mir über den Kopf streichelt, bringt er mich zum Schweigen. Hasst er mich nicht?
»Doc, hör mir zu. Auch wenn es seltsam klingt, aber … Du bist nur eine Schachfigur in einer perfiden Verschwörung des Regimes und zufällig zwischen die Fronten geraten. Sie brauchten eine Schuldige? Voilà, da war sie.«
»Was redest du da?«
»Ich glaube, da war noch jemand im Raum«, sagt er stockend.
»Wie meinst du das?« Natürlich waren andere Leute im Raum. Pfleger, Schwestern, Ärzte.
»Ich dämmerte immer wieder weg, doch mein Kriegerinstinkt lässt sich nicht so einfach abschalten. Als die Tür aufging und sich jemand ins Zimmer schlich, blinzelte ich. Ich wollte schon wieder die Augen schließen, weil der Mann einen weißen Kittel trug und nach Arzt aussah, doch sein Gesicht kam mir nicht bekannt vor. Er stellte sich zu dir ans Bett und … zog kurz eine Pistole aus der Tasche.«
»Was?« Meine Kehle ist ganz trocken. »Du hast sicher geträumt, nur ein Warrior darf in der Stadt Waffen tragen.«
»Es war keiner von uns.«
»Hast du versucht, den Mann zu finden?«
»Das habe ich, aber ich kann mich nicht klar an sein Gesicht erinnern. Ich wusste in dem Moment nur, dass ich ihn noch nie gesehen habe. Er hatte braunes Haar und einen Kinnbart, doch wenn ich ihn noch mal sehe, würde ich ihn wiedererkennen.«
Keiner der Ärzte, die ich kenne, trägt einen Kinnbart. Mark ist rasiert, Jason hat einen Vollbart, Mickey trägt Koteletten. »Daher hast du wohl behauptet, du wärst nicht bei Bewusstsein gewesen.« Er hat das bestimmt nur geträumt, doch mein Herz hofft, dass er diesen Mann tatsächlich gesehen hat.
»Nicht nur deshalb, denn ich bin mir sicher, dass dieser Kerl Ced ermordet hat. Ich verlor erneut das Bewusstsein, obwohl ich mich vehement dagegen wehrte, und als ich aufwachte, war Cedric tot und du bereits festgenommen.«
»Du glaubst also, er wurde ermordet?«
»Ja.«
»Von wem? Vom Regime? Und warum? Und wieso er und nicht wir alle? Und in welche Verschwörung soll ich hineingeraten sein? Das gibt doch keinen Sinn!«
»Pst, ich will jetzt nicht mehr dazu sagen.«
Ist das vielleicht eine Falle? Will mich jemand auf die Probe stellen? »Und du hast gewusst, dass ich unschuldig bin, aber niemandem etwas gesagt?!« Am liebsten möchte ich meinen Frust hinausschreien.
Ich kann meinen Frust hinausschreien! Und das tue ich, obwohl der Schrei in meiner Kehle schmerzt und ich danach heiser sein werde, doch das ist mir egal.
Mein Gebrüll hört sich wirklich schaurig an, ich schreie, und ich werde schreien, bis ich keine Luft mehr bekomme. Ich brülle mir Wut und Enttäuschung aus der Seele, bis Jax meinen Kopf an seine Brust drückt und mich wiegt wie ein Baby. »Hey, ist gut.«
»Nichts ist gut!« Ich schluchze auf und fühle mich abgrundtief erschöpft. »Deine Aussage hätte mich entlasten können!«
»Nein, sie hätte mich ebenfalls ins Gefängnis gebracht, und dann hätte ich nichts für dich tun können.«
»Warum? Und was hast du denn für mich Großartiges getan?« Jetzt will er den Helden rauskehren? Dumpf pocht die Wut hinter meinen Rippen. Ich reiße mich von ihm los und stehe auf. »Ich will eine Erklärung. Für alles! Du redest und lässt mich mit noch mehr Fragen stehen.«
»Nicht hier.«
»Jax, bitte!« Falls wir abgehört werden, hat er ohnehin schon zu viel gesagt.
Ich taste nach seinem Kopf und lasse sein Haar, das sich trotz der Kürze weich anfühlt, durch meine Finger gleiten. »Erzähl mir wenigstens, was du für mich getan hast«, flüstere ich in sein Ohr.
»Ich konnte erreichen, dass du ins Serva-Programm aufgenommen wirst.«
Oh, dieser Lügner! »Das hat mein Anwalt veranlasst.« Ich möchte fort von ihm, weiche zurück, doch er packt mein Handgelenk, als könnte er es in der Finsternis problemlos sehen.
»Der Vorschlag kam von mir, Doc.«
»Er hat das nicht erwähnt.«
»Ich habe ihm viel Geld dafür gegeben.« Ich weiß, dass Jax reich ist, denn die Soldaten haben den bestbezahlten Job der Stadt. Aber das würde bedeuten, mein Anwalt ist bestechlich. Habe ich deshalb den Prozess verloren? Steckt er vielleicht mit in dieser seltsamen Verschwörung?
Meine Kehle schnürt sich zu.
»Ich musste