Liebe. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

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Liebe - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter


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Teil I

      Kapitel 1

      Was ist Liebe?

      Worte der Mutter

      Was für eine Beziehung besteht zwischen menschlicher Liebe und Göttlicher Liebe? Ist die menschliche Liebe ein Hindernis für die göttliche Liebe? Oder ist die Fähigkeit, menschlich zu lieben, ein Zeichen für das Vermögen Göttlicher Liebe? Waren nicht große spirituelle Gestalten wie Christus, Ramakrishna und Vivekananda von Natur aus besonders innig und liebevoll?

      Die Liebe ist eine der großen universalen Kräfte. Sie besteht in sich selbst, unabhängig von den Gegenständen, in denen und durch die sie sich offenbart, und ihre Bewegung ist immer frei. Sie offenbart sich überall, wo sie eine Möglichkeit sieht, überall, wo eine Empfänglichkeit ist, in allem, was sich ihr öffnet. Was du Liebe nennst und für etwas Persönliches, Individuelles hältst, ist nur das Vermögen, diese universale Kraft zu empfangen und zu offenbaren. Doch daraus, dass diese Kraft universal ist, folgt nicht, dass sie unbewusst wäre. Im Gegenteil, sie ist eine höchst bewusste Macht. Sie trachtet bewusst nach ihrer Offenbarung und Verwirklichung auf Erden. Bewusst wählt sie ihre Werkzeuge, erweckt jene, die einer Antwort fähig sind, zu ihren Schwingungen und sucht in ihnen ihre ewige Absicht zu verwirklichen, und wenn das Werkzeug sich als unfähig erweist, lässt sie es fallen und wendet sich anderen zu. Die Menschen meinen, sie hätten sich plötzlich verliebt. Sie sehen ihre Liebe entstehen, wachsen und schwinden – oder auch ein bisschen länger dauern bei solchen, die für eine Verlängerung ihrer Regung besonders veranlagt sind. Jedenfalls täuscht das Gefühl, dass es sich um eine persönliche, einem selbst gehörende Erfahrung handelt: Es war nur eine Woge aus dem grenzenlosen Meer der universalen Liebe.

      Die Liebe ist universal und ewig. Immer offenbart sie sich und ist sich im Wesen immer gleich. Sie ist eine Göttliche Kraft, denn die Entstellungen, die wir in ihren Erscheinungsformen wahrnehmen, rühren von den Werkzeugen her. Nicht nur in den Menschen offenbart sich die Liebe, sie ist überall – in den Pflanzen ist ihre Regung, ja sogar in den Steinen. Bei den Tieren ist sie leicht zu erkennen. Alle Verfälschungen dieser großen und göttlichen Macht entstammen der Dunkelheit, der Unwissenheit und der Ichsucht seiner begrenzten Werkzeuge. Die Liebe, diese ewige Kraft, kennt keine Lüsternheit, keine Gier, keinen Besitztrieb, kein persönliches Anhängen. In ihrer reinen Bewegung ist sie der Drang des Selbstes nach Einung mit dem Göttlichen, ein unbedingtes Streben, unbekümmert um alles Übrige. Die Göttliche Liebe schenkt sich und verlangt nichts. Was die Menschen aus ihr gemacht haben, davon spricht man besser nicht. Sie haben sie zu etwas Abstoßendem und Hässlichem entstellt! Und dennoch bringt die erste Berührung mit der Liebe auch bei den Menschen einen Widerschein ihres reineren Gehaltes mit sich. Für eine Weile vermögen sie sich selbst zu vergessen. Für eine Weile erweckt und verklärt ihre göttliche Berührung alles, was edel und schön ist. Doch die menschliche Natur gewinnt sehr schnell wieder die Oberhand, ist voll unreiner Ansprüche, fordert etwas im Austausch für das Gegebene und schachert mit dem, was selbstloses Geschenk sein müsste, besteht auf der Befriedigung niederer Begierden, verunstaltet und beschmutzt, was göttlich war.

      Um die Göttliche Liebe zu offenbaren, muss man für sie empfänglich sein. Nur jene sind dazu imstande, die für ihre wesenhafte Bewegung offen sind. Je weiter und klarer die Öffnung in ihnen ist, desto mehr offenbaren sie die Göttliche Liebe in ihrer ursprünglichen Reinheit; je mehr sie sich umgekehrt mit den niederen menschlichen Regungen vermischt, desto größer wird die Entstellung. Wer für die Liebe in ihrem Wesen und ihrer Wahrheit nicht offen ist, kann sich dem Göttlichen nicht nähern. Auch jene, die es auf dem Weg des Wissens suchen, kommen an einen Punkt, wo sie, wenn sie darüber hinauswollen, nicht umhin können, auch in die Liebe einzutreten und beides als eines zu empfinden: Wissen, das Licht der göttlichen Einung, und Liebe, die eigentliche Seele dieses Wissens. In einem gewissen Augenblick des Fortschritts der Seele treffen die beiden zusammen und lassen sich nicht mehr auseinanderhalten. Die Trennung, die Unterscheidung zwischen ihnen, ist vom Mental geschaffen. Erhebt man sich auf eine höhere Ebene, so verschwindet sie.

      Unter denen, die auf diese Welt gekommen sind, um hier das Göttliche zu offenbaren und das irdische Leben umzuwandeln, haben einige die Göttliche Liebe in besonderer Fülle offenbart. In manchen ist die Reinheit der Offenbarung so groß, dass sie von der gesamten Menschheit missverstanden und sogar beschuldigt werden, hart und herzlos zu sein. Und dennoch ist in ihnen die Göttliche Liebe, aber in Form und Gehalt eben göttlich und nicht menschlich. Denn sobald die Menschen von Liebe sprechen, denken sie an eine emotionale und sentimentale Schwäche. Aber die göttliche Intensität der Selbstvergessenheit, dies Vermögen, sich völlig zu geben, vorbehaltlos und schrankenlos, ohne dafür etwas zu verlangen, ist den Menschen kaum bekannt. Und wenn sie sich ohne emotionale Beimischung und sentimentale Schwäche offenbart, dann werfen ihr die Menschen Gefühllosigkeit und Kälte vor. Sie können darin die höchste und intensivste Macht der Liebe nicht erkennen.

      Die Offenbarung der Göttlichen Liebe in der Welt war ein großes Opfer, eine höchste Selbsthingabe. Das Vollkommene Bewusstsein willigte ein, in das Unbewusste der Materie einzutauchen und darin aufzugehen, damit das Bewusstsein in den tiefsten Tiefen geweckt werde und die Göttliche Macht nach und nach auftauche und das gesamte offenbarte Weltall zu einem höheren Ausdruck des Göttlichen Bewusstseins und der Göttlichen Liebe mache. Dies war tatsächlich die höchste Göttliche Liebe: einzuwilligen, den vollkommenen göttlichen Zustand, sein absolutes Bewusstsein und unendliches Wissen zu verlieren, um sich dem Unbewussten zu einen und in der Welt mit deren Unwissenheit und Dunkelheit zu wohnen. Und dennoch würde sie wohl niemand Liebe nennen, denn sie kleidet sich nicht in oberflächliche Gefühle, verlangt nichts für das, was sie getan hat, und prahlt nicht mit ihrem Opfer. Die Kraft der Liebe in der Welt sucht Wesen, die diese göttliche Bewegung in ihrer Reinheit zu empfangen und auszudrücken vermögen. Dies Rennen aller Geschöpfe zur Liebe hin, dieser unwiderstehliche Drang, dies Trachten des Herzens der Welt und aller Herzen, das alles kommt vom Antrieb der Göttlichen Liebe hinter den menschlichen Leidenschaften. Sie ergreift Millionen Instrumente, versucht es immer wieder und wird immer wieder enttäuscht. Doch durch diese ständige Berührung werden die Werkzeuge vorbereitet, und eines Tages wird in ihnen das Vermögen zur Selbsthingabe erwachen, die Fähigkeit zu lieben.

      Sieh die Blumen und Bäume an. Wenn bei Sonnenuntergang alles still wird, lass dich eine Weile unter den Bäumen nieder und setze dich mit der Natur in Einklang: Dann fühlst du, wie sich von der Erde, von den tiefsten Wurzeln der Bäume durch die Fasern aufwärts bis in die höchsten Zweige die Aspiration einer Liebe und einer innigen Sehnsucht erhebt – einer Sehnsucht nach etwas, das Licht bringt und Glück schenkt, nach der Helligkeit, die verschwand und deren Rückkehr erfleht wird. Das steigt mit einem so reinen und intensiven Streben auf, dass dein eigenes Wesen – wenn es diese Bewegung in den Bäumen fühlt – sich miterheben kann in einem inbrünstigen Gebet für Frieden, Licht und Liebe, die hier noch nicht offenbart sind. Bist du einmal mit dieser reinen, weiten und wahren Göttlichen Liebe in Berührung gekommen, und sei es auch nur für kurze Zeit und in ihrer geringsten Form, so wird dir klar, wie sehr die menschliche Begierde sie erniedrigt hat. In der menschlichen Natur ist sie gemein, roh, egoistisch, gewalttätig und hässlich geworden oder auch schwächlich und sentimental. Sie besteht aus lauter kleinlichsten Empfindungen, ist haltlos, oberflächlich und anspruchsvoll. Und diese Niedrigkeit, diese Rohheit oder diese Schwäche nennen sie Liebe!

      Soll unser Vital an der Göttlichen Liebe teilhaben? Wenn ja, was wäre die richtige Form dafür?

      Wo wäre der Offenbarung der Göttlichen Liebe eine Grenze gesetzt? Sollte sie auf ein überwirkliches oder unstoffliches Gebiet beschränkt werden? Die Göttliche Liebe taucht bei ihrer Offenbarung auf Erden bis in die stofflichste Materie. In den egoistischen Entstellungen des menschlichen Bewusstseins lässt sie sich allerdings nicht finden. Aber an sich ist das vitale Element für die Offenbarung der Göttlichen Liebe ebenso wichtig wie für jede andere Offenbarung auf der Welt. Ohne die Vermittlung des Vitals ist keine Bewegung und kein Fortschritt möglich. Doch weil diese Macht der Natur so furchtbar


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