The Trial and Death of Socrates. Plato
Читать онлайн книгу.Seeräuber«, flüsterte er seinem Weibe zu, drückte noch einen Kuß auf ihre Lippen und legte sie sanft auf den Rasen hin, dann in die Mitte seiner Krieger tretend, ließ er den schrecklichen Kriegesruf ertönen. – »Sieh die Treue des weißen Diebes!« indem er auf die im Feuer auflodernden Hütten wies.
Es war ein wild schöner, schauerlicher Anblick; bereits mehr denn dreißig Hütten waren hoch in Flammen aufgelodert und beleuchteten den ganzen herrlichen Ufergürtel; die breiten Flammenstreifen, die durch die Lücken der Zypressen und Mangroven auf den Wasserspiegel fielen, zeigten jede Hütte deutlich im erglänzenden, geröteten Widerschein. Noch immer wurden einzelne Schüsse gehört, und nach jedem flackerte eine Hütte auf. Um den jungen Mexikaner herum war plötzlich eine tiefe Stille eingetreten, bloß von dem Geheule einzelner verspäteter Pawnees und Oconees unterbrochen, die in ihrer Trunkenheit noch nicht wußten, wen sie als ihren Feind zu betrachten hatten.
»Wo ist der Miko?« fragten fünfzig Stimmen. –
Keine Antwort. – Ein weiblicher Angstruf tönte vom Ufer her und verscholl in den Lüften. El Sol war schweigend gestanden, sein Auge auf die brennenden Hütten gerichtet, hinter denen, nahe am Uferkamme, die glänzenden Feuergewehre der Seeräuber deutlich zu ersehen waren. Nicht mehr als fünf Minuten waren verstrichen, seit der erste Yell die Gegenwart von Feinden angezeigt hatte; aber bereits hatte der junge Krieger seinen Plan entworfen, und er gab nun seine Befehle in dem entschiedenen kurzen Tone, der Bewußtsein unbegrenzter Gewalt und zur Gewohnheit gewordenen Gehorsam verriet. Einer der Cumanchees, gefolgt von der Mehrzahl der Pawnees und der Oconees, glitt durchs Gebüsch hin, während er selbst mit den drei übrigen Cumanchees und einer Schar versuchter Pawnees längs dem Waldessaume fortschoß.
Der breite Gürtel, auf dem das Dörfchen zerstreut lag, schwoll unmittelbar am Ufer in einen zweiten, etwas erhöhten Kamm an, der mit Mangroven und Myrtengebüschen überwachsen war, und durch den ein breiter Fußweg mitten hindurch führte. Die Erhöhung über den Gürtel mochte zwanzig Fuß betragen. Dieser Gürtel lief die ganze Länge des Dörfchens hinab, ausgenommen an der Bucht, wo ihn die Natur in einen kleinen Hafen ausgebrochen hatte. Nahe an diesem verriet das Glänzen der Musketen ein starkes Pikett, das wahrscheinlich bestimmt war, die Boote zu bewachen. Dieses Pikett wurde allmählich durch einzelne scharmutzierende Seeräuber verstärkt, die die Hütten in Brand geschossen hatten.
Längs dem bebüschten Gürtel waren mehrere Vorposten aufgestellt, welche die Verbindung zwischen dem Pikett an der Bucht und einem zweiten Posten, der zur Hütte des Miko vorgedrungen war, erhalten und, nach Bedürfnis, das eine oder das andere unterstützen sollten.
Es schien aus dem Ganzen hervorzugehen, daß der Seeräuber es darauf angelegt habe, den Miko und seine Pflegetochter aufzuheben. Vermutlich würde es ihm auch ganz in der Stille gelungen sein, wenn nicht zwei Cumanchees, nach der Sitte ihrer Nation, während der Brautnacht vor der Türe ihres Häuptlings die Wache gehalten hätten. Auch sie hatten in vollem Maße die verschwenderische Gastfreundschaft des Miko und seiner Tochter genossen; aber ihre Sinne, obwohl betäubt, waren nicht stark genug angegriffen, um die in den indianischen Ohren so leicht merkbaren Fußtritte eines Weißen zu verkennen.
Der Seeräuber mochte die Indianer während der zwei Jahre seines Verkehrs zu genau ins Auge genommen haben, um nicht die Schwierigkeiten eines Kampfes bei Tageszeit einzusehen, wo jeder seiner Männer ein leichtes Ziel der hinter den Bäumen und im Gesträuche versteckten Wilden geworden wäre; er hatte deshalb die Nacht gewählt und, um sich vor einem Überfalle im Dunkeln so viel als möglich zu schützen und zugleich Schrecken unter seine Feinde zu verbreiten, hatte er die Hütten anzünden lassen.
Drei geübte Schützen waren in geringer Entfernung vom Councilwigwam aufgestellt, mit der bestimmten Weisung, den jungen Häuptling, den er als den gefährlichsten seiner Gegner erkannte, niederzuschießen. Er selbst mit einer gewählten Schar war zur Hütte des Miko vorgedrungen, hatte diese umringt, und sich deren beiden Bewohner bemächtigt. Wahrscheinlich hatte der sonst so nüchterne Miko diesmal gleichfalls seine Mäßigkeitsregel übertreten und war so dem Seeräuber bewußtlos in die Hände geraten. So schnell und bestimmt waren alle Bewegungen ausgeführt worden, daß kaum der erste Aufruf zu den Waffen erklungen, als auch die Hütte bereits umringt, und der Miko mit der weißen Rosa in der Gewalt des Seeräubers waren. Dieser hatte nun seine Truppe in ein kleines Viereck gebildet und war der Hütte gegenüber am erwähnten Ufergürtel angelangt. – Die Truppe marschierte im raschen Doppelschritte. Kein Indianer war zu sehen oder zu hören. Das Viereck war bereits in der Nähe der Bucht und nur wenige Schritte vom daselbst stationierten Pikett entfernt; – einige Schritte mehr, und sie waren in ihren Booten, die ein paar Ruderschläge in die Mitte des Stromes und so aus dem Bereiche der Kugeln der Indianer bringen konnten. Eine Verfolgung mit den Kanus, in denen jeder Indianer einen sichern Schuß darbot, war nicht denkbar. – So mochten die Pläne des Piraten, nach der Entwicklung derselben zu schließen, gewesen sein. Er war nun auf dem Punkte, sich mit seinem Pikett am Ufer zu vereinigen, als auf einmal das Gebüsche unmittelbar vor ihm rege zu werden anfing, und die im Feuer glühend rot erscheinenden Indianer sich blicken ließen. – »Schultert!« kommandierte der Seeräuber seine Männer, die fest und ruhig fortmarschierten und mit einer Art Verwunderung auf das Gebüsche hinschielten, wo es sich zu regen anfing, als ob einige Dutzend Anacondas sich durchwänden. Sie hatten sich ans Pikett angeschlossen und das kleine Viereck öffnete sich.
Lafitte warf Rosa in die Arme eines Matrosen und stieß dann den Miko über den Uferrand dem Boote zu. Der alte Mann sank wie eine leblose Masse in dieses hinab. Lafitte hatte sich schnell zu den Seinigen wieder gewandt. Das erstere Pikett hatte sich bereits unter dem Kamme außer dem Bereiche jeder Kugel gezogen, nur das Viereck schien noch die Bewegungen seiner Feinde zu beobachten und den allgemeinen Abzug decken zu wollen. Es war eine kleine, aber fürchterliche Bande von etwa vierundzwanzig Mann, zu der alle Nationen, alle Weltteile, alle Farben und Sprachen ein gräßliches Quantum abgegeben hatten. Mordlust im funkelnden Auge, standen sie mit aufgepflanzten Bajonetten; kein Laut entfuhr ihnen. Sie hatten sich in eine Angriffskolonne geformt. – Plötzlich erschallte der Warwhoop aus hundert Kehlen, und das schreckliche Geheul wiederholte sich, verstärkt durch die gellenden Töne der Squaws und Mädchen, die im schaudervollen Chorus den Totengesang anstimmten und gleich Dämonen um die brennenden Hütten herumliefen. Auf einmal stürzten die Indianer, gleich so vielen Tigern in ihren Höhlen angegriffen, mit rasendem Geschrei der Bucht zu.
Ein tückisches Lächeln umspielte die rauhen Züge des Piraten, als die Indianer auf ihn und seine Bande losstürzten; – »Reserve vor!« – wandte er sich zu dem unten stehenden Pikett – und wieder schwieg er. – Er ließ die heulenden Indianer herantoben, bis sie neun Schritte vor der Mündung seiner Gewehre waren und rief dann ein heiseres »Feuer!« – und die ersten Reihen der Angreifenden wälzten sich in ihrem Blute. – Die Wilden prallten auf einen Augenblick zurück, und dann stürzten sie mit einem zweiten verzweiflungsvollen Sprunge an die Seeräuber. – Diese hatten kaltblütig ihre Gewehre in den linken Arm geworfen und nach ihren Pistolen gegriffen; – eine zweite Salve, verstärkt durch das Feuer des Reservepiketts, warf die Wilden in gänzliche Unordnung. Der Abhang war mit Toten und Verwundeten bedeckt. – Heulend flohen die übrig Gebliebenen ihrem Verstecke zu.
»Marsch!« kommandierte der Seeräuber, und das Pikett näherte sich wieder dem Boote, und die Kolonne schritt ihm nach. –
In diesem entscheidenden Momente wurden vier schwer plumpsende Fälle von dem Flusse herauf gehört. Der Seeräuber wandte sich und sah seine vier Ruderer, die er zur Bewachung der Boote zurückgelassen, aus dem Wasser noch einmal auftauchen und dann versinken, um nie wieder zu erstehen; zugleich schoß die Yacht und das kleinere Boot, durch eine unsichtbare Gewalt getrieben, pfeilschnell in die Mitte des Stromes.
»Das ist der Mexikaner«, rief der Pirat zähneknirschend und seine harten Züge verzerrend. Ein paar Pistolenschüsse sandte er dem Boote nach, sie wurden durch ein dumpfes Lachen erwidert.
Die Seeräuber wandten sich, sahen ihre Boote verschwunden und standen, als ob der Blitz unter sie gefahren wäre. – Schnell ermannten sie sich jedoch. – Ihre Gewehre waren wieder frisch geladen, und fest wie Felsen erwarteten sie den neuen Angriff; – er blieb nicht aus. – Eine Salve, vom Flusse her, regte sie plötzlich aus ihrer Spannung auf,