Der Fluch des Bierzauberers. Günther Thömmes

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Der Fluch des Bierzauberers - Günther Thömmes


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Knoll gegenüber und begann zu erzählen. »Die älteste Geschichte, die es in Bitburg über Bier gibt, stammt von diesen Benediktinermönchen. Die brauten wohl ein wahrhaft gutes Bier, das weit und breit gerühmt wurde. Aber eines Tages starb ihr Abt und ein neuer wurde bestimmt. Dieser hieß Vincenz von Urtingen und kam irgendwo aus dem Süden des Landes zu uns in die Eifel. Er war ein strenger Ordensmann, der den Mönchen das Bierbrauen zwar weiterhin erlaubte, ihnen aber verbot, es selbst zu trinken. Diese Verordnung nahmen die Brüder nur äußerst schweren Herzens hin, weil sie doch jeden Abend in der Braustube zusammenkamen, um nach der Andacht und dem Nachtessen bis um Mitternacht dem guten Bitburger Bier zuzusprechen.« Flügel und Knoll stießen mit den Krügen an, dass das Bier herausschwappte. Der Bitburger Brauherr fuhr fort: »Der neue Abt achtete sehr auf Einhaltung seiner neuen Anordnung und so herrschte schnell schlechte Stimmung im Kloster. Die Brüder beratschlagten, wie man diese Anordnung umgehen könnte. Sie dachten dabei an die Mönche des Klosters Himmerod, die der Abt aus ähnlichen Gründen um ihren allabendlichen Weinschoppen gebracht hatte. Bald darauf starb einer nach dem anderen, bis ein berühmter Arzt aus Frankreich feststellte, dass es keine Seuche war, sondern eine Infektion, die durch unsaubere, vernachlässigte Weinfässer verbreitet wurde. So einfach lag der Fall hier aber nicht. Die Mönche sannen auf eine List, um die Absichten ihres Oberen zu durchkreuzen. Ihnen fiel aber absolut nichts ein, bis ihnen der Zufall zuhilfe kam. Während im Kloster noch tiefe Enttäuschung herrschte, und die Mönche die Köpfe hängen ließen wie Blumen, denen man Licht und Wasser entzogen hatte, erschien plötzlich der Trierer Bischof zu Besuch. Er wunderte sich sehr über die düstere Stimmung im Kloster und fragte den Abt nach dem Grund dieser Veränderung. Er kannte die Klosterbrüder von früheren Besuchen als Männer, die bei aller Pflicht einigen irdischen Freuden durchaus nicht abgeneigt gewesen waren. Der Abt konnte die Frage jedoch nicht beantworten. Während das Essen serviert wurde, ließ der Bischof zur Feier des Tages Bier auftragen. Als die Krüge auf die Tische gestellt wurden, erstrahlten die Gesichter der Mönche, die beinahe vergaßen zu essen und sich wünschten, der Bischof möge dem Kloster am besten jede Woche einen Besuch abstatten. Der Gast trank einen Schluck aus seinem Krug und verzog dabei das Gesicht, als ob er Essig getrunken hätte, sprang auf und verlangte ein Glas Wasser, da, wie er es formulierte, das Bier nach faulem Käse schmecke. Der Abt war verzweifelt und rief den Bruder Braumeister zu sich, der seinen und den Tadel des Bischof übernehmen sollte. Dieser aber bewahrte Ruhe und parierte den Vorwurf, er habe sein Amt vernachlässigt und das Bier schlecht werden lassen, mit den Worten: ›Woher, werter Bischof, soll ich wissen, dass mein Bier nach faulem Käse schmeckt, da unser hochwürdigster Abt mir und allen Brüdern verboten hat, es zu trinken? Früher war es Pflicht und Ehrensache, in einmütiger Runde die Erzeugnisse des Klosters zu verkosten, damit sein Ruf erhalten bleibt.‹ Nachdem er sich so verteidigt hatte, verschwand der Braumeister mit schnellen Schritten. Der Abt errötete und erblasste abwechselnd, als der Bischof ihn daraufhin ansprach, ob es mit den Worten des Braumeisters seine Richtigkeit habe. Der Klostervorsteher musste es wohl oder übel zugeben. Daraufhin schüttelte der Bischof den Kopf und sagte: ›Brüder des Herrn! Es freut mich zu hören, dass Ihr Eure Pflichten nicht vernachlässigt habt und die mindere Qualität des Bieres lediglich auf den Übereifer unseres verehrten Abts zurückzuführen ist. Ich lege ihm daher nahe, sich ein anderes Kloster zu suchen, in dem kein Bier gebraut wird!‹« Knoll lachte laut los, Flügel stimmte ein, bevor er prustend fortfuhr: »Der Abt fiel auf die Knie, küsste den Saum des bischöflichen Gewands und bat, Bitburg auf der Stelle verlassen zu dürfen. Er wolle zu Fuß durch das Land wandern und seine Schuld büßen.«

      »So ein Narr«, meldete sich der Magdeburger zu Wort. »Bier war doch sicher das Beste, was es damals zu trinken gab. Ich hoffe, er hat ein Kloster gefunden, in dem nur Wasser getrunken wurde.«

      »Nein, natürlich nicht«, schloss Flügel die Geschichte ab. »Die Sage geht so, dass der arme Vincenz für den Rest seines Lebens umhergeirrt sei, bis ihn der Tod gnädig erlöste, denn ein Kloster ohne die ehrbare Braukunst habe er nicht gefunden.«

      Beide prosteten sich wieder lachend zu und leerten die Krüge. »Was geschah mit dem Kloster?«, fragte Knoll.

      »Das Stift St. Maximin gibt es noch, es liegt außerhalb der alten Stadtmauern, gleich beim südlichen, dem Trierer Stadttor. Aber gebraut wird dort nicht mehr.«

      »Wie ist dein Bruder dann durch die ersten Kriegsjahre gekommen?«, führte Knoll das Gespräch zurück in die Gegenwart.

      »Ach, zuerst war es nicht schlimm. Mühsam wurde es erst, als die Wipper und Kipper das Kommando über die Münze übernahmen. Da konnte unsereins kein Geld mehr verdienen mit dem Bier. Also haben wir den Ausschank gegen leichte Münze verweigert, und nur noch Silber angenommen oder gleichwertiges. Das hat uns das Geschäft gerettet. Aber gleich nach der Münzreform, kam aus Luxemburg ein Erlass, dass wir das Bier wieder gegen klingende Münze ausschenken müssten. Seither ging es so, bis mein Bruder plötzlich gestorben ist.« Flügel holte tief Luft, zeigte, dass ihm dieses Thema unangenehm war und er das Gespräch hier beenden wollte. Beide wandten sich wieder ihren Büchern zu, denn sie hofften inständig, endlich mal wieder einen Sud einmaischen zu können.

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