Saukatz. Kaspar Panizza

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Saukatz - Kaspar Panizza


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glaube, mehr wird auch jetzt nicht zusammenkommen. Es liegt also nur an der Polizei, wie schnell die Wohnung frei wird.«

      Das ging jetzt auch für Steinböck etwas zu schnell. Krampfhaft überlegte er, was er sagen sollte.

      »Da wär noch eine Kleinigkeit. Wie hoch ist die Miete?«

      »Kommen Sie heute Nachmittag noch einmal vorbei und überlegen Sie sich bis dahin, wie viel Sie zahlen möchten.«

      Der Kommissar schluckte.

      »Gut, gegen fünf Uhr.«

      »Ach übrigens unter einer Bedingung. Sie übernehmen nicht nur die Möbel, sondern auch die Katze.«

      Steinböck blickte an seinem Hosenbein hinunter, an dem sich die Katze wieder rieb.

      »Sie wissen ja, ich mag die Katze nicht. Sie redet zu viel. Und Oskar hätte von mir erwartet, dass ich mich um sie kümmere.«

      Der Kommissar bückte sich, nahm die Katze auf den Arm und warf noch einmal einen Blick auf den Keksteller, der immer noch auf dem Sideboard stand. Dann seufzte er tief.

      »Also dann bis fünf Uhr.«

      Nachdem Hasleitner offensichtlich noch mit den Befragungen beschäftigt war, beschloss Steinböck, zurück ins Büro zu fahren. Vor dem Haus traf er den überlebenden Kollegen von der SpuSi, der gerade seine Ausrüstung im Auto verstaute.

      »Habt ihr einen Laptop oder Computer gefunden?«, fragte ihn Steinböck.

      »Weder noch, die ganze Wohnung ist bis auf ein paar Klamotten und zwei Dutzend Bücher leer.«

      Der Kommissar verabschiedete sich und machte sich auf den Weg zur nächsten Trambahn-Haltestelle. Er mochte es nicht besonders, mit U- oder S-Bahn zu fahren. Steinböck zog es vor, über der Erde zu bleiben. Diese anonyme Menge von Menschen, die sich wie ein Wurm durch unterirdische Gänge und über endlose Rolltreppen durch die verschiedenen Etagen schlängelte, machte ihm Angst. Irgendetwas veranlasste ihn dazu, sich noch einmal umzudrehen. Aber da war nichts. Nur die Katze saß auf der Mauer und blickte ihm nach.

      *

      Als Steinböck schließlich gegen ein Uhr das Revier erreichte, waren die meisten Kollegen in der Mittagspause.

      Man hatte ihm ein geräumiges Büro am Ende des Gangs überlassen, dessen einziges Fenster einen Blick über die Dächer der Stadt und auf die Frauenkirche zuließ. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und schaltete den PC an. In diesem Moment klopfte es. Die Tür öffnete sich, und Hasleitner steckte den Kopf herein.

      »Derf ich reinkommen?«, fragte sie.

      »Klar, wir sind doch jetzt Kollegen«, antwortete Steinböck mürrisch.

      »Ich kann auch später noch mal kommen«, sagte sie schüchtern.

      »Schmarrn, jetzt komm schon rein. Was hast du rausbekommen?«

      Er deutete auf den Stuhl in der Ecke.

      »Ich steh lieber. Also das Pärchen aus dem ersten Stock ist im Urlaub in den USA. Ihr Nachbar, ein Student aus Kenia, ist gerade in seiner Heimat. Im zweiten Stock leben der Onkel und die Tante der Besitzerin Maxi Müller, beide um die 70. Gegenüber in der kleinen Wohnung eine junge Rumänin, die sich um die beiden kümmert und nebenbei noch putzen geht. Also kurz gesagt, außer den beiden Alten war niemand zu Hause. Sie kannten Oskar Hacker gut, aber sie haben nichts bemerkt. Ich hab auch schon alle am Computer überprüft.«

      Steinböck musterte sie. Sie hatte halblange blonde Haare und ein ausgesprochen hübsches Gesicht. Aber sie war mindestens 30 Kilogramm zu schwer.

      »Also Hasleitner, hast du auch einen Vornamen?«

      »Ich heiß Ilona«, sagte sie etwas verlegen.

      »Gut, du nennst mich entweder Steinböck oder Chef. Und ansonsten kannst du mich duzen.«

      »Jawohl, Herr Steinböck.«

      »Lass den blöden Herrn weg, und jetzt erzähl mir, was du bei der Personenüberprüfung herausbekommen hast.«

      »Also zuerst mal zum Opfer«, dabei durchsuchte sie den Stapel Blätter, den sie in der Hand hielt.

      »Stopp, stopp. Wann hast du das alles recherchiert?«, fragte Steinböck entnervt.

      »Na ja, als ich mit der Befragung fertig war, bin ich gleich ins Revier gefahren und hab’ die Namen durchlaufen lassen.«

      Steinböck schüttelte den Kopf und sagte: »Also gut, Ilona, fang mit Oskar Hacker an.«

      »Das Opfer ist am 8. Juli 1968 in Herrsching geboren. Gymnasium und Abitur in Weilheim. Zivildienst und anschließend Studium der Germanistik in München. Nachdem die Mauer aufg’macht hot, is er für zwoa Jahr nach Berlin ganga.«

      »Halt, Ilona, du kannst gern deinen Dialekt sprechen, aber wenn du einen Bericht abgibst, dann versuchst du bitte, hochdeutsch zu reden.« Die junge Frau schluckte verlegen, dann fuhr sie etwas gestelzt, aber gut verständlich fort.

      »Dann verliert sich seine Spur. Vermutlich war er im Ausland. 2005 hat er bei der deutschen Botschaft in Marokko seinen Pass verlängern lassen. Später hat er vermutlich auf Mallorca gelebt. 2011 veröffentlichte er bei einem kleinen Verlag in Berlin seinen ersten Roman, »Die Tränen der Sklaven«. Ich hab bei Amazon mal kurz die Inhaltsangabe gelesen. Es handelt sich um zwoa, Entschuldigung, um zwei marokkanische Brüder, die hier in Deutschland ums Leben gekommen sind.«

      Steinböck überlegte krampfhaft, wie viel Zeit er bei Maxi Müller und in der Trambahn verbracht hatte. Diese junge Frau verblüffte ihn immer mehr.

      »Weiter«, flüsterte er heiser.

      »Seit dem Erscheinen dieses Buches ist er hier in München gemeldet. Wovon er lebt, ist unklar. Sein Konto ist hoffnungslos überzogen, und mit vereinzelten Einzahlungen hält er es bei um die 5.000 Miesen.«

      Dann berichtete sie über die anderen Bewohner des Hauses, die aber alle unauffällig waren.

      »Und jetzt zum Schluss: Maxi Müller. Sie ist die Besitzerin des Hauses und noch von drei anderen hier in München, die aber um einiges größer sind. Sie ist 52 Jahre und hat hier eine ganze Latte von Anzeigen.« Dabei tippte sie mit dem Finger auf das Blatt Papier.

      Steinböck blickte verdutzt auf.

      »Zeig mal her«, sagte er und griff nach dem Zettel.

      Er begann zu grinsen. Sechs Anzeigen wegen Landfriedensbruch. Hatte sich bei Demos angekettet und wegtragen lassen. Dreimal wegen Beamtenbeleidigung. Und dreimal wegen Drogenbesitzes. Dafür hatte sie auch eine sechswöchige Haftstrafe absitzen müssen.

      »Mann oh Mann, einmal drei Gramm Marihuana, einmal 2,3 Gramm; und beim dritten Mal waren es nur 0,8 und ein abgeernteter Stängel mit fast drei Gramm. Ein Hoch auf die bayerische Polizei«, sagte er sarkastisch.

      »Aber Chef, Beamtenbeleidigung und Landfriedensbruch, des sind doch keine Bagatelldelikte. Vor allem so oft.«

      »Grad, weil’s so oft war, zeigt, dass die Frau Charakter hat.«

      »Des versteh ich jetzt nicht.«

      »Macht nichts«, sagte der Kommissar. »Verbuchen S’ das unter Altersweisheit.«

      »Aber Chef, jetzt hast mich wieder gesiezt.«

      »Ist schon gut. Du gehst jetzt zum Hausmeister und lässt noch einen Schreibtisch hier reinstellen, und dann sollen die von der Technik dir einen Computer anschließen.«

      »Für mich?«, fragte sie verdattert.

      »Klar, wir sind doch jetzt Partner.«

      *

      Gegen zwei Uhr kam Ilona Hasleitner mit dem Techniker im Schlepptau ins Büro.

      »So, ihr wollts also an zweiten Anschluss«, sagte dieser. »Des macht aber jetzt Krach.«

      »Schon gut«, sagte Steinböck, »ich geh ja schon.«

      Er


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