Saukatz. Kaspar Panizza
Читать онлайн книгу.gemacht?«
»Na, dazu hab ich keine Zeit gehabt.«
»Komm mit, ich lad dich ein, sozusagen zum Einstand.«
»Aber ich kann doch jetzt nicht weg.«
»Geh nur zu«, sagte der Techniker lachend. »Ich bin die letzten 20 Jahre auch ohne dich ausgekommen.«
Verlegen folgte die junge Polizistin ihrem Chef.
In der Pizzeria zwei Straßen weiter fanden sie einen leeren Tisch im Biergarten. Der Ober brachte zwei Karten und nahm die Getränke auf.
»Hast richtig Hunger?«, fragte Steinböck.
»Ich hab immer Hunger, sieht man des nicht?«, antwortete Ilona und machte dabei einen eher unglücklichen Eindruck.
»Gut, was hältst davon, wenn wir beide jetzt einen großen Salatteller mit Putenstreifen essen und dazu ein Pizzabrot?«
»Das hört sich gut an«, antwortete sie lachend.
»Chef, was ist eigentlich mit dieser Maxi Müller? Die hat doch auch kein Alibi, und einen Schlüssel zur Wohnung hat sie auch.«
Steinböck überlegte kurz, dann sagte er: »Aber zu jedem Mord brauchst du auch ein Motiv. Und bei ihr seh ich im Moment keines.«
»Genau, und wenn einer bei mir Mietschulden hätt, dann bring ich ihn nicht um, sondern ich hoffe, dass er irgendwann mal zahlen kann«, sagte sie nachdenklich und nahm einen Schluck von dem Mineralwasser, das der Ober inzwischen gebracht hatte.
»Somit gibt’s bis jetzt noch kein Motiv.«
»Das würd’ ich nicht sagen. Maxi Müller hat mir erzählt, dass Hacker an einem neuen Buch geschrieben hat, das ein absoluter Knüller werden könnte. Aber worum es ging, hat er geheim gehalten. Und wie schreibt man heutzutage ein Buch?«, fragte Steinböck.
»Also bestimmt nicht mit der Hand. Entweder auf einem Computer oder eher noch auf einem Laptop. Haben wir aber beides nicht gefunden. Vermutest du, dass ihn der Mörder mitgenommen hat?«
»Richtig. Wir schließen Maxi Müller für den Moment aus. Also müssen wir rausfinden, was Oskar Hacker so den ganzen Tag getrieben hat, und über was er geschrieben hat. Wenn wir mit dem Essen fertig sind, gehst du zurück an deinen Computer und schaust, ob du noch irgendetwas recherchieren kannst.«
»Und was machst du, Chef? … Tut mir leid, des geht mich eigentlich nix an.«
»Ich hab einen Besichtigungstermin für eine Wohnung. Ach noch was, der Tatortreiniger soll sich heut noch um die Wohnung vom Hacker kümmern.« In diesem Moment brachte der Ober das Essen, und für Steinböck war die Unterhaltung beendet.
*
Als Steinböck am späten Nachmittag zum Tatort zurückkam, stand der alte VW-Bus des Tatortreinigers mit eingeschalteter Warnblinkanlage in der Einfahrt zum Hof. Der Kommissar stieg die drei Stufen zum Eingang empor, ging den Gang entlang und blieb kurz vor Hackers Wohnungstür stehen. Die Polizeisiegel waren durchgeschnitten, und er entschloss sich, kurz nach dem Rechten zu sehen. Schließlich handelte es sich um seine neue Wohnung. Im Hausflur stand ein ganzes Bataillon von Kübeln, Besen und Schrubbern. Im Wohnzimmer kniete ein hagerer Mann im blauen Overall auf dem Boden und schrubbte mit einer Bürste an der Stelle, an der der Tote gelegen hatte, das Parkett. Als er Steinböck bemerkte, blickte er kurz auf. »Was wollen Sie hier? Das ist ein Tatort.«
»Ich weiß«, sagte der Kommissar grinsend und zog seinen Ausweis aus der Sakkotasche. »Steinböck. Mordkommission.«
Der Hagere erhob sich, wischte sich die Hände am Overall ab und griff mit spitzen Fingern nach dem Ausweis.
»Nie von Ihnen gehört. Sind Sie neu?« Dabei drehte er noch einmal den Ausweis und betrachtete interessiert die Rückseite.
»Brandneu sozusagen. Wann sind Sie fertig?«
»Das dauert schon noch ein bisschen«, sagte der Hagere und ließ sich wieder auf die Knie nieder. »War schließlich ’ne ganz schöne Sauerei.«
Steinböck musste grinsen.
»Genau, ein wahres Massaker.«
Der Tatortreiniger murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, dann fragte er noch: »Was soll ich mit dem Schlüssel machen?«
»Lassen Sie ihn einfach von außen stecken.«
Der Kommissar verließ die Wohnung, überquerte den Hausgang und klingelte an Maxi Müllers Tür.
»Kommen Sie rein, die Tür ist offen«, hörte er sie gedämpft aus der Wohnung. Er trat ein und ging in Richtung Wohnzimmer. Wieder umgab ihn der Duft von frischem Marihuana. Das Zimmer war leer.
»Hier draußen auf der Terrasse.«
Er folgte der Stimme durch die geöffnete Tür. Steinböck betrat einen Wintergarten, einen wahren Dschungel. Unzählige Töpfe mit allen möglichen Pflanzen reichten zum Teil bis an die Decke. Nur in der Mitte stand ein kleiner runder Korbtisch mit einer Glasplatte. Der ganze Raum war von oben bis unten verglast. Eine Tür, die in den Garten führte, war weit geöffnet. Der Kommissar erblickte auf Anhieb die drei kräftigen Hanfpflanzen, die sich in einer Ecke hochrankten.
»Setzen Sie sich, ich habe frischen Tee gemacht. Das hier ist mein Reich.« Sie zögerte kurz. »Und möchten Sie die Wohnung immer noch mieten?«
Steinböck setzte sich vorsichtig in einen der Korbsessel, der verdächtig knarzte, sich aber ansonsten seinem Gewicht anpasste. Maxi Müller hatte sich umgezogen und trug ein langes, rotes Kleid, eine Art indischen Sari, der über und über mit silbernen Pailletten bestickt war.
»Wenn wir uns einig werden, warum nicht?«
»Sie haben doch sicherlich über mich recherchiert?«, fragte sie und griff nach einem der Plätzchen. Steinböck überlegte, es ihr gleichzutun, fasste dann doch in die Jackentasche und zog sein Päckchen Tabak heraus. Er blickte sie fragend an.
»Rauchen Sie nur. Also was haben Sie über mich herausgefunden?«
»Nichts, was mich davon abhalten würde, hier einzuziehen.«
»Und mein Wintergarten?«
»Schön grün, aber ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung von Pflanzen«, antwortete er lächelnd, wobei er sich eine Zigarette drehte.
»Also gut, 950 Euro warm, und den Strom bezahlen Sie natürlich selbst. Zur Wohnung gehören ein Stellplatz auf dem Hof und der kleine Garten vor Ihrer Terrasse. Rasenmäher ist im Schuppen«, erklärte Maxi Müller und legte einen vorbereiteten Vertrag vor ihn hin. Steinböck zündete sich seine Zigarette an und überflog den Text.
»Der Vertrag läuft aber erst ab nächstem Monat? Ich würde gern sofort einziehen.«
»Kein Problem, von mir aus können Sie heute schon rein. Bezahlt wird ab nächstem Monat.«
»Und was machen wir mit Hackers Sachen?«, fragte der Kommissar.
»Was halten Sie davon, wenn wir morgen alles in einen Karton packen, und Sie tragen ihn dann in den Keller. Sie können die Sachen auch gerne mit aufs Revier nehmen, wenn Sie möchten. Außerdem könnte ich Aurelia, unsere rumänische Mitbewohnerin, fragen, ob sie die Wohnung einmal durchputzt. Sie nimmt zwölf Euro die Stunde. Natürlich schwarz. Aber nur, wenn es Ihnen recht ist.«
»Schon gut. Es ist mir sogar sehr recht.« Er griff nach dem Kugelschreiber, gab seine Daten ein und unterschrieb den Vertrag. Dann nahm Maxi Müller den Stift und unterschrieb ihrerseits.
»Und vergessen Sie nicht, Sie übernehmen die Katze.«
»Wo ist sie eigentlich?«
Die Frau mit den roten Haaren deutete auf einen Hocker, der unter einer mächtigen Yuccapalme stand.
»Sie liegt dort auf den Kissen und beobachtet uns.«
»Hat sie wieder mit Ihnen gesprochen?«, fragte er grinsend und blickte dabei auf die Plätzchen.