Strand Krimi Paket: Auch Mörder unter den Freunden - Thriller Sommer 2020. A. F. Morland
Читать онлайн книгу.ist das alles nicht. Ich finde, die beiden sind okay!“ Das war meine ehrliche Meinung. — Übrigens war der Kaffee wirklich in Ordnung. Auf der Straße trennte ich mich von Tom Higgins, der verzweifelt versuchte, drei Reporter loszuwerden. Während er noch mit den Journalisten debattierte, erwischte ich ein Taxi und fuhr zum Ortsbüro.
Dort erwarteten mich schon ein paar Neuigkeiten. Besonders die nachfolgend aufgeführten Berichte und Befunde.
Amtliche Leichenschau des beauftragten Arztes Dean F. Irling MD.
CD.: Arthur Boswell Sievers, 37 Jahre, Eisenbahningenieur, Shamokin 45.
Befund: Kopf-Schädelbasisfraktur, Sugillationen (Blutstauungen) linke Schläfe und hinter dem linken Ohr. Irrediierte Fraktur (Berstungsbruch) durch Contrecoup (Rückstoß), besonders Fraktur des linken Orbitaldaches (Augenhöhlendach).
Ursache: Schmaler, schwergewichtiger Gegenstand wie Rohr, Eisenstange o. ä.
Rechter Arm: Oberarm komplizierte Fraktur (Bruch) mit Hämatom (Bluterguss), handflächengroß, am Ellenbogen. Deutliche Linienzeichnung.
Ursache: Aufprall gegen kantigen Gegenstand mit großer Wucht.
Rechte Hüfte: traumatische Luxation (Verrenkung), mehrere Hämatome (Ergüsse) in Prallgegend.
Ursache: Aufprall auf harten geraden Gegenstand. Aufprall erfolgte zuerst am Gesäß rechts, dort größte Hämatome (Tellergröße).
Rechtes Knie: schweres Trauma (Wunde) über der Patella (Kniescheibe).
Ursache: Aufprall auf harten Gegenstand.
Rechter Unterschenkel: Fraktur und schwere Hämatome über die gesamte Vorderfläche des Unterschenkels bis zum Fuß. Ursache: Aufprall.
Rechter Fuß: Ergüsse und Quetschung des Fußes.
Ursache: Überfahren durch Autoreifen. Typisches Profilbild auf der Oberseite.
Brustkorb: hier Todesursache! Quetschung des Thorax (Brustkorb) durch Überfahren mit anschließendem Spontanpneumothorax (Lungenriss), Hämoptoe (Lungenbluten). Unterbrechung des Herzautomatismus durch Gasdruck. Exitus (Tod) spätestens 3 Minuten nach dem Unfall. Bewusstlosigkeit sofort nach Erhalt der Kopfverletzung, wobei die Möglichkeit besteht, dass sie nicht mit dem Aufprall zusammenhängt.
Nach Ansicht der Kommission hätten diese Verletzungen rechts sein müssen, sie sind jedoch links. Da es unmöglich ist, den Kopf um 180 Grad zu drehen, und da alle Anzeichen darauf hinweisen, dass — nach Einsichtnahme des in Beziehung stehenden Fahrzeuges — das Unfallopfer nicht gestanden haben kann, wird als wahrscheinlich angenommen, dass der Schlag auf den Schädel vor dem Aufprall und dem Überfahrenwerden erfolgt ist. Das findet sich auch offensichtlich dadurch bestätigt, dass am Schadensfahrzeug nur unten an der Stoßstange und unterhalb davon an der Achse Schäden zu finden sind, die auf diesen Aufprall hinweisen. Am Kühlergrill hingegen sind nur leichte Einbuchtungen zu erkennen. Diese von der Kommission inoffiziell zur Kenntnis genommenen Tatsachen bestätigen aber die festgestellten Verletzungen und die davon hergeleitete Ursachenbegründung. Die Kommission nimmt als wahrscheinlich an, dass das Unfallopfer mit angezogenen Knien auf der linken Seite gelegen hat. Die Verletzungen wurden vermutlich von Nummernschild, Stoßstange, Spurstange und Vorderachse verursacht. Der Aufprall hat das Opfer nicht getötet, hingegen aber das Überfahren werden durch mindestens ein Rad über die Brust. Der Fuß ist durch ein anderes Rad überfahren worden. Da das Opfer mit ziemlicher Sicherheit schon vom Vorderrad überfahren wurde und danach liegenblieb, ist es völlig unwahrscheinlich, dass eine Drehung des Körpers stattgefunden hat, wodurch die Schädelfraktur entstanden sein könnte. Am Fahrzeug befindet sich auch kein Teil, das Spuren dieser Verletzung aufweist, wie die Rücksprache mit dem chemischen Labor ergeben hat. Teile der Kopfhaut hätten sich finden müssen, ebenso Blut und Haare.
Zeitpunkt des Todes: etwa 11.30 Uhr am Unfalltag.
Ausgestellt und nachgeprüft:
Medizinische Kommission
gez. Dean F. Irling MD., gez. Henry Ferm MD., gez. Stanley Field, Medical Officer., gez. Dr. William Marco.
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Bericht des Physikalischen Institutes der Stadt Shamokin, Abt. Bezirkspolizei.
Der Unterzeichnete hat heute auftragsgemäß folgende Untersuchung angestellt und abgeschlossen:
Der durch eine gewaltsame Zerstörung zusammengebrochene Pfeiler A der Gilford-Brücke wies folgende Merkmale auf:
1. Er war von der Erde an gemessen zehn Fuß oberhalb durch eine Sprengung in seinem Halt unterbrochen und damit zum Einsturz gebracht worden.
2. An der o. a. Stelle gab es keine zusammenhängenden Stücke mehr. Die nach dort einzuordnenden Reste wiesen starke Zertrümmerung auf.
3. An jener Stelle, zehn Fuß über der Erde, befand sich eine sogenannte Dehnungskammer. In sie ist der Sprengstoff nachweislich eingeführt und zur Explosion gebracht worden.
4. Es wurde nachweislich Ekrasit verwendet, um die Sprengung durchzuführen. Die Umhüllung ist z. T. nicht verbrannt und wurde aufgefunden, zusammengesetzt und identifiziert. Das Ekrasit stammt aus der Chemischen Fabrik für Sprengstoffherstellung Mining & Industrial Material Inc., Detroit. Es entstammt der Fertigungsserie 80 224, die ausnahmslos der Bahnverwaltung in Shenandoah geliefert wurde. Bestände völlig gleicher Fabrikation und gleicher Herstellungsserie befinden sich im Materiallager der A.P. & N.Y. Railroad, Shenandoah.
5. Die Zündung der Sprengung erfolgte elektrisch. Reste der Zündanlage wurden aufgefunden. Sie genügten, um das komplette Zündsystem darzulegen. Es bestand aus einer IHO-Elektrozündanlage, Eigentum der A.P. & N.Y. Railroad, sowie einem Zündkabel aus der Fabrikation der Firma Anderson Electrics, New Jersey.
6. Die Anlage der Sprengung und ihre Ausführung weist auf gute fachliche Kenntnis des Täters hin. Es handelt sich zweifellos nicht um eine Laienarbeit. Das verwendete Material wurde technisch richtig eingesetzt.
7. Das verwendete Zündgerät ist nicht in der Lage, automatisch auf eingestellte Zeit zu zünden. Es muss von Hand durch Drehen des Stromhebels eingeschaltet werden.
gez. Martin Harper, Sachverständiger für physik. Ermittlungen b. d. Bezirkspolizei in Shamokin.
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Den ganzen Vormittag schlug ich mich mit Berichten, Verhören und Zeugenauskünften herum. Inzwischen machte Larry so ungefähr dasselbe in Shamokin. Aber diese Berichte und Ermittlungen waren — obwohl ermüdende Kleinarbeit — nicht wegzudenken. Ohne sie kommt kein Kriminalist in einem Fall weiter.
Und so will ich hier einmal das Fazit dessen ziehen, was ich inzwischen wusste:
Erstens war dieser Brückenpfeiler aus Beständen gesprengt worden, die zum größten Teil von der Bahn selbst stammten. Die Sprengung hatte ein Fachmann ausgeführt oder ein gut ausgebildeter Laie. Ein Tatmotiv war mir noch nicht bekannt.
Zweitens befand sich der Bahningenieur Sievers während oder kurz nach der Sprengung am Tatort. Er hatte auf der Straße seinen Wagen geparkt, der eine Sprechfunkeinrichtung besaß. Wie indessen ermittelt worden war, hatte jemand das Kabel des Telefonhörers an der Lötstelle abgerissen. Am Hörer waren die Fingerabdrücke von Sievers und Boulanger. Sievers wurde — wie die ärztliche Untersuchung ergab — vermutlich mit einem Rohr oder einer Stange von links hinten niedergeschlagen. Dann wurde er, auf der linken Seite liegend, überfahren. Und zwar von vorn, wie der medizinische Bericht erkennen ließ. Danach wurde er von der Straße neben den Straßenrand geschleift. Die Untersuchung von Boulangers gesamter Garderobe hatte ergeben, dass Boulanger einen grauen Anzug trug, den er später in den Abfalleimer des Hotels stopfte. Am Anzug fanden sich Spuren vom Blut des toten Sievers. Zweifellos also hatte Boulanger den Überfahrenen von der Straße gezogen. Der von Boulanger gesteuerte Wagen war auch das Fahrzeug, das Sievers überfahren hatte. In diesem Wagen saß auch die Collins. Fingerabdrücke von ihr fanden sich überall.