Romantic Thriller Trio #9 - Drei Romane. Jan Gardemann
Читать онлайн книгу.schien John keinen Moment zu denken. Seine ganze Fürsorge galt Gwendolyn. Wie es mir ging, war ihm völlig gleichgültig.
Ächzend schleppten wir Gwendolyn vorsichtig auf den Korridor hinaus.
»Mechthild!«, schrie John mit donnernder Stimme. »Wir brauchen deine Hilfe!«
Es dauerte nicht lange, da erschien die Haushälterin auch schon auf der Bildfläche. Sie bedachte Gwendolyn nur mit einem flüchtigen Seitenblick und schob sich dann, ohne auch nur eine Frage zu stellen, an uns vorbei. Zielstrebig ging sie auf eine der Türen zu, die von dem Korridor abzweigten, und öffnete sie.
Dahinter tat sich ein gemütlich eingerichtetes Zimmer auf. Mechthild eilte zu dem Bett und schlug die Decke zurück, damit wir Gwendolyn hineinlegen konnten.
Mit letzter Kraft wuchtete ich die junge Ärztin auf die Matratze und stützte mich dann nach Atem ringend schwer auf das Bettgestell.
John nahm auf der Bettkante Platz und strich Gwendolyn das verschwitzte Haar aus dem Gesicht.
»Bring mir warmes Wasser und Verbandszeug«, befahl John, ohne Mechthild dabei anzusehen.
Die Haushälterin deutete einen Knicks an und entfernte sich rasch.
Wankend umrundete ich das Bett, sodass ich John nun gegenüber stand. Sein Gesicht drückte große Sorge aus und in seinen Augen schwammen sogar Tränen.
»Wie geht es ihr?«, erkundigte ich mich leise.
Ruckartig blickte John zu mir hoch. Mir kam es vor, als hätte er meine Anwesenheit für einen Moment völlig vergessen.
»Sie wird durchkommen«, sagte er abweisend. »Um ihre Kopfverletzung mache ich mir keine Sorgen. Ich habe nicht sehr hart zugeschlagen. Was mir Kopfzerbrechen be reitet, ist der mysteriöse grüne Qualm, den sie eingeatmet hat.«
Zärtlich strich er Gwendolyn über die Wange. »Was glaubst du, Brenda. Wird Gwendolyn nun für immer unter dem Einfluss des geheimnisvollen Duftstoffes stehen?«
Ich zuckte die Achseln. »Das kann ich nicht sagen«, erwiderte ich beklommen. »Es war ein Fehler, das Amulett zu untersuchen. Ich hätte auf mein Gefühl vertrauen sollen. Von Anfang an hatte ich Bedenken dagegen, dem Amulett sein Geheimnis zu entreißen. Es gibt Amulette, die sehr gefährlich sind und in denen magische Kräfte schlummern. Wir werden abwarten müssen, was mit Gwendolyn geschieht. Ich finde es allerdings verantwortungslos, sie nicht in ein Krankenhaus zu bringen.«
John ging nicht auf meine Worte ein. Stattdessen nahm er Mechthild, die in diesem Moment das Zimmer betrat, die Wasserschüssel aus der Hand.
Behutsam tupfte er Gwendolyn die Stirn und reinigte dann ihren blutverschmierten Hinterkopf.
Kaum hatte John seine Arbeit beendet, da schlug Gwendolyn auch schon die Augen auf.
Benommen sah sie sich um. Als sie John erblickte, hob sie schwerfällig den Arm und berührte zitternd sein Gesicht.
»Wie geht es dir?«, fragte John besorgt, nahm ihre Hand und küsste sie.
»Ich... ich fühle mich ganz benommen«, erklärte Gwendolyn mit brüchiger Stimme.
Es war seltsam. Es machte mir überhaupt nichts aus, mit anzusehen, wie liebevoll und zärtlich John und Gwendolyn miteinander umgingen. Eigentlich hätte ich jetzt eifersüchtig sein müssen. Doch es ließ mich völlig kalt, dass die beiden offenbar viel mehr verband, als bloße Freundschaft. Vielleicht unterhielten die beiden sogar eine geheime Liebesbeziehung und betrogen mich hinter meinem Rücken.
Diese Gedanken lösten weder Schmerz noch Trauer in mir aus.
»Du bist auf Brenda losgegangen, Gwen«, erklärte John in diesem Moment. »Wenn ich dich nicht niedergeschlagen hätte, hättest du sie wahrscheinlich getötet!«
Gwendolyn machte ein erschrockenes Gesicht und drehte ihren Kopf langsam zu mir herum. »Ist das wahr, Brenda?«, fragte sie beklommen.
Ich nickte.
»Wie konnte es nur dazu kommen?«, sagte Gwendolyn unbehaglich. »Du bist doch meine allerbeste Freundin.«
Ich schwieg. Der giftgrüne Qualm hatte in Gwendolyn wahrscheinlich unterdrückte Aggressionen geweckt, die sie gegen mich hegte. Wenn sie wirklich mit John eine geheime Liebesaffäre u nterhielt, worauf alles hindeutete, hasste sie mich sicherlich, weil ich zwischen ihr und John stand. Sie empfand mich als Rivalin, musste nach außen hin aber die gute Freundin spielen.
Diese Fassade hatte der mysteriöse Geruchsstoff für einen Moment zum Einsturz gebracht und Gwendolyns wahre Gefüh le zutage treten lassen.
Doch die Wirkung schien wieder nachgelassen zu haben. Gwendolyn machte einen ganz friedlichen Eindruck.
»Der Geruchsstoff des Bisamapfels, den ich unvorsichtigerweise freigesetzt habe, muss Schuld an deinem Verhalten sein«, erklärte ich vage. »Er hat dein aggressives Potential freigesetzt. Es ist dir als Ärztin wahrscheinlich bekannt, dass bestimmte Gerüche Einfluss auf den Menschen ausüben können. Duftstoffe können zum Beispiel aphrodisierende Wirkung haben oder ganz einfach auch Ekel und Übelkeit erzeugen. Der mysteriöse Geruchsstoff aus dem Totenkopfamulett scheint beim Menschen Hass und Mordlust zu wecken.«
»Eine interessante Eigenschaft«, bemerkte John. »Ich frage mich, was für Leute dieses Totenkopfamulett damals getragen hatten.«
»Wahrscheinlich wurde das Amulett von skrupellosen, verbrecherischen Menschen verwendet«, gab ich zu bedenken. »Es kann einen Menschen zum Mörder machen und ist darum ein gefährliches Werkzeug, das zerstört werden muss.«
»Ich werde mich darum kümmern«, erklärte John hastig und bestimmend. »Nun sollten wir uns alle aber ein wenig ausruhen. Wir haben einen harten, ereignisreichen Tag hinter uns.«
»Wie steht es mit deiner Erinnerung, Brenda?«, wollte Gwendolyn wissen.
Ich zuckte lahm mit den Achseln. »Ich habe noch immer keine Erinnerung an mein Leben«, sagte ich. »Lediglich mein Wissen über Archäologie und Amulette scheint zurückgekehrt zu sein.«
»Wir werden es schon schaffen«, meinte Gwendolyn aufmunternd. »Es tut mir unendlich leid, wenn ich dein Vertrauen verspielt habe. Aber es war wirklich nicht meine Absicht, dir etwas anzutun.«
»Ich glaube dir«, erwiderte ich und zwang mich zu einem versöhnlichen Lächeln. »Du kannst nichts dafür. Die mysteriösen Ingredienzen sind schuld.«
Gwendolyn versuchte sich in ihrem Bett aufzurichten. Doch sie verzog schmerzhaft das Gesicht und stöhnte auf.
John drückte Gwendolyn sanft aber bestimmend auf das Bett zurück. »Du musst dich jetzt ausruhen, Gwen. Vorher lasse ich nicht zu, dass du das Bett verlässt.«
»Aber wir müssen Brenda doch helfen«, erwiderte Gwendolyn verzagt. »Je eher sie sich wieder mit Amuletten befasst, desto besser stehen die Chancen, dass sie sich wieder an ihr altes Leben erinnert.«
»Das wird bis morgen warten müssen«, erklärte John. »Mein Bedarf an mysteriösen Vorfällen ist für heute gedeckt.«
»Mir geht es genauso«, bekräftigte ich. »Ruh dich jetzt aus, Gwendolyn. Auch ich brauche etwas Zeit, die Geschehnisse zu verarbeiten. Wer weiß, vielleicht stellt sich die Erinnerung ja ganz von selbst ein, wenn ich zum Nachdenken komme.«
Gwendolyn sah John zweifelnd an. Dieser aber schüttelte nur stumm den Kopf. »Es bleibt dabei«, sagte er und gab dem Dienstmädchen, das neben der Tür stand und demütig den Blick zu Boden gerichtet hatte, ein Zeichen.
»Bring Brenda auf ihr Zimmer«, befahl er. »Und dann kümmere dich um das Abendessen.«
»Jawohl, Sir«, sagte Mechthild. »Ich werde alles zu Ihrer Zufriedenheit regeln. Wie immer.«
9
Mein Privatzimmer befand sich im ersten Stock des Haupthauses und lag im selben Korridor wie das Schlafzimmer.
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