Blutdorf. Rolf Eversheim

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Blutdorf - Rolf Eversheim


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ihn haben möchte. Also was liegt näher, als dass ein Jagdhund auch wieder in Jägerhände kommt. So hätte es der Jakob sicher gewollt.«

      Wie auf Kommando riefen Mülenberk und Schober gleichzeitig: »So machen wir es!« und »Auf gar keinen Fall!«

      Ohne sich darum zu scheren, griff Wüller in den Weidenkorb und nahm vorsichtig ein kleines Häufchen Hund in seine großen Hände. »Das ist unser Waisenkind. Ist sie nicht süß?« Dabei drückte er dem völlig überrumpelten Schober die Dackeline in die Arme.

      Die wurde allmählich munter, schüttelte sich kurz und schmiegte sich dann an Schober an. Der wusste im selben Augenblick, dass er verloren hatte, und wollte wenigstens noch kurz etwas dagegenhalten. Doch als er sah, wie Mülenberk ihn liebevoll anschaute und dem alten Wüller die Tränen über die Wangen liefen, sagte er nur: »Dann soll es so sein. Wie heißt sie denn?«

      »Hexe«, sagte Wüller. »Sie heißt Hexe. Morgen bringe ich dir Hexes Siebensachen. Für heute Abend reicht es sicher, wenn du sie noch mal nach draußen setzt und ihr das Gefühl von Geborgenheit vermittelst«, sprach Wüller, trank sein Glas leer, stand auf, sagte laut »Maaht ett« und war durch die Tür.

      Draußen rieb er sich zufrieden die Hände. Sein Plan war aufgegangen. Gut dass niemand wusste, dass er auf Kommando Tränen fließen lassen konnte. Berufsgeheimnis.

      »Fährt der Wüller jetzt noch mit dem Auto? Der war doch schon gut dabei, als er hier ankam!«, wollte Mülenberk wissen.

      »Klar tut er das. Wer hält schon einen Leichenwagen an? Und auch noch mit einer frischen Leiche drin.«

      »Der Wüller hat die tote Frau Wilden die ganze Zeit, während er mit uns gesprochen hat, im Auto vor der Tür gehabt?«

      »Klar hat er das, Roman. Die meckert wenigstens nicht über seinen Fahrstil.«

      »Stirb in der Eifel, da kannst du was erleben«, philosophierte Mülenberk.

      Hexe fühlte sich sichtlich wohl auf Schobers Armen, als hätte sie genau verstanden, dass es mit diesem netten Herrn wieder auf die Jagd ging. Er roch auch genauso wie sein früheres Herrchen nach dem Zeug, das er immer trank. Hexe entspannte völlig, vergaß wo sie war und öffnete – nun das Dackelherz voller Seligkeit – ihre Hundeblase, die sich auf Schobers Armen entleerte. Der fühlte, wie sein Pullover warm und nass wurde, schaute sein Findelkind liebevoll an und sagte nur: »Das ist ja eine feine Begrüßung, mein kleines Mädchen.«

      Mit den Worten »Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft« verabschiedete sich Mülenberk leise und gönnte den beiden ihre Zweisamkeit. Es würde eine gute Zeit werden mit Hexe, da war er sich ganz sicher.

       16. Kapitel

      Als sie außer Atem ihren Hof erreichte, konnte Katharina Meier es nicht fassen. Die Polizei stand schon da und wartete ganz offensichtlich auf sie. Sogar mit zwei Autos waren sie gekommen. Ihr schwante nichts Gutes. Wie konnten die das vom Mord am alten Pfarrer schon wissen? Und wieso waren sie direkt zu ihr gekommen? War sie nicht die Erste gewesen, die den toten Pfarrer – Gott hab’ ihn selig – gefunden hatte? Hatte sie jemand aus dem Dorf beobachtet und angeschwärzt? Diese Kassiopeia hatte der Teufel gesehen. Konrad hatte ihr schon nicht über den Weg getraut. Die ist eine Hexe. Hütet euch vor ihr, hatte er ihnen beigebracht.

      Jetzt nur keine Schwäche zeigen wäre Konrads Devise gewesen! Selbstbewusst ging die alte Meierin auf die Beamten zu. »Kann ich Ihnen helfen?«, rief sie eine Spur zu laut.

      So kann ich auch, dachte Fröhlich, als er mit forschen Schritten auf Katharina Meier zuging und dabei schon einmal seinen Dienstausweis aus der Tasche zog. Er hielt ihn ihr vor die Nase. »Hauptkommissar Fröhlich von der Kripo Bonn. Und Sie sind?«

      »Wer wohl?«, hielt die Gefragte dagegen. »So viele alte Frauen rennen nicht auf dem Hof rum! Wäre ja auch noch schöner!«

      Alte Scharteke, Schrapnell und Schreckschraube kam Fröhlich in Sinn. Für ihn und die anderen Anwesenden war klar, dass die Alte entweder die Nacht in der Giftkiste geschlafen oder, was wahrscheinlicher war, etwas zu verbergen hatte. »Dann sind Sie sicher Frau Meier, richtig?«

      Die Alte nickte zufrieden. Mit denen könnte sie es allemal aufnehmen.

      »Wir hätten etwas mit Ihnen zu besprechen. Dürfen wir reinkommen?«

      »Warum?«

      »Nun, es ist vielleicht besser, wenn wir uns erst einmal setzen.«

      Katharina Meier wurde unsicher. Das waren die Sätze, die sie in den Fernsehkrimis immer sagten, wenn etwas Schlimmes geschehen war. »Was ist passiert?«, fragte sie deutlich leiser.

      »Ihren Sohn Benno, wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«

      Sie blickte Fröhlich irritiert an. Waren sie am Ende gar nicht wegen Lambrecht hier? »Vergangenen Sonntag war er hier zu Besuch. Ist ja jetzt in Bonn, hier war es ihm nicht mehr gut genug, dem Herrn. Hat er etwas angestellt?«

      »Es ist so, Frau Meier …«, versuchte Fröhlich es so vorsichtig wie möglich. Er hasste diese Situationen. Gleich musste er sagen, was die Alte niemals hören wollte, und sein Gesicht würde sich in ihr Gedächtnis einbrennen. Er war Polizist geworden, um zu helfen, aber jetzt musste er aller Wahrscheinlichkeit nach der Frau, die ihr Leben lang hart gearbeitet und viel für ihre Söhne geopfert hatte, quasi ein Messer ins Herz rammen. In solchen Situationen wurde ihm viel zu viel aufgebürdet.

      Fröhlich räusperte sich und fing noch mal von vorne an, während die Kollegen in Uniform ihre Schuhspitzen fixierten und Westenhoff sich diskret zurückhielt. »Also es ist so, Frau Meier, wir überprüfen gerade, ob Ihrem Sohn Benno etwas zugestoßen ist.«

      »Entweder ist ihm«, erhob sie schnippisch die Stimme, »etwas zugestoßen oder nicht. Was gibt es da zu überprüfen?«

      »Leider ist es nicht so einfach.« Fröhlich hatte einen Augenblick zu lange gezögert.

      »Was ist nicht so einfach? Spucken Sie es aus!«

      Fröhlich schaute zu Westenhoff, der ihm signalisierte, einspringen zu können, doch Fröhlich schüttelte nur leise den Kopf. Das würde er zu Ende bringen. Irgendwie. »Die Faktenlage ist so«, veränderte der Kommissar die Tonlage in nunmehr rein sachlich, »wir haben einen Toten gefunden, der den Personalausweis von Benno bei sich trug, der aber aufgrund seiner schweren äußeren Verletzungen nur mit einem Gentest sicher zu identifizieren sein wird. Wenn Sie vielleicht im Haus noch eine Haarbürste von Benno haben, würde das die Identifizierung erleichtern.«

      Die Alte hatte Nerven aus Stahl, den Sinn des Besuchs noch nicht erfasst oder ihn verdrängt, was oft vorkam. »Wo ist dieser Tote? Wenn es mein Benno ist, werde ich ihn auch erkennen!«

      Fröhlich wiegelte ab. »Das ist keine so gute Idee, fürchte ich. Der Tote ist in einem recht unansehnlichen Zustand. Das würden wir Ihnen gerne ersparen, Frau Meier.«

      »Ich habe meine Söhne schon in unansehnlichen Zuständen gesehen, Herr Kommissar, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Also: Wo finde ich den Toten, der Benno sein soll?«

      Fröhlich sah hilfesuchend zu Westenhoff, der mit Schulterzucken und Kopfbewegungen zum Ausdruck bringen wollte, dass auch er nicht wusste, was am besten zu tun sei.

      Währenddessen war Polizeihauptkommissar Teufel zum Funkgerät des Streifenwagens geeilt und nahm ein Gespräch entgegen, das seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen alles andere als erquicklich zu sein schien. Umgehend bat er seinen Kollegen und die Bonner Delegation, die nun endgültig nicht mehr in Urlaubsstimmung war, zu sich: »Wir haben einen weiteren Toten. Herr Lambrecht, Pfarrer des Dorfes, liegt tot in seinem Beichtstuhl. Wir dürfen von einem Mord ausgehen. Die Kollegen aus Koblenz sind schon unterwegs.«

      »Und wieso dürfen wir von einem Mord ausgehen?« Westenhoff verdrehte die Augen.

      »Er wird sich wohl kaum selber ein Messer ins Herz gestoßen haben.«

      »Scheiß Eifel, Herr Oberstaatsanwalt«, ätzte Fröhlich, »ich


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