Liebe, Tod und Pflege. Michael Weiß

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Liebe, Tod und Pflege - Michael Weiß


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oder gar auftretende Schmerzen, emotional und persönlich zusetzen, sondern diese auch sehr oft Äußerungen tätigen wie: „Ich habe doch mein ganzes Leben lang gearbeitet.“ „Ich war doch immer fleißig.“ „Ich habe eine Anzahl X an Kindern aufgezogen.“ Dies weist nicht nur darauf hin, dass einerseits ein gewisse Art der Immunitätserwartung der im Alter auftretenden Multimorbiditätsfaktoren und den damit verbundenen Einschränkungen, durch im Vorleben geleistete und als persönlich positiv beurteilten Taten, vorliegt, sondern auch, dass der Umstand der Tatenlosigkeit und die auf den ersten Blick fragliche Produktivitätslosigkeit der Allgemeingesellschaft gegenüber dem einzelnen Individuum, sehr negativ auf das Gemüt zu schlagen scheint und der aus meiner Sicht, völlig irrationale Drang entsteht, sich dafür rechtfertigen oder gar entschuldigen zu müssen, das man im hohen Alter eben nicht mehr so kann. Dieser Drang, der Rechtfertigung oder seiner eigenen Multi- Polymorbidität und der damit einhergehenden Hilflosigkeit gegenüber, auch noch ein schlechtes Gewissen zu entwickeln und sich oftmals auch noch wertlos zu fühlen, zeugt in meinen Augen auch schon von einer eindeutigen gesellschaftlichen Resonanzstörung dem einzelnen Individuum gegenüber oder dem Einzelindividuum der Gesellschaft gegenüber, welche in meinen Augen dem massiven Druck und den Erwartungen unserer Kapital- Gewinnorientierten, Leistungsmaximierten , Hochleistungsgesellschaft geschuldet ist. Dies ist meines Erachtens nach darauf zurück zu führen, das das Einzelindividuum in unserer heutigen Zeit in aller Regel danach bewertet wird, welchen fragwürdigen und plastischen ökonomischen Wert er in seinem Schaffen für die Gesamtgesellschaft generiert und sich dadurch für diese bezahlt macht. Durch dieses fast schon perfide Missverhältnis fordern schon heute viele kluge Köpfe eine humanistische Zivilisierung des Kapitalismus.

      Sollten wir als Gesellschaft nicht bestrebt sein, ein gesellschaftliches Klima zu entwickeln, in welchem das einzelne Individuum ohne Angst älter und gebrechlicher werden kann, da es weiß, dass ihm einerseits, komme was wolle, eine optimale und individuelle Form der fachpflegerischen Versorgung zugutekommt, aber auch eine klare Haltung eines gesamtgesellschaftlichen Verständnisses und der Akzeptanz seiner Situation gegenüber herrscht. Das Verhältnis zwischen dem Pflegeklient und der Gesellschaft wird in erster Linie durch Faktoren, wie öffentliche und offene politische- als auch mediale-Diskurse, Debatten und Diskussionen, kulturelle- als auch moralische Debatten beeinflusst. Eine eindeutige Form der Resonanzstörung kann, in meinen Augen, dann entstehen, wenn die Gesamtgesellschaft den Pflegeklienten auf Grund von stetig steigenden gesellschaftlichen Kosten, für professionelle fachpflegerische Intervention, irgendwann als eine Art gesellschaftliche Belastung wahrnehmen sollte. Diesem Risiko entgegenzuwirken, ist in meinen Augen klare Aufgabe der Politik, als auch der medialen Institutionen. Und es verbittet sich in meinen Augen auch, egal in welcher Form, das Bildungswesen, bei welchem eben auch viel zu lange und auch noch heute, gerade in Zeiten von Covid19 tritt diese Tatsache sehr deutlich hervor, gespart und gekürzt wurde, gegen die Pflege aus zu spielen.

      Zum anderen muss man ganz klar sagen, dass in einem immer größer werdenden wirtschaftlichen und spekulativen Kreis, die steigende Pflegebedürftigkeit und der damit verbundene wachsende Pflegebedarf, einzig und allein unter dem banalen und nüchternen Licht einer zuverlässig wachsenden Rendite- Anlagemöglichkeit, betrachtet und der einzelne Pflegeklient, also das lebende, atmende und fühlende Wesen, auf ein Objekt der Spekulation reduziert wird. Diese Auffassung erscheint zunächst emotionslos, abstoßend und massiv befremdlich, doch seien Sie versichert, in allerletzter Instanz ist der Pflegeklient für einen nicht unerheblichen Teil der Pflegedienstbetreiber, für Investoren und zunehmend auch für Spekulanten, aus ökonomischer und wirtschaftlicher Sicht genau das, ein Objekt, für dessen fachpflegerische Betreuung er einen Betrag X erhält. Diese Sicht ist aus kapitalistischer und marktwirtschaftlicher Sicht auch durchaus nachvollziehbar, dennoch ist sie insofern fragwürdig, da sie in aller letzter Konsequenz in meinen Augen gegen jegliche soziale-, humane- und moralische- Ethik verstößt und das einzelne Individuum und dessen Resonanzbedürfnisse sehr grob vereinfacht oder sogar gänzlich ausblendet und außer Acht lässt. Verstehen Sie mich nicht falsch, mir ist durchaus bewusst, dass ohne die Investitionen von privaten Trägern die fachpflegerische Versorgung in Deutschland stand heute nicht mehr zu gewährleisten wäre und nicht alle Investoren oder private Träger sind ausschließlich auf maximale und rücksichtslose Gewinnmaximierung bedacht. Dennoch sollten die aktuelle Entwicklung auf dem Pflegemarkt, die anhaltende und historisch durgängige politische Untätigkeit als auch der klare und eindeutige Zusammenhang zwischen zu brachialer und größtmöglicher Gewinnmaximierung und die dadurch heute schon zu beobachtenden schlechteren pflegerischen Arbeitsbedingungen, geringeren Personalschlüsseln, als auch die damit verbundenen, immer desolater werdenden fachpflegerischen Betreuungsumstände nicht außer Acht gelassen werden. Konkret reden wir über Hedgefonds und andere Finanzinverstoren, welche Pflegeunternehmen ausschließlich kaufen, um den Aktienwert in die Höhe zu treiben, um besagte Unternehmen nach einiger Zeit gewinnbringend weiter zu verkaufen. In dieser Zeit setzen viele Investoren nicht ausschließlich auf pure Expansion, sondern auch auf sehr fragwürdige Strategien wie Tarifflucht, Arbeitsverdichtung und Outsourcing. Immer mit demselben Ergebnis, schlechtere fachpflegerische Betreuung und schlechtere Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer. Die aktuellsten und eindeutigsten Belege für diese Problematik zeigen sich an Beispielen wie „Alloheim“ und „Vitanas“. Diese, den Pflegeklienten in ihrem raubtierkapitalistischen und renditefokussierten Vorgehen komplett ausklammernden Charakter einiger Investoren kann man auch in derer an den Tag gelegten Semantik erkennen. Wenn man einige Wirtschaftsberichte liest, so heißt es dort nur ganz nüchtern, dass in diesem und jenem Zeitraum, diese oder jene Anzahl an Pflegebetten in einem Bereich X erworben worden sind. Ob den Verfassern solcher Sätze und in meinen Augen eindeutigen Anwärtern auf einen Hirnschrittmacher, auch bewusst sein mag, dass in den von ihnen erworbenen Pflegebetten auch lebendige Menschen liegen und deren fachpflegerisches und damit ihr gesundheitliches und psychisches Schicksal mit Erwerb dieser Betten ein großes Stück weit, ebenfalls in deren Hände wandert, wage ich ernsthaft zu bezweifeln. Aber auch einige private Betreiber, welche nicht börsendotierte Unternehmen leiten, legen zu weilen sehr fragwürdige Führungsstrategien an den Tag, um eine größtmögliche Gewinnmaximierung zu erreichen. Ich selber habe Intensivpflegedienste erlebt, die trotz Arztanordnung sich weigern oder eben behaupten, der Pflegeklient würde dieses nicht tolerieren, Beatmungspatienten zeitweise von der Beatmungsmaschine zu nehmen, um eine evtl. mögliche Entwöhnung von dieser zu erreichen. Der Grund hierfür ist so simpel wie niederträchtig, je länger der Pflegeklient voll beatmet werden muss, desto mehr Geld gibt es eben auch von der Kasse. Es ist für den Pflegedienst also aus wirtschaftlich finanzieller Sicht in keinster Weise lohnend, einen Beatmungspatienten von der Beatmung zu entwöhnen. Wie lukrativ und dadurch auch betrugs- manipulationsanfällig der deutsche Pflegemarkt ist, zeigte jüngst das Beispiel des als „Russisch-Ukrainische-Pflegemafia“ bekannt gewordenen Pflegedienstes, dessen Beteiligte im Februar 2018 zu mehreren Jahren Haft verurteilt wurden. Pflegeexperten und Kriminologen gehen davon aus, dass auch das nur die berühmte Spitze des häufig beschriebenen Eisberges darstellt.

      Grundlegend müssen wir uns nach meiner Auffassung zwingend und eigentlich schon vorgestern, darüber Gedanken machen, in wie weit und wie lange wir als Gesellschaft oben angeführte Problematiken und kriminelle Machenschaften noch tolerieren wollen.

      Eigentlich ist es ein Widerspruch in sich selber, dass es einerseits sehr häufig postuliert wird, dass die Pflege zu teuer sei und es für diese einfach zu wenig Geld gäbe, auf der anderen Seite aber genau mit dieser Pflege enorme Renditen und Gewinne erzielt werden und genau diese Renditen und Gewinne aus dem Pflegesystem entzogen werden und dadurch eben nicht dem Pflegeklienten in Form von fachpflegerischer Leistung oder Betreuung zur Verfügung stehen. Dieser Umstand plakatiert in meinen Augen einen fast schon widerwärtigen und abstoßenden Zynismus unseres gesamtgesellschaftlichen Pflegesystems, welchen wir sehr dringlich und unmittelbar unterbinden müssten. In wie weit und in welchem Maße darf man also überhaupt mit der Hilflosigkeit und Pflegebedürftigkeit anderer Menschen Geld verdienen? Also mit den Alten, Kranken, Schwachen und Sterbenden oder mit diesen spekulieren und wäre es nicht zwingend Notwendig, besagte Gewinne und Renditen eindeutig zu deckeln und oder diese wieder direkt in den Pflegeprozess, in Form von Qualitätssteigerung, Ausbildung, Objektneubau oder Forschung, zurück führen zu müssen, um eine rücksichtslose und egoistische Selbstbereicherung zu verhindern? Müssen wir uns nicht sehr zwingend auch über eine flächendeckende


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