Wir bauen eine Krise. Rainer Runzer

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Wir bauen eine Krise - Rainer Runzer


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so weiter.“

      So wenig ich Andreas leiden kann, er hat Recht. „Und jetzt kommt’s: Glaubst du, er hat was draus gelernt? Ich hab mich kurz mit ihm unterhalten. Er meint immer noch den Königsweg zum Erfolg zu kennen. Die anderen können seinem Sachverstand nur nicht folgen. Sagt er, hält mir eine Bratpfanne unter die Nase und fragt, ob ich sie kaufen will.“

      Das Lachen könnte ich dir gerade aus dem Gesicht schlagen. Was maßt du Emporkömmling dir an? Ohne die Erfolge von Klaus hättest du nie diese Position und deine Firma nicht diese Stellung. Notiz: Königsweg.

      „Und, hast du?“

      Zum ersten Mal verschwindet das Lächeln aus Andreas’ Gesicht. Hat er also nicht. Obwohl er sich es locker leisten könnte, nem armen Kerl – ob nun arrogant oder nicht – eine Pfanne abzukaufen.

      „Jedenfalls…“

      Meine Aufmerksamkeit schweift ab. Eine Blondine betritt das Café. Sie bleibt am Eingang stehen und sieht sich die Leute an den Tischen an. Sie sieht auf die Uhr und setzt ihre regungslose Suche fort.

      „Schau mal, die hübsche Blonde da hinten. Willst du von der vielleicht das Boot kaufen?“

      Das waren die richtigen Schlagwörter: hübsch, blond und kaufen. Andreas nimmt Witterung auf und steuert auf sie zu. Gefolgt von Hektor, der so aussieht, als würden ihm die dauernden Ortswechsel auf die Nerven gehen. Wenn er das nächste Mal die Schnauze so aufreißt, sag ich ihm die Meinung. Luftpumpe.

      Stumm nippe ich an meinem Espresso. Einen Gedenkschluck für Klaus, wenn man so will. Werde gelegentlich die Kaufhäuser abklappern und ihn zum Essen einladen. Trotz seiner Überheblichkeit hatte er sich immer um seine Freunde gekümmert.

      „Dr. Späth.“

      Ich sollte mal den Klingelton ändern, fast hätte ich mein Handy überhört. Fast jeder zweite hat den, deshalb ignorier ich ihn meist.

      „Natan Vogth hier. Guten Morgen“

      „Markus hat mich schon angerufen und mich vorgewarnt.“

      Seine Stimme ist knapp und klar.

      „Machen wir es kurz. Sie brauchen ein Interview und ein paar Tipps und ich habe keine Zeit. Markus zu liebe, würde ich meine Mittagspause opfern. Was halten Sie davon?“

      Irgendwie komisch, auf der einen Seite war dies fast schon ein Befehl, aber auf eine Art, die sympathisch rüber kommt.

      „Das passt.“

      Eine andere Möglichkeit hab ich ja eh nicht. „Ich sitze schon im Cafe Pascal, in der Fußgängerzone.“

      „Kenn ich. Um 12:30 Uhr?“

      „Ja“

      „Bis dann“. Klick. Das war’s.

      Der Einband ist schön, riecht noch nach Leder und an der linken oberen Ecke eine kleine Narbe. Blankes Papier. Keine Linien oder Kästchen. Meine Liebste hat es mir das Notizheft zum Nikolaus geschenkt. Ich freue mich zu sehen, wie es sich langsam mit meinen Erkenntnissen über Krisen füllen wird. Die nächsten Tage wird es mein treuer Begleiter sein.

      Andreas schießt mir immer wieder durch den Kopf. Verdirbt mir die Laune. Was maßt sich dieser Typ doch an. Klaus ist doch ein armer Mensch. Tiefer fallen geht wirklich nicht. Vom Tophelden zum Topfhelden.

      Vom BMW 7er zum bezuschussten Busticket. Der hat wirklich eine Krise.

      Das ist so wie mit dem Dicken an der Eingangstür. Beide haben mal einen Weg gefunden wie’s geht und von dem wird nicht abgewichen. War ja mal erfolgreich. Ob Türen oder Märkte öffnen. Sobald sich die Welt aber weiter dreht und eine kleine Abweichung eintritt, klappt es nicht mehr. Da baut sich Druck auf, wie Wasser vor einem Hindernis. Und anstatt die Strategie zu ändern, geben sie nur noch mehr Gas. Nach dem Motto „viel hilft viel“. Immer mehr Druck geben. Aber nicht in Richtung Ziel sondern Richtung Hindernis. Das Verstärkt sich, getreu dem Naturgesetzt „Druck erzeugt Gegendruck“. Ein anderer Weg wäre wohl schlauer.

      Hab ich wirklich was von Andreas gelernt? Das will ich ihm lieber nicht verraten, sonst wieder er noch herablassender.

      Nix wie aufschreiben.

      Wenn ich eine Krise haben will, ist es sehr hilfreich wenn ich mich in meiner Flexibilität beschränke. Ich versteife mich nur auf einen Weg. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ich mein Ziel nicht erreiche und somit sinken meine Erfolgschancen. Die Angst vor dem Versagen, das dabei Auftritt, ist sehr hilfreich.

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