Unser täglich Bier gib uns heute. Theobald Fuchs
Читать онлайн книгу.mittleren vierstelligen Punktestand verfügt. Und so nippt der Nutzer kurz an möglichst vielen verschiedenen Bieren. Wohl dem Genießer, der sein Lieblingsbier auch trinkt und das Telefon dabei zur Seite legen kann – ein großes Glas, ein ganzer Kasten, ein frisches Fass. Prost!
27.01.
FRAGE AN DEN REICHSKANZLER OTTO VON BISMARCK:
?„Es heißt, Sie hätten das Biertrinken in die Politik gebracht: Wie kam es zu diesem Beschluss?“
!Gnädigste, lassen Sie es mich in aller Deutlichkeit sagen: Das ist hanebüchener Unsinn!
Das Volk dichtet sich nun mal die Welt, wie es sie gerne hätte. Zu meiner Amtszeit fiel mir auf, dass diejenigen, die am uneffizientesten in den Amtsstuben, die aktivsten in den Wirtshäusern waren. Darum bemängelte ich, dass so viel kostbare Lebenszeit mit Biertrinken vertrödelt werde.
Da ich ja nun für meine Trinkfestigkeit bekannt war, erlaubte ich mir, besonders komplizierte Verhandlungen in eine Gastwirtschaft zu verlegen.
Alle Beteiligten freuten sich recht dümmlich darüber, und ich konnte sicher gehen, dass die Ergebnisse der Verhandlungen meinem Anspruch genügen würden.
28.01.
BROUWERIJ ’T IJ
Jedes Mal, wenn ich die Brouwerij ’t IJ betrat, war mein Gesichtsausdruck der gleiche. Überwältigung traf auf Freude und beim Anblick der einfachen silbernen Hähne, aus denen das Bier mit Hochdruck gezapft wurde, wusste ich, dass ich am richtigen Ort war.
Ich war hier am liebsten, wenn der Herbst die Blätter von den Bäumen gejagt hatte und die schweren Böcke, manchmal bis zu fünf auf einmal, an den Hahn kamen. Draußen peitschte der Wind große Regentropfen an die Fenster, aber drinnen war es immer gemütlich. Es gab Tage, an denen sich die Menschen hier auf den Füßen herum trampelten. Ärger gab es deshalb nie. Die Masse, die sich hier versammelte, wollte dasselbe, und das wurde von fleißigen Mitarbeitern bereitgestellt, die sich nicht aus der Ruhe bringen ließen. Fast schon stoisch ruhig und immer mit einem ehrlichen Lächeln reichten sie einem das Bier.
Hier hatte ich trotz der stärker werdenden Abneigung gegen Touristen das Gefühl, dass es mit ihnen und den Einheimischen doch irgendwie passte. Hier war man zu jeder Zeit von unterschiedlichen Sprachen umgeben, und ich mochte die angriffslustige Lautstärke, die fast schon beißend über allem lag.
Irgendwann, gegen kurz vor zwanzig Uhr, kam der nicht zu überhörende Ruf zur letzten Runde, denn der Ausschank hatte ohne Ausnahme ab Punkt 14 Uhr bis um Punkt 20 Uhr offen. Wenn ich nach meinen Besuchen bei der Brouwerij ’t IJ auf meinem Fahrrad saß, fuhr ich häufig noch kreuz und quer durch Amsterdam Oost, aber ich kehrte niemals noch mal irgendwo ein, weil ich zumindest für einen Abend das unfassbar stimmige Schauspiel im Kopf behalten wollte, das mir dort geboten wurde.
29.01.
ODE ANS PITTERMÄNNCHEN
Der Goldstandard einer rheinischen Familienfeier sieht vor, dass das ausgeschenkte Bier gezapft wird. Flaschenbier ist eine Unsitte, die Pilstrinkern oder anderen Häretikern vorbehalten bleibt.
Richtiges Bier, so will es das Gesetz über den großen, sonst unüberwindlichen Alt-/Kölschgraben hinweg, kommt aus dem Fass. Bis heute gehört deshalb der Zapfhahn zum Inventar eines gut ausgestatteten rheinischen Haushalts.
Pittermännchen nennt man diese Fässer im Rheinland, meist sind sie 10 Liter groß, aber auch größere Volumina bis zu 30 Litern fallen unter den erweiterten Pittermännchen-Begriff. Wichtiger ist ohnehin, dass im bayrischen Anstich, also nur mit Hilfe von Zapfhahn und Schwerkraft, ohne Druck oder Zwischenkühlung ausgeschenkt wird. Die Herkunft des Namens ist nicht sicher geklärt. Die plausibelste These führt nicht auf den Namen Peter zurück sondern auf rheinisch verschliffenes petit aus napoleonischen Besatzungszeiten.
Doch wo auch immer der Name herstammt – für Biere wie Alt und Kölsch, aber auch für untergärige Helle, Land- und Kellerbiere gibt es keine Schankform, die Süffigkeit und Geschmack des Bieres so perfekt betont, wie ein Pittermännchen im bayrischen Anstich.
30.01.
FAMILIENMENSCH
Frauen trinken weniger Bier, weil sie so den CO2 Fußabdruck der Familie verringern können.
31.01.
WAS IST GOSE?
Faulheit und Dummheit sind Ursache dafür, dass wir auf Marketingsprech hereinfallen. Zum Thema Aufklärung gehört auch die Selbstbestimmung und die Eigenverantwortung.
1. Nachschlagen, was Gose eigentlich ist. Der Bierstil kommt wohl aus Goslar und ist nach dem Flüsschen Gose benannt. Früher war dieses Bier, wie alle Biere im Mittelalter, eine Spontangärung. Heute wird obergärige Hefe genommen, die meistens mit einer bakteriellen Milchsäuregärung einhergeht.
2. Koriander und Salz gehören in die Gose? Man weiß, dass Koriander sich erst im 15. Jahrhundert über Nordeuropa ausbreitete. In Großbritannien wurde Koriander zum ersten Mal 1066 erwähnt. Goslar wird schriftlich erwähnt 979; die Zeit von Otto II. Der Harz war schon während der Römerzeit ein begehrtes Erzabbaugebiet.
3. Wann war die Römerzeit? 7. Jahrhundert v. Chr. bis 8. Jahrhundert n. Chr.
4. Schlussfolgerung: Unwahrscheinlich, dass im Frühen Mittelalter (500 - 1050) die Gose schon mit Koriander gemacht wurde. Es könnte jedoch sein, dass mit der Kaiserpfalz auch neue Gewürze nach Goslar kamen. Das wäre dann so um 1050 gewesen.
5. Was war noch die Kaiserpfalz? Irgendwas mit deutsch-römischen Kaisern und Königen. Frage wird zurückgestellt.
6. Mit andern forschen. Wir kommen ins Grübeln, wann wohl das Salz dazugekommen sein könnte, und der Brauer meint, dass vielleicht das Brauwasser an sich zu den damaligen Zeiten salziger war. Der Hobbyhistoriker widerspricht dieser Theorie vehement.
8. Andere fragen. Vielleicht weiß ja jemand von den Lesern mehr dazu. Wer selbstbestimmt und verantwortungsbewusst Bier genießen will, hat keine Langeweile: Aufklärung ist die Maxime, selber zu denken.
FEBRUAR
01.02.
AN DEN UFERN
des Mariagerfjords sitzt der alte Mann und wirft kleine Kieselsteinchen ins Wasser, manchmal nacheinander, manchmal gleichzeitig.
Stunde um Stunde.
Er scheint glücklich zu sein. Auf die persönliche Frage, warum er das mache, antwortet er:
Ich bin eine alte, doofe Däne. Als ich zwanzig war, stand ich schon mal genau hier und habe wütend Steine auf’s Wasser geschmettert. Jene kleine Insel habe ich damals geworfen. Ich war damals als Videohändler pleite und wusste nicht, was ich machen solle.
Als ich mich abreagiert hatte, warf ich vorsichtig kleine Steinchen und sah, dass sie viel interessanter sind, weil auch sie Wellen verursachen und manchmal sind es sogar große Wellen, die sehr weit getragen werden.
Jetzt sitze ich hier und denke über mein Leben nach. Bier nach Deutschland zu exportieren, war ein kleines Steinchen. Heute sind unsere Biere in vielen deutschen Geschäften und Bars. Angefangen hat es mit einem ganz kleinen Laden und einer verrückten Frau.
Heute werfen wir als Unternehmen in viele Länder Steinchen, und wir sind viele, die die jeweilige Welle beobachten müssen.
Das ist stressig. Vor 10 Jahren war unser Leben freudiger.
02.02.
DEUTSCHLAND IST BIERLAND NUMMER 1
Deutschland ist Bierland Nummer 1. Behauptet eigentlich jeder deutsche Bierdimpfl, und zwar nicht nur am Stammtisch, sondern leider auch, wenn er international unterwegs ist.
Oh, und wie recht er dann immer hat …