Realpräsenz Jesu Christi - Band 1: "Dies (ist mein Leib" ... "Dies ist mein Blut". Christoph Göttert

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Realpräsenz Jesu Christi - Band 1:


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Die Selbstvermittlung Gottes im Menschsein Jesu verifiziert a priori auch das verkündete Wort, in dem sich dieser Selbstausdruck Gottes aktuell und immerzu für den Menschen erschließbar realisiert.

      Wenn Gott sich selbst durch sein Wort29 den Menschen vermittelt, ereignet sich sola gratia (allein durch Gnade) auch das Gericht über die Sünde, die Selbstüberschätzung des Menschen würde den Versuch markieren, das Heilsgeschehen unter eigene Kontrolle zu bringen.

      Indem sich das Wort an den Glaubenden vermittelt, gewinnt es eine situatuationsbedingte Gestalt, die Sakrament genannt wird.

      Das Sakrament ist eine Selbstkonkretion des einen Heilswortes in der Weltsituation des Glaubenden. „Taufe und Abendmahl nämlich profilieren einerseits die Situationshaftigkeit des Menschen, und andererseits die Worthaftigkeit der Situation des als Heilsgeschehen aufgefassten Sakraments. “30 (Hervorhebung von mir, cg)

      Das Sakramentsgeschehen wird nicht als Anhängsel des Wortgeschehens verstandenden, ohne deshalb die Ausschließlichkeit des Gott allein vorbehaltenen Rechtfertigungsgeschehens durch eine menschliche „Zutat“ zu relativieren.

      Der evangelischen Neubewertung des Sakraments entspricht auf katholischer Seite die Neubewertung des Wortes. (G. Söhngen, F.X. Arnold, M. Schmaus, H. Volk, O. Semmelroth, W. Kasper, E. Schillebeeckx u.a.). Das Wort ist mehr als bloß katechetische Information.

       Der Predigt im Gottesdienst und dem Wortelement in den Sakramenten kommt eine Heilsbedeutung zu, weil in ihnen Gott sich in seinem Wort vergegenwärtigt und vermittelt. (Hervorhebung von mir, cg)

      Der bereits erwähnte und wohl bedeutendste Theologe der katholischen Kirche des 20. Jh., Karl Rahner, versteht Offenbarung als Selbstmitteilung Gottes: Gott legt sich selber in seinem menschgewordenen Wort aus. Damit tritt das Wort des Heils unter die Bedingungen der verschiedentlichen Formen menschlichen Lebens und (gesellschaftlichen) Zusammenlebens.. Dieser pluralen Gestalt entsprechend präzisiert sich das eine Sakrament, das Christus ist, in vielfältigen sakramentalen Grundvollzügen der Kirche. Zum Begriff Sakrament und dessen Präzisierung schreibt Karl Rahner (gest. 1984) in einer grundlegenden Studie31, dass im strengen und eigentlichen Sinn ein Symbol nie ein bloßer Hinweis ist, sonderen immer „Realsymbol“ ist. Dem liegt die philosophische Überlegung zugrunde, dass alles Seiende sich notwendiger einen „Ausdruck“ verschafft, um zu sich selbst zu kommen, um sein eigenes Wesen zu finden. Dies impliziert, dass alles Seiende notwendigerweise „symbolisch“ ist. „Indem ein Seiendes sich zum Ausdruck bringt, verwirklicht es sich.

      Die Sakramente sind daher als von Gott selbst getragene Medien der Vermittlung in seine unmittelbare Gegenwart zu verstehen.

      Definiert man die Sakramente als Vollzugsweisen der personal-dialogischen Kommunikation mit Gott, werden die klassischen protestantischen Einwände gegenüber einem „dinglichen“ Gnadenverständnis und einer wenig personal interpretierten Begegnung mit den Menschen gegenstandslos.

      Dieses Sakramentsverständnis wird der Bedeutung der geist-leiblichen Natur des Menschen gerecht und holt auch die Wirklichkeit der inkarnatorischen Heilsvermittlung in jeder Hinsicht ein.

       2.3 Die Kirche in Christus als Wurzelsakrament und ihre Verwirklichung in den Einzelsakramenten

      Die jeweiligen Sakramente der ekklesia catholicae können nicht jeweils historisch auf den irdischen, vorösterlichen Jesus zurückgeführt werden. Dass sich in der Urkirche rituelle Grundvollzüge wie Taufe, Eucharistie u.a. herausbildeten, muss als ein Geschehen betrachtet werden, das ursächlich aus dem gesamten Geschehensablauf der Heilswirksamkeit, aus den Initialereignissen der Kirche (Ostern und Pfingsten), von den ersten Anfängen an durch die Heilssendung erwachsen waren. Von der Ur-Kirche bis heute ist die Gemeinschaft der Herausgerufenen, von den ersten Christen an als ganze Objekt, Instrument und Werkzeug des eschatologischen, in Christus geschichtliche Wirklichkeit gewordenen Heilswillens Gottes.

      „Die Sakramente sind konkretisierende Selbstvollzüge der Kirche des Wesens und der Heilssendung der Kirche, durch die Christus als Haupt der Kirche selbst auf das Heil des einzelnen Menschen hin tätig wird.“32

      Der Inhalt der Sakramente geht jedoch auf den geschichtlich fassbaren Heilswillen Gottes im Wirken des vorösterlichen Jesus zurück.33 Als markante Weise verkündete er die Gottesherrschaft, berief und sendete Jünger und Apostel, vergab Sünden und hielt Mahlgemeinschaft mit Sündern, führte Wunderheilungen an Kranken und Aussätzigen durch. Die Neubewertung der Ehe vom Heilswillen Gottes her und Stiftung des Realgedächtnisses seines Todes beim letzten Abendmahl lässt sich auf den Messias, den Erlöser Jesus Christus zurückführen. Das Ursprungssakrament des Heils, das in den kirchlichen Sakramenten vermittelt wird, darf ebenso als von ihm nach seiner Auferstehung gestiftet durch den heiligen Geist gewirkt aufgefasst werden. Die Urkirche hat keineswegs aus eigenem Antrieb Sakramente erfunden. Ebenso wenig gehen die Sakramente aus dem religiösen Tiefenbewusstsein des kirchlichen Volksgeistes hervor. Fakt ist vielmehr: Die Sakramente stammen aus der geschichtlichen Wirksamkeit Jesu Christi.

       2.4 Impulse aus der Mysterientheologie

      Jenseits der irrigen These eines inneren Zusammenhangs heidnischen Mysterienkulte mit dem Vollzug des christlichen Mysteriums in den gottesdienstlichen Handlungen der Kirche hat die Mysterientheologie Odo Casels 34 einen weitreichenden Einfluss auf das Liturgieverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils ausgeübt. Die klassische Sakramententheologie hatte die Beziehung zwischen der geschichtlichen Heilstat und dem gegenwärtigen Heil durch die durch die sog. Effektus-Theorie erklärt. In den Sakramenten wird die Wirkung des historischen Leidens Jesu auf den Glaubenden appliziert, übertragen. Überdies muss aber gesagt werden, dass sich Heil als Mitvollzug am Passah-Mysterium ereignet. Die Taufe bedeutet Einbezogen-Werden in Sterben und Auferstehung Jesu.35 Die Eucharistie ist Gemeinschaft mit dem dahingegebenen Leib und dem vergossenen Blut Christi.36 Die historisch-irdische wie sich im Reich Gottes nach dem Tod vollendende Heilstat Jesu kann aber nicht wiederholt werden; als vergangenes historisches Ereignis geht sie genauso wenig einfach zeitlich weiter.

      Da in Jesu Heilstat die Fülle der Zeit gegeben ist, transzendiert die jesuanische Hingabe seiner selbst ihr einmaliges historisches Geschehen in räumlich und zeitlicher Dimension und erreicht deshalb den personalen Glaubensvollzug der Menschen zu jeder Zeit.

      Das Konkret-Einmalige wird universal, ohne seine realhistorische Verwirklichungsweise zu verlieren. Das in einem bestimmten Zeitpunkt sich ereignete, aber alle Zeiten erreichende eschatologische Heilsgeheimnis ist gegenwärtig „in mysterio“. Gemeint ist damit der sakramental-liturgische Zeichenvollzug (realsymbolische Symbolhandlung) im Wort und Glauben in der Kirche. Eigentlicher Inhalt und Träger des Paschahmysteriums ist der zum Kyrios erhöhte, geschichtliche bzw. irdisch-auferstandene, jenseitige Sohn Gottes.

      Das Fundament der symbolischen und sakramentalen Aktivitäten, die dieses Mysterium vergegenwärtigt, ist die Kirche, die nicht untergeht, sondern aufgeht in der communio sanctorum im Jenseits bei Gottvater, Gottsohn und in der unerschöpflichen Liebe des Hl. Geistes lebt. Durch die vollzogene Kulthandlung tritt die Kirche mit ihren Mitgliedern ein in die Schicksalsgemeinschaft mit Jesus.

      Indem die Kirche an Christi Leiden teilhat, trägt er die Christen in ihrem Leiden und Sterben und lässt sie so an seiner Herrlichkeitsgestalt als Auferstandener teilnehmen.37

      Dieser Konzeption ist der wichtige Gedanke einer akthaften Teilhabe (participatio actuosa) am Passah-Mysterium zu entnehmen, der für das Liturgieverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1966) maßgeblich wurde.

       2.5 Die Sakramente im Licht der modernen Kommunikationstheorie

      Verankert in einem kommunikationstheoretischen Offenbarungsverständnisses wird deutlich, dass Gott sich selbst dem Menschen als Leben mitteilt. Ein solcher Lebensaustausch bedarf aber signifikanter Handlungen und Zeichen, in denen er sich realisiert und anzeigt. Da sich Sakramente in symbolischen Sprechakten und kommunikativen Handlungen aussagen, verwirklichen und kraft des Vaters und Sohnes im Hl. Geist wirksam werden, entstehen im Spannungsfeld von Selbstverständnis und Weltverständnis „Figuren des Lebens“, die ein neues Füreinander und Miteinander


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