Realpräsenz Jesu Christi - Band 1: "Dies (ist mein Leib" ... "Dies ist mein Blut". Christoph Göttert
Читать онлайн книгу.in einem umfassenden Kommunikationssystem. Diese mysterienhaften Kommunikationshandlungen beinhalten realiter qua Realsymbol die Leben stiftende Liebe Gottes. Diese ist in sich selbst Identität am Schnittpunkt sozialer Interaktion, und zwar im Medium der Leiblichkeit und im Raum der dazugehörenden materiellen Welt. Die Zeichen- und Bedeutungsebene führt also auf die Realebene als Moment an ihr.
Fazit: In der Menschwerdung wird der Mensch und damit auch die Welt in dieses trinitarische Kommunikationsgeschehen einbezogen. Die Menschheit Jesu ist das Ur-Symbol gottmenschlichen Dialogs.
Der dreifaltige Gott ist in sich selbst schon Kommunikation personal38 wie relational – immanente trinitarische Kommunikation.
2.6 Das konstruktiv-kritische Potential der Sakramente
Die sieben katholischen Sakramente erschöpfen sich nicht in ihrer religiösen Bedeutung; sie betreffen die ganze Realität des menschlichen Lebens. Es ist also eo ipso facto wesenswidrig, wenn man ihre kultische Dimension zur Rechtfertigung oder Stabilisierung gesellschaftlicher Unterdrückung und Ungerechtigkeit missbraucht. Der Ausspruch Lenins „Religion ist Opium für das Volk“ bringt dies höchst präkär auf den Punkt. Allerdings ist zu fragen, ob die atheistisch orientierte Sowjetunion besser Humanität und menschenwürdiges Leben realisiert hätte als etwa die die Bundesrepublik Deutschland (gegr. 1948), also in einem demokratischen Rechtsstaat mit Religionsfreiheit und -praxis. Ich kann hierzu nur generell „Nein“ sagen. Als Ausdruck und Instrument des befreienden Gottes am Menschen verpflichten die Sakramente zum Mithandeln: Zur Realisierung von Gerechtigkeit, Freiheit und Geschwisterlichkeit in der Gesellschaft.
„Wenn Du Deine Opfergabe zum Altar bringst und Dir dabei einfällt, dass Dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass Deine Gabe dort vor dem Altar liegen, geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.39
In puncto Sakrament der Eucharistie „feiern wir Kreuz und Auferstehung Christi, sein Hinübergehen vom Tod und Leben und unser Hinübergehen von der Sünde zur Gnade… Befreiung von der Sünde ist der Kern jeder politischen Befreiung. Erstere macht sichtbar, was bei der letzteren wirklich auf dem Spiel steht. Umgekehrt setzt Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen die Überwindung aller Ungerechtigkeit und Ausbeutung voraus… Für die Juden war die gemeinsame Mahl ein Zeichen der Geschwisterlichkeit, das die Teilnehmer zu einer heiligen Pakts zusammenschloss. Auf der anderen Seite stellen Brot und Wein Zeichen der Geschwisterlichkeit dar und deuten zugleich auf das Geschenk der Schöpfung hin. Die reale Vergegenwärtigung von Jesu Leib und Blut in der Eucharistie birgt einen solchen Bezug in sich und erinnert uns daran, dass Geschwisterlichkeit im Willen Gottes wurzelt, allen Menschen die Güter dieser Welt zu überantworten, damit sie eine menschliche Welt schaffen. 40
16 Kant, Preisschrift über die Fortschritte des Metaphysik, in: Gesammelte Werke, Akademie-Textausgabe, Berlin 1968, Bd. 20, 260.
17 Ebd.
18 K. Müller, Gott erkennen, Das Abenteuer der Gottesbeweise. Regensburg 2001, 92.
19 Vgl. u.a. Vorgrimler, Sakramententheologie, 13.
20 Vorgrimler, Sakramententheologie, 14.
21 Ebd., 16.
22 Ebd.
23 Ebd.
24 Schneider, Zeichen der Nähe Gottes, 1.
25 Vgl. G. Ebeling, Erwägungen zum evangelischen zum evangelischen Sakramentsverständnis, in: ders., Wort und Tradition„ Göttingen zweite Aufl. 1966, 217-226, hier 217.
26 Barth, Kirchliche Dogmatik (KD) I,1,61
27 Althaus, Die christliche Wahrheit, Gütersloh 1972, 536-547.
28 WA 6, 86,5 ff.
29 Es ist die Frage, was Jüngel unter „Gottes Wort“ versteht. Handelt es sich um die Hl. Schrift gegenüber einer katholischen Auffassung Jesu als Wort Gottes, als Sohn? Hier liegt eine nicht zu unterschätzende Gefahr einer Äquivozität.
30 Rahner, Jüngel, Das Sakrament – was ist das? Versuch einer Antwort, in: Dies., Was ist ein Sakrament?, Freiburg i. Br. 1971, 16.
31 K. Rahner, Zur Theologie des Symbols (1959) in: Schriften zur Theologie IV, 275-311.
32 Vgl. K. Rahner, Kirche und Sakramente, 36.
33 Vgl. Anm. 19 und die Ausführungen zur „historisch-irdisdchen Einsetzung“ der Sakramente durch Jesus.
34 Casel, Das christliche Kultmysterium, Rb, 4. Aufl. 1960.
35 Vgl. Röm 6, 3ff
36 Vgl. 1 Kor 10,16 f.)
37 Vgl. Phil 3, 10f.; Röm 6.
38 Schwierigkeiten bereitet indessen die Definition von Person im innertrinitarischen Kommunikationsverhältnis. Je nachdem, wie Person definiert wird, würde es sich um einen Tritheismus handeln – ein Vorwurf, den islamische Theologen dem Christentum machen. Sieht man Person letztlich als Relation (ohne Selbststand), wird zwar das Dilemma der Vielgötterei überwunden, zu fragen ist aber, ob das ein noch gängiger Personenbegriff ist.
39 Mt 5, 23. Vgl. ebenso: Mt 25, 31-46; 1 Kor10, 10 f.; Jak 1,127, 1 Joh 3, 17.
40 Vgl. G. Gutiérez, Theologie der Befreiung, Mainz, zehnte Aufl. 1992, 320.
3. Ein anthropologischer Zugang zu den Sakramenten
3.1 Die Wiederentdeckung der Symbole
Zu einem ersten Verständnis von Sakramentaliität kann die im zwischenmenschlichen Leben vielfach bestätigte Erfahrung führen, dass durch Zeichenhandlungen eine Botschaft vermittelt wird. Eine innere, thematisch zu fassende, inhaltliche Aussage kommt in einer äußeren, in Zeit und Geschichte greifbaren Wirklich zum Ausdruck. „Eindeutig wird das im Zeichen Gemeinte oft erst durch die deutenden Worte und ihren erkennnbaren Bezug zu einer spezifischen Lebenssituation von Menschen.“ In der Theologie, vor allem in der Sakramententheologie, wird der Begriff Symbol zunächst im alten, griechischen Wortsinn verwendet als Erkennnungszeichen, das eine innere Verpflichtung, einen Vertrag, eine bestimmte Weise der Begegnung und Gemeinschaft enthält, darstellt und aktualisiert. Seit dem 4. Jh. n. Chr. ist das Wort Symbol Name für das Erkennnungszeichen der Christen, das gemeinsame Glaubensbekennntnis. Diese Wortwahl hat folgenden Brauch als Hintergrund: „Unter Freunden, Gastfreunden, Geschäftsinhabern oder Kaufleuten war es Sitte, bevor man sich trennte, irgend einen Gegenstand, eine Spielmarke, ein Siegel, ein Täfelchen, ein Knöchelchen, ein Geldstück in zwei Hälften zu teilen, von denen jeder Partner eine an sich nahm, als Zeichen, an dem man sich wiedererkennen sollte oder um einen Boten auszuweisen.“41
Der eigentliche Symbolbegriff der Theologie heißt Sakrament (…) und meint das untrennbar verschränkte Ineinander und Miteinander einer menschlichen, innerweltlichen Wirklichkeit und einer göttlichen Realität.
Gleichwohl; Die gesellschaftliche Verdrängung der sakramentalen Idee in der zweiten Hälfte des 20. Jh., auch daher rührend die stetig sinkende Frequentierung der Sakramente – besonders des Bußsakramentes – und damit die zurückgehende Präsenz christlichen Gedankengutes wie christlichen Verhaltens ist der Ausdruck eines tiefgreifenden Unvermögens des modernen Menschen, die gesamte Lebenswirklichkeit symbolisch zu erfassen. Diese Krise wird mitverursacht durch ein mechanistisches Weltbild, das die Materie allein unter dem Gesichtspunkt der Quantität und der Einzeldinge funktional betrachtet. Daher können die materielle Welt und die Einzeldinge vom Menschen kaum mehr als Medien aufgefasst werden, die ihm helfen, seine Bezogenheit auf den universalen Horizont des Seins und den Grund allen Seins zu realisieren.
Wenn ein materiell verfasstes Symbol nicht als Medium und Ausdrucksgestalt einer transzendentalen Wirklichkeit verstanden werden kann, dann werden Sakramente undenkbar.
Im neuzeitlichen Rationalismus werden zwar symbolträchtige Stützen eines