Blickwinkel - die etwas andere Biografie. Roswitha Schreiner

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Blickwinkel - die etwas andere Biografie - Roswitha Schreiner


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      Roswitha Schreiner

      Blickwinkel

      die etwas andere Biografie

       Für meine Eltern

      Inhaltsverzeichnis

Aanachronistisch
BBerufung
CChance
Ddurchgesetzt
Eerste Liebe
FFrankreich
GGlück im Unglück
Hhinterlassen
IIntrigen und Ideale
JJetzt
KKindheit
Lloslassen
MManfred
Nnoch
OOma
PParis
QQuantensprung
RRote Rosen
SSonntagsritual
TTausend und eine Nacht
Uunschuldig / unziemlich
VVeränderungen
WWende
XX-Mas
YYin Yang
ZZeit
Last but not least

       Es gibt niemals nur die eine Wahrheit.

       Jeder hat seine eigene Wahrnehmung.

       Wahrheit ist so verschieden,

       wie die Menschen selbst.

       A

       anachronistisch

      falsche zeitliche Einordnung von Ereignissen

      Sie wurde spät Mutter.

      Sie wäre es lieber viel früher geworden.

      Das Leben trifft eigene Entscheidungen.

      Jeder hat seine Erfahrungen zu bewältigen,

      die immer prägend,

      aber niemals unnütz sind.

      Auch wenn man sich manche von ihnen gern erspart hätte.

      Andere Eltern bekommen in jungen Jahren ihre Kinder, arbeiten parallel an ihrer Karriere,

      um ab einem bestimmten Alter der Kinder,

      in Beruf und Leben richtig durchzustarten.

      Sind die Kinder aus dem Haus,

      können sie „ihr Leben“ leben.

      Bei ihr lief alles anachronistisch.

      Sie hat zuerst „ihr Leben“ gelebt,

      bevor sie endlich die langersehnten Kinder bekam.

      Sie musste lernen zurückzuschrauben, als ihre Kinder

      geboren wurden. Und wer weiß, ob sie wieder durchstartet,

      sobald die Kinder aus dem Haus sind.

      Sie lebte schon immer gegen die Zeit.

      Bereits als Kind hatte sie das große Glück,

      am Theater eigenes Geld zu verdienen.

      Nicht erst als Erwachsene.

      Taschengeld brauchte sie nie.

      Ihre Klassenkameraden nahmen sich viel Zeit rauszufinden, was sie mal „werden“ wollten.

      Studierten und brachen wieder ab, um etwas Neues

      auszuprobieren.

      Für sie stand schon lange vor dem Abitur fest: „ich werde Schauspielerin!“.

      Einzig das große Glück mit dem Nachwuchs ließ lange auf sich warten.

      Wie lebt es sich so „verkehrt herum“?

      Es hält mich auf Trab.

      Es birgt die Verantwortung fit zu bleiben.

      Ich kann bewusster auf Dinge verzichten, die ich bereits hatte. Manchmal versetzt es mich in Panik, wie viel Zeit noch bleibt? Aber schlussendlich, kann das niemand für sich beantworten.

      Wenn andere, jüngere Mütter um mich herum,

      einen Schlaganfall erleiden oder Brustkrebs sie aus dem Leben reißt, bevor ihre Kinder eingeschult werden, erfüllt es mich mit Demut.

      Ab und an werde ich als späte Mutter stigmatisiert.

      Das ist der Preis.

      Damit kann ich leben.

       Warum will sie schreiben?

       Bodo Kirchhoff sagt,

       es gäbe inzwischen mehr Schreiber als Leser.

       Sie schreibt dennoch.

       Irgendjemand wird es schon lesen.

       Menschen sind neugierig.

       Es lässt sie sich vergleichen,

       sich selbst erkennen,

       spendet Mut.

       So fühlt der Mensch sich weniger allein.

       Nichts fürchtet der Mensch mehr, als die

       Einsamkeit.

       B

       Berufung

      Ihr Herz klopft.

      Ist es Intuition?

      Intuition, dass gleich etwas Entscheidendes in ihrem Leben passieren wird?

      Etwas, dass sie nie wieder loslassen soll?

      Sie ist gerade 10 Jahre alt.

      In der Schule gibt es ein Vorsingen.

      Und sie weiß nicht, weshalb ausgerechnet sie in die Gruppe der Auserwählten gelangt ist.

      Sie kann gar nicht so gut singen.

      „Egal, wenn niemand den Fehler bemerkt, bleibe ich einfach in der Gruppe“, beschließt sie.

      Die Gruppe, die nun in einen Minibus gesetzt und zum namhaften Schillertheater am Ernst Reuter Platz kutschiert wird.

      Sie fahren durch das Tor mit den großen Lettern: EINFAHRT FÜR BÜHNENANGEHÖRIGE.

      Noch wurde der Irrtum mit ihr nicht bemerkt.

      Vorbei am Pförtner,

      immer noch wie ein blinder Passagier,

      der nicht entdeckt werden will.

      Und sie spürt heute noch das kalte Metall der Klinke und das Gewicht der schweren Eisentür, durch die sie alle schreiten,

      um dann mitten drin zu stehen.

      Mitten drin?

      Oder mitten drauf? Die große Bühne!

      Leer,

      gehüllt in dumpfer Stille,

      Staubkörner tanzen im Scheinwerferlicht,

      schwarze Vorhänge, die 20 Meter in die Höhe ragen,

      gesäumt von rotem schwerem Samt an beiden Seiten.

      Sie spürt die Anwesenheit von wispernden Geistern.

      Längst verstorbene Schauspieler, die einst hier auf den Brettern standen.

      Ihr ist, als würden diese sie in dem Moment auf ewig verzaubern. Hier gehört sie hin, das soll ihre Welt werden.

      Mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt,

      von der sie kurz zuvor nichts geahnt hat,

      verschluckt sie die Gewissheit, dass sie hier doch richtig ist.

      Hier und nirgendwo


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