Evolution Bundle. Thomas Thiemeyer

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Evolution Bundle - Thomas Thiemeyer


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in Tränen. »Irgendetwas verfolgt uns, will uns töten. Und wir können uns nicht mal verteidigen. Wir haben doch kaum noch etwas zu essen und sind völlig mit den Nerven runter.«

      »Aber was ist die Alternative?«, fragte Marek. »Jetzt ist Abend. Weit kommen wir ohnehin nicht mehr. Willst du allen Ernstes eine zweite Nacht in der Stadt verbringen?«

      »Auf keinen Fall!«

      »Da siehst du’s. Wir müssen die Dämmerung nutzen und so viele Kilometer wie möglich zwischen uns und die Stadt bringen. Nur so haben wir die Chance, dass sie in der Dunkelheit unsere Fährte verlieren. Und nur damit du’s weißt: Am Arsch sind wir noch lange nicht.«

      Katta blickte verzweifelt in die Runde. »Dann ist das jetzt also schon beschlossene Sache? Will keiner zurück zum Flughafen? Was ist mit dir, Zoe?«

      Zoe zuckte die Schultern. »Bitte nimm es mir nicht übel, aber ich finde, der Weg nach Süden ist die einzige Alternative, die wir haben.«

      »Wie ihr meint«, sagte Katta beleidigt. »Dann fahren wir halt wie die Bescheuerten in der Gegend rum und werden irgendwann an Hunger und Durst sterben. Und wenn doch noch ein paar von uns am Leben sein sollten, dann werden diese Dinger kommen und den Rest erledigen. Das ist eine Todesfahrt, denkt an meine Worte.«

      Mit diesem letzten Satz schnappte sie sich eine Decke, verzog sich in eine der leeren Reihen und legte sich hin.

      Jem und die anderen sahen sich betreten an, doch Marek unterbrach die Stille. »Na schön«, sagte er. »Dann ist es also beschlossene Sache. Worauf warten wir? Lasst uns weiterfahren und bis Einbruch der Nacht noch ein paar Kilometer zurücklegen.«

      Sie fuhren die halbe Nacht hindurch. Jem wechselte sich mit Marek ab und so gelang es ihnen, noch ein gutes Stück der Strecke hinter sich zu bringen. Irgendwann machten sie Pause, hielten an und schliefen ein paar Stunden.

      Am nächsten Morgen standen sie auf, aßen und tranken, dann setzten sie ihre Reise fort.

      Kurz vor Mittag erreichten sie Colorado Springs. Hinter der Silhouette einiger mehrstöckig aufragender Büro- und Bankengebäude erhoben sich majestätisch die Berge. Auf vielen von ihnen lag Schnee.

      Obwohl alles friedlich aussah, entschieden sie sich, die Stadt weiträumig zu umfahren. Der Höhenangabe zufolge lag sie auf tausendsechshundert Metern. Trotzdem war sie vermutlich ebenso von der Katastrophe überrannt worden wie alle größeren Städte dieses Landes. Arthur hatte ihnen die Berichte vorgelesen und sie rasch von ihren Hoffnungen befreit. Die Erlebnisse von Denver steckten ihnen noch in den Knochen. Zur Not konnten sie auf dem Rückweg einen Abstecher riskieren, aber jetzt zog es sie erst mal in die Berge.

      Immer wieder mussten sie anhalten, um irgendwelches Gerümpel oder umgestürzte Bäume von der Fahrbahn zu entfernen. Bei einem ihrer Zwischenstopps blickte Jem nach oben und stellte erleichtert fest, dass ihnen keine Vögel mehr folgten. Ihr Plan schien tatsächlich aufgegangen zu sein. Die Routenänderung war die richtige Entscheidung gewesen. Trotzdem sollten sie wachsam bleiben. Diese Tiere hatten verdammt gute Augen. Einmal entdeckt, würden sie sich vermutlich wieder an ihre Fersen heften.

      Er fühlte sich inzwischen relativ sicher hinter dem Lenkrad. Lucie saß neben ihm und half ihm, den Weg zu finden. Er hatte das Gefühl, dass die Ereignisse der letzten Tage sie richtig zusammengeschweißt hatten. Sie war ihm so vertraut, als würden sie sich schon ewig kennen, manchmal reichte ein Blick von ihr und er wusste, was sie sagen wollte.

      Nachdem sie eine ganze Weile still nebeneinander zurückgelegt hatten, sagte Lucie: »Es ist wie ein verwunschenes Königreich, findest du nicht?«

      »Was meinst du?«, fragte er.

      »Na, die Berge. Sieh nur, wie der Schnee auf den Gipfeln schimmert. Als wären sie mit Zuckerguss überzogen. Wie Berge im Schlaraffenland.«

      Er musste grinsen, weil Lucie recht hatte.

      »Sie erinnern mich irgendwie an die Donuts, die meine Mutter mal gemacht hat«, sagte sie. »Ganz warm und mit einer rosafarbenen Zuckerglasur. Frisch sind sie am besten.«

      Jem lief bei dem Gedanken daran das Wasser im Mund zusammen. »Hör auf damit!« Er lachte. »Ich würde alles für so einen Donut geben. Oder noch besser für einen Berliner. Während der Karnevalszeit riecht ganz Köln danach. Dann bekommt man sie in jeder Bäckerei und der Duft weht durch alle Straßen. Mit Marmeladenfüllung, oh Mann.« Er blickte versonnen geradeaus. »Und Weckmännchen. Erinnerst du dich noch an Weckmännchen?«

      »Klar«, erwiderte Lucie. »Die mit den Rosinenknöpfen und den schwarzen Augen.«

      »Vor allem die Tonpfeifen«, sagte Jem. »Ich war ganz verrückt danach. Ich habe die Dinger gesammelt. Eine Zeit lang haben wir sogar versucht, damit zu rauchen, aber das ging nicht so gut. Das Loch im Stiel war zu eng und beim Aufbohren sind uns die Pfeifen oft kaputtgegangen. Was uns aber nicht davon abgehalten hat, es weiter zu versuchen«

      Lucie lächelte ihn an. Ein rosiger Schimmer lag auf ihren Wangen. »Ich wollte mich übrigens noch mal bei dir bedanken.«

      »Wofür?«

      »Na, dass du dich so lieb um mich gekümmert hast, als es mir schlecht ging. Ich war völlig weggetreten, oder?«

      »Kann man so sagen, ja.«

      »Es tut mir leid …«

      »Das braucht dir doch nicht leidzutun«, sagte er und schaffte es gerade rechtzeitig, einem herumliegenden Ast auszuweichen. »Wir alle haben Schlimmes durchgemacht, aber für dich muss es am schlimmsten gewesen sein. Ich hätte mir vermutlich in die Hosen gemacht vor Angst …«

      »Du bist süß.«

      Jetzt bekam Jem rote Wangen. »Man hat mich ja schon viel genannt, aber noch nie süß.«

      »Echt nicht? Du hattest doch bestimmt schon mal eine Freundin.«

      »Ich … äh, nein.«

      »Ist nicht dein Ernst.«

      »Kannst es ruhig glauben.«

      »Na ja, dann sind wir schon zwei. Ich hatte auch noch keinen Freund.« Sie blickte geradeaus.

      Jem wusste nicht, was er sagen sollte. Ihm fiel nichts ein, er wusste nur, dass er nicht wollte, dass sie jetzt aufhörte. Plötzlich drehte sie sich zu ihm um. Sie sah ihn direkt an. »Wärst du gerne mein Freund?«

      »Nun, ich …« Sein Hals war plötzlich sehr rau.

      »Ja oder nein? Du darfst es mir ruhig ganz ehrlich sagen. Ich kann damit umgehen.«

      Er bemühte sich, geradeaus zu gucken, obwohl ihm das gerade sehr schwerfiel. Ihm schwirrte der Kopf. Er hatte ja schon einige Anmachen miterlebt, aber noch nie so eine.

      »Also … ja«, antwortete er zu seiner eigenen Verblüffung. »Ich wäre gerne dein Freund.«

      Lucie schwieg. Sie saß nur da, lächelte und sprach kein Wort. Was für ein seltsames Mädchen. Dann, plötzlich, beugte sie sich vor und gab ihm einen Kuss. Nur ein Schmatzer auf die Wange, aber er hatte das Gefühl, als würde ihn ein Sonnenstrahl treffen. Wärme durchströmte ihn und erfüllte ihn von den Zehen bis zu den Ohren.

      Einige Kilometer weiter trafen sie erneut auf ein Hindernis. Diesmal war es ein umgestürzter Baum, der quer zu ihrer Fahrbahn lag. Während M.A.R.S. und Marek ihn zur Seite räumten, rief Arthur die anderen zu sich, um ihnen etwas zu zeigen. Er war anscheinend schon wieder auf etwas gestoßen, das keinen Aufschub duldete.

      Jem fiel es schwer, sich zu konzentrieren. Er hatte nur Augen für Lucie. Er wäre lieber mit ihr alleine gewesen, aber die Umstände sprachen leider gerade dagegen. Also stellte er sich in die zweite Reihe und folgte der Unterhaltung mit halbem Ohr.

      »Ich glaube, ich habe herausgefunden, was hier geschehen ist und wer unsere großen Unbekannten sind«, sagte Arthur. »Hier, seht euch das an.«

      Roderick


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