Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga. Pete Hackett

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Die Stunde der Apachen: 12 Romane einer großen Western-Saga - Pete Hackett


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Sturm packte sie wie mit einer Riesenfaust, drohte sie umzuwerfen. Nadelspitze Eiskristalle schlugen in ihre Gesichter. Das Pferd hatte versucht, auszubrechen. Aber zwei Apachen hatten sich an die Zügel aus Rohleder gehängt und konnten das von Panik erfasste Tier festhalten.

      Little Elk schrie etwas, aber der Sturm riss ihm die Worte von den Lippen. Der wirbelnde Schnee bildete einen dichten, mit den Augen kaum zu durchdringenden Schleier. In immer neuen eisigen Böen peitschte der Sturm vernichtende Wogen von Schnee und Eiskristallen in die Schlucht. Schneewehen türmten sich an Felsblöcken und –wänden auf.

      Der Blizzard dauerte über eine Stunde. Dann flaute er ab. Es schneite noch immer. Große, schwere Flocken fielen wie ein weißer Vorhang. Nach dem Jaulen und Orgeln des Sturms wirkte die Stille unecht, fast gespenstisch. Kälte stach in den Lungen und legte sich auf die Krieger wie ein Eispanzer, kroch von den Beinen herauf in ihre Körper, brannte in ihren Gesichtern. Die Luft war so kalt, dass das Atmen Mühe bereitete. Die ganze Natur wirkte dunkel, leblos und unheimlich.

      Lautlos und dicht fiel der Schnee. Und dann kamen die Wölfe. Der Hunger hatte sie aus den höheren Regionen in die Täler getrieben. Der Hunger würde sie in reißende Bestien verwandeln. Ihr Heulen ging durch Mark und Bein. Das Pferd, das die Apachen mit sich führten, begann verrückt zu spielen und zerrte an der Leine, drängte zurück, stieg plötzlich und wollte sich herumwerfen. Es bockte wie ein störrischer Maulesel, warf den Kopf in den Nacken und keilte nach hinten aus. Einer der Krieger konnte es nur mit äußerster Anstrengung und Mühe bezähmen. Er schlang den langen Rohlederzügel um den armdicken Ast eines Strauches.

      Der Tod kam auf weichen Pfoten durch die Schlucht, mit geifernden Fängen und gnadenlosem Hunger in den Eingeweiden.

      Durch herabtanzende Schneeflocken und die Düsternis konnten die Apachen die huschenden Schemen wahrnehmen. Im nächsten Moment erreichte heiseres Gehechel ihre Ohren.

      Die Schatten kräftiger, struppiger Körper schälten sich aus dem Schneetreiben. Die grünen Wolfslichter schimmerten fluoreszierend.

      Die Wölfe hatten die Witterung des Pferdes und der Krieger aufgenommen. Nun waren sie gekommen, um über ihre Beute herzufallen und ihren nagenden Hunger zu stillen. Sie duckten sich, als setzten sie zum Sprung an.

      Vier, fünf, sechs dunkle Körper zählte Little Elk. Er sah die Lefzen, die sich über die schimmernden, mächtigen Reißzähne zurückgeschoben hatten, die gesträubten Nackenhaare, die Gier in den glitzernden Wolfsaugen. Erregte Läufe scharrten durch den Schnee, geschmeidige Körper schnellten aus dem Weiß. Schnee stäubte.

      Der Hunger der Wölfe war stärker als ihre angeborene Scheu vor dem Menschen. Ihr Knurren und Hecheln wehte heran wie eine tödliche Verheißung. Das Pferd stampfte erregt auf der Stelle, dann wieherte es grell und angstvoll. Die Herzen der Krieger pochten hart und wie rasend. Die Kälte, die sie spürten, war nun nicht nur mehr äußerlich. Sie bildete sich tief in ihrem Innersten und ließ sie erschauern.

      Einer der schwarzen Körper flog auf Little Elk zu. Mit einem gewaltigen Satz hatte sich der Wolf vom Boden abgestoßen. Lautlos kam er durch die Luft. Der Apache schwang den Tomahawk hoch und schlug zu. Der Wolf wurde im Flug herumgeschleudert, jaulte gequält, fiel zwischen Geröll, winselte und verendete.

      Da schoss auch schon der nächste Schemen auf Little Elk zu. Auch die anderen Krieger kämpften verzweifelt mit den Wölfen, die sie wild und ungestüm angriffen. Little Elk starrte direkt in den aufgesperrten Rachen hinein und warf sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen den Wolfskörper, gleichzeitig schlug er mit dem Beil zu.

      Und er traf den Schädel des Wolfes. Das Tier überschlug sich jaulend am Boden, kam auf die Hinterbeine und rutschte ein Stück dahin. Mit wütendem Knurren warf es sich herum, federte erneut auf den Apachen zu, der erneut zuschlug und traf. Der Wolf fiel zu Boden. Blut färbte den Schnee rot.

      Little Elk vernahm das Hecheln und das zornige Grollen hinter seinem Rücken, registrierte, dass sich das Pferd wie irrsinnig gebärdete, schleuderte sich herum - und verlor das Gleichgewicht. Die Beine wurden ihm regelrecht unter dem Körper weggezogen. Er landete rücklings im Schnee.

      Der Wolf schnellte an ihm vorbei. Jemand schoss. Das Tier überschlug sich, seine Läufe zuckten, der gierige Fang schnappte ein letztes Mal, dann lag es still.

      Aber das Schneetreiben spuckte weitere Wölfe aus. Sie fielen über ihre getöteten Artgenossen her und vergaßen für eine Weile die Menschen und das Pferd in dem Felsspalt. Mit ihren fürchterlichen Fängen fetzten sie das noch warme Fleisch aus den toten Körpern. Der Geruch des frischen Blutes machte sie irrsinnig. Knochen brachen...

      Little Elk rappelte sich auf die Beine und war mit einem Satz bei seinem Gewehr, das ihm entfallen war, raffte es an sich und repetierte. Das scharfe Geräusch des Durchladens hing sekundenlang zwischen den Felsmauern.

      Sein Gewehr begann zu peitschen.

      Little Elk feuerte in das durcheinander quirlende Knäuel der dunklen Wolfsleiber, die am Körper eines toten Artgenossen rissen und zerrten. Wölfe bäumten sich auf, stürzten in den Schnee und starben. Einige der Bestien wichen zurück, die Köpfe tief über dem Boden, mit Geifer zwischen den Zähnen. Die anderen ließen sich nicht beirren.

      Weitere Gewehre stimmten ein.

      Die Apachen machten sich nicht die Mühe, genau zu zielen. Sie jagten ihre Kugeln einfach in die Masse der sich um die Beute streitenden Bestien hinein. Wölfe wurden getroffen und umgerissen. Tot und sterbend lagen sie im Schnee. Klägliches Jaulen und Heulen erhob sich. Soweit sie dazu noch in der Lage waren, ergriffen die Wölfe die Flucht. Die zottigen, sehnigen Biester schnellten durch den lautlos fallenden Schnee und verschwanden.

      Diese Schlacht gegen die Natur hatte die kleine Gruppe Apachen gewonnen.

      *

      Der Kampf der Apachen in den Bergen ums Überleben ging weiter. Einige von ihnen hatten den strengen Winter nicht überlebt. Die Überlebenden überfielen wieder einsame Farmen und Ranches, als endlich Tauwetter einsetzte und die Wildnis wieder einigermaßen gangbar war.

      Scott Wilburn und seine Männer hatten in Tucson überwintert. Jetzt deckten sie sich mit Proviant ein und zogen wieder in die Ödnis. Sie erreichten die alte Farm, die sie sich zu ihrem Stützpunkt auserkoren hatten, und unternahmen von dort aus ihre Jagdausflüge. Ja, es war für sie eine Jagd, was für die Apachen tödlicher Ernst war. Sie wollten Skalps, und vor allem wollte Wilburn den Häuptling. Victorio war der Regierung zwischenzeitlich 1.500 Dollar wert geworden.

      In Fort Wingate wurde zu einer neuen Patrouille in die Mimbres Mountains gerüstet. Lieutenant Whitlock sollte sie führen. Er brach am 2. Februar 1879 auf. Vier Apachenscouts begleiteten die Gruppe.

      Am 5. Februar überfiel eine Kriegshorde eine Ranch am Berenda Creek. Der Rancher, seine Frau, der siebzehnjährige Sohn des Paares und drei Cowboys wurden massakriert.

      Auf dem Rückweg zu ihrem Versteck in den Bergen wurden die Apachen von Wilburn und seinen Leuten überrascht. Ahnungslos ritten sie in den Hinterhalt. Nur zwei Kriegern gelang verwundet die Flucht. Zehn Krieger waren tot. Die Weißen skalpierten sie und ließen sie liegen. Die beiden Verwundeten kehrten zurück. Ihre Pferde waren entweder erschossen worden, oder die Weißen hatten sie mitgenommen. Einer der Krieger hatte eine Kugel in der rechten Brustseite. Dem anderen hatte ein Geschoss das Schlüsselbein zerschmettert. Er machte sich auf den Weg, um Hilfe zu holen.

      Der Krieger mit der Brustwunde lag am Boden. Benommenheit brandete gegen sein Bewusstsein an. Er hatte zwar einen Stoffpfropfen in die Wunde geschoben, um nicht noch mehr Blut zu verlieren, doch die Verletzung war übel und wahrscheinlich würde er sogar sterben.

      Gegen Abend hörte er Hufgetrappel. Er nahm sein Gewehr und kroch zwischen die Felsen. Dann trieben zwei Apachen, die die Uniform der Blaubäuche trugen, ihre schweren, braunen Pferde aus einem Felsspalt. Das Bild mit den toten und skalpierten Kriegern und den erschossenen Pferden sprang ihnen mit erschreckender Schärfe in die Augen


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