Eisaugen. Margit Kruse

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Eisaugen - Margit Kruse


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      Margit Kruse

      Eisaugen

      Kriminalroman

      Zum Buch

      TIEF IM WESTEN Eine ehemalige Zechensiedlung, mitten im Ruhrgebiet. An einem kalten Aprilmorgen wird auf dem nahe gelegenen Friedhof eine tote Frau entdeckt. Sabine Pöschl, 25 Jahre, Angestellte eines Reiterhofes, wo sie bereits seit zwei Tagen vermisst wird. Ausgerechnet Margareta Sommerfeld, Verkäuferin bei Hertie in der Süßwarenabteilung und glühende Verehrerin von TATORT-Kommissarin Maria Furtwängler, fühlt sich dazu berufen, bei der Aufklärung des Mordes mitzumischen. Drei Personen stehen für sie unter dringendem Tatverdacht: Karol, ihr illegal in Deutschland lebender Nachbar polnischer Abstammung und ein ›Sahneschnittchen‹ von Mann, Karl-Heinz, vom Sargträger zum Späher aufgestiegener Friedhofsangestellter, und Walter, ein 50-jähriges Muttersöhnchen und Frauenhasser. Doch dann taucht eine weitere Leiche auf und Margaretas Unruhe wächst …

      Margit Kruse wurde 1957 in Gelsenkirchen geboren. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Revier-Krimis „Eisaugen“, „Zechenbrand“, „Hochzeitsglocken“ und „Rosensalz“. Sie ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Seit 2004 ist die Gelsenkirchenerin als freiberufliche Autorin tätig. Neben zahlreichen Beiträgen in Anthologien hat sie bislang zehn Bücher veröffentlicht, darunter ein Roman, der für den Literaturpreis Ruhr 2009 nominiert war. Labrador Enja ist stets dabei wenn Margit Kruse sich auf Recherche-Tour begibt. Besonders der Hauptfriedhof ihres Heimatortes hat es der Autorin angetan. Die Autorin ist Mitglied im Syndikat sowie im Verband deutscher Schriftsteller.

      Impressum

      Ähnlichkeiten zu realen Orten sind gewollt. Bezüge zu realen Menschen sucht man hier vergeblich. Alle handelnden Personen und ihre Taten sind Produkte meiner überschwappenden Fantasie.

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      Alle Rechte vorbehalten

      6. Auflage 2020

      Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

      Herstellung/Korrekturen: Julia Franze / Katja Ernst, Doreen Fröhlich

      E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung des Fotos »brick wall and window« von: hazel proudlove / fotolia.de

      ISBN 978-3-8392-3600-0

      1.

      Margareta hielt sein Foto in der Hand und betrachtete es zum hundertsten Mal. Gut sieht er darauf aus, glatt rasiert, perfekter Haarschnitt seiner grauschwarzen Haare, gut sitzende Jeans, rotes Hemd und braune Lederjacke. Wie ein Schuljunge stand er vor dem Forsthaus im nahe gelegenen Stadtwald, um ihn herum jede Menge Frühling. Seine gelockten Brusthaare lugten aus dem Hemd, an dem die obersten zwei Knöpfe geöffnet waren. Seine Haut war natürlich gebräunt, was ihm Attraktivität verlieh, und seine Augen hatten das klare Blau eines Bergsees.

      Nach einer langen Zeit, in der sie wehmütig das Foto betrachtet hatte, legte sie es wieder zurück auf den Tisch und grübelte darüber nach, wieso alles so schiefgelaufen war. Wieso war ihr großes Glück nach nur drei Jahren zerplatzt wie eine Seifenblase? Immer wieder stellte sie sich die Frage, ob schon vorher irgendetwas darauf hingedeutet hatte, dass es zwischen ihnen nicht mehr stimmte. Doch all das Grübeln brachte sie nicht weiter. Ist es nicht immer so, dass man im Nachhinein nur an die schönen Dinge des Vergangenen denkt? Hatte sie etwa bereits vergessen, wie fies er sich in ihren letzten gemeinsamen Wochen verhalten hatte? Wann hatte er aufgehört, ihr Komplimente zu machen? Eines Tages fand er sie nicht mehr ›schön‹, wie er es vorher zuhauf verlauten ließ, wenn sie vom Friseur kam oder sich ihm in einem neuen Kleidungsstück präsentierte. »Hm, ganz nett«, meinte er nur abwesend. Pah, nett. Wie beinahe abwertend und unverbindlich sich das anhörte. Nett! ›Nett ist die kleine Schwester von Scheiße‹, sagte ihre Freundin Corinna.

      Und was war mit ihrem Busen, den er drei Jahre lang toll fand und sich angeblich nicht an ihm sattsehen konnte? Sie wird den Morgen beim Frühstück nie vergessen, als er ihr großzügig eine Brustvergrößerung spendieren wollte. Er, der sparsame, wenn nicht gar geizige Mann, wollte in eine Brustoperation investieren, obwohl er angeblich auf kleine Brüste stand.

      Es bringt mich nicht weiter, alle unliebsamen Szenen im Geiste Revue passieren zu lassen, dachte Margareta. Sie seufzte tief, stand auf, zog sich Jacke und Schuhe an und machte sich auf den Weg zum Friedhof, in der Hoffnung, der Spaziergang würde sie auf andere Gedanken bringen.

      Jetzt bin ich wieder dort angekommen, wo ich vor drei Jahren war. Alleinlebend, in einer Zweieinhalbzimmerwohnung. Nur der Straßenname hat sich geändert. Eine renovierte Altbauwohnung in dem Seitenflügel des Wohnturmes einer Zechensiedlung in Buer, einem Ortsteil von Gelsenkirchen, unweit des Stadtwaldes und des Friedhofes, war nun ihr Zuhause. Ihre Wohnung, bevor sie in das Haus des Mannes gezogen war, war eine komfortable Neubauwohnung in der Buer’schen City gewesen, die sie im Glückstaumel der großen Liebe aufgab. Die schönen Möbel verhökerte sie zu einem Schleuderpreis. Das Geld für eine neue Einrichtung nach der Trennung liehen ihr ihre Eltern, die am Ende in der gleichen Straße, ebenfalls in einer einfachen Altbauwohnung, lebten.

      Der Liebe zu diesem Mann hatte sie es zu verdanken, derzeit in weit einfacheren, teils bei eBay ersteigerten Möbeln zu leben.

      Dass es nicht nur Vorteile brachte, in der Nähe der Eltern zu wohnen, hatte sie ebenfalls zu spüren bekommen. Wo die beiden passionierten Straßenbahn- und Busfahrer auch hinwollten, sie mussten beim Verlassen der heimeligen Siedlung die Arkaden des Wohnturms passieren. Und was lag da näher, als der lieben Tochter einen kurzen Besuch abzustatten, wo man sowieso gerade vorbeikam.

      »Wie, du bist noch immer nicht angezogen? Es ist schon nach 10 Uhr!«

      »Du könntest mal wieder durchwischen!«, und, nach einem Blick auf zwei Gläser auf dem Couchtisch, »ach, du hattest Besuch?« Das waren noch die harmlosesten Bemerkungen, die Margareta krampfhaft zu überhören versuchte. Sie hatte es mit ihren 39 Jahren nicht nötig, sich ständig zu rechtfertigen und den Eltern zum x-ten Male zu erklären, dass sie berufstätig war und keine Hausfrau, die den ganzen Tag Zeit hatte, wie eine Kaiserin über Krümel und Staubkörner zu herrschen. Ihr Job bei Hertie in der Süßwarenabteilung war hart genug. Gestern zum Beispiel hatte sie an einem ihrer Zehnstundenarbeitstage ausschließlich Lindt-Osterhasen bearbeitet: Sie hatte die goldglänzend verpackten Hasen der verschiedenen Größen aus den Kartons genommen, sie in den entsprechenden Listen abgehakt und sie anschließend in die Regale eingeordnet. Nachts schreckte sie aus dem Schlaf auf, weil sie das Gefühl hatte zu ersticken. Sie träumte, ebenfalls ein rotes Schleifenband um den Hals zu tragen wie diese Hasen. Das klirrende Läuten des Glöckchens, welches direkt auf ihrem Kehlkopf saß, ließ sie aus dem Traum erwachen. Dabei waren es noch Wochen bis Ostern.

      Ostern! Sie durfte gar nicht daran denken, dass sie das diesjährige Osterfest ohne Partner verbringen würde. Sie liebte solche Feiertage, wie Ostern und Weihnachten,


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