Der Kaiser. Geoffrey Parker

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Der Kaiser - Geoffrey  Parker


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Männer da versuchten«, aber das war gelogen: Indem er sich den Colonnas anschloss und Rom angriff, führte Moncada nur den ausdrücklichen Befehl seines Kaisers aus.59

      Kurz bevor diese Neuigkeiten aus Rom an Karls Hof eintrafen, verlangten die Botschafter der vier großen Mächte, die in der Heiligen Liga von Cognac vertreten waren – England, Frankreich, der Heilige Stuhl und Venedig –, eine Audienz, um Karl ganz offiziell die Forderungen der Liga mitzuteilen. Das Gespräch verlief einigermaßen reibungslos – zumindest so lange, bis der französische Vertreter den Kaiser »aufforderte«, die französischen Prinzen (die inzwischen sieben und acht Jahre alt waren) gegen die Zahlung eines Lösegeldes freizugeben. Daraufhin konnte, wie der Nuntius Castiglione berichtete, »jedermann sehen, dass Seine Majestät stark verärgert war«, und »der Grund für diese Verärgerung bestand, wie Seine Majestät mir selbst erklärte, in dem Wort ›auffordern‹«, das »normalerweise gebraucht wird, wenn man Belagerte zur Übergabe auffordert, und dabei schwingen Bedrohung und Zerstörung mit«. Der englische Gesandte berichtete, dass Karl

      »sich an den den französischen Botschafter wandte und sprach: ›Ich werde sie [die französischen Prinzen] nicht für Geld wieder hergeben. Ich habe kein Geld für ihren Vater genommen, und noch viel weniger werde ich Geld für seine Söhne nehmen. Bei einem vernünftigen Übereinkommen will ich sie gern ziehen lassen, aber nicht für Geld. [Und ich werde auch] den Versprechungen des Königs von Frankreich kein Vertrauen mehr schenken, denn er hat mich betrogen, wie es einem Prinzen von edlem Geblüt denkbar schlecht ansteht. Und was seine Ausrede angeht, er könne manche Dinge schlechterdings nicht erfüllen, ohne den Groll seiner Untertanen auf sich zu ziehen: Lasst ihn das erfüllen, was sehr wohl in seiner Macht steht und was er bei seiner Ehre als ein Fürst zu erfüllen gelobt hat. Das soll heißen: Entweder er erfüllt nun all seine Versprechen – oder er kehrt zurück in den Kerker.«

      Der Kaiser beschloss die Audienz, indem er dem französischen Botschafter auftrug, seinem Herrn eine ritterliche Herausforderung zum Zweikampf zu überbringen: Sollte Franz sich weigern, in die Gefangenschaft zurückzukehren, »möge es Gott gefallen, dass wir unsere Meinungsverschiedenheit in einem Duell Mann gegen Mann beilegen, um den Tod so vieler unbescholtener Christen zu vermeiden«.60

      Einige Tage darauf sandte Karl dem Papst einen bitteren, von Vorwürfen durchzogenen Brief, der sich nicht einmal an die üblichen Konventionen für ein Schreiben an den »Heiligen Vater« hielt, sondern Clemens mit tu anredete. Der Kaiser schrieb: »Es kann Dir nicht entgangen sein, dass Du durch meine Fürsprache und mit meiner Hilfe Papst geworden bist«, und doch »hast Du Feindseligkeiten gegen mich begonnen, bevor ich auch nur den Brief mit Deiner Kriegserklärung erhalten hatte, und Du willst mich nicht nur aus Italien vertreiben, sondern mir zugleich auch meine Kaiserwürde rauben.« Karl äußerte sein Bedauern darüber, dass er nicht schon früher auf die Beschwerden seiner deutschen Untertanen über die Päpste eingegangen sei, und drohte damit, persönlich ein Konzil einzuberufen, sollte Clemens seine Angriffe gegen ihn nicht einstellen. Dieses Konzil sollte der Korruption am päpstlichen Hof ein Ende bereiten und dringend nötige Reformen einleiten. Castiglione hielt die Antwort des Kaisers für »schärfer« als den vorangegangenen Brief.61 Gattinara wies den lateinischen Sekretär des Kaisers, Alfonso de Valdés, an, den Wortlaut dieses Schlagabtausches mit einem pointierten Kommentar zu versehen und zu veröffentlichen. Kurz darauf erschien das Bändchen in Spanien, Deutschland und den Niederlanden unter dem unbescheidenen Titel Pro Divo Carolo … Liber Apologeticus – »Verteidigung des göttlichen Karl …«.62 Lannoy erhielt außerdem die nötigen Mittel, um in Spanien eine Truppe von 9000 Mann auszuheben, die dem Herzog von Bourbon in der Lombardei als Verstärkung dienen sollten. Zwar wurde Lannoy durch Galeeren der Liga von Cognac unter dem Kommando des Genueser Patriziers Andrea Doria vor der ligurischen Küste abgefangen und dazu gezwungen, nach Neapel weiterzusegeln; Ferdinand jedoch schickte ein weiteres deutsches Truppenkontingent über die Alpen, das Bourbons Kräfte verstärkte, sodass kaiserliche Heere Rom nun von Norden und Süden her bedrohten.

      An diesem Punkt geschah es – »gerade, als ich den letzten Dukaten eingetrieben und nach Italien geschickt hatte, den ich nur finden konnte« –, dass die Nachricht vom Verlust Ungarns und dem Tod des ungarischen Königs in Spanien ankam, zusammen mit dem dringenden Appell Ferdinands an seinen Bruder, dass dieser nun »mit dem König von Frankreich Frieden schließen und so viele Verbündete gewinnen« müsse, »wie [er] nur konnte«, damit alle Fürsten des christlichen Europas mit vereinten Kräften dem türkischen Vorstoß würden Einhalt gebieten können. Karl, der sich noch immer in Granada befand, bat unverzüglich seine Räte um ihre Meinung und die flehten wie zuvor schon Ferdinand, der Kaiser müsse »zu einer Einigung mit dem König von Frankreich gelangen, und wenn Ihr nicht die Bedingungen erhalten könnt, die Euch eigentlich zustehen, dann solltet Ihr annehmen, was immer die gegenwärtige Lage gestattet«. Außerdem sollte »Euer Majestät so schnell wie möglich von hier aufbrechen, so Gott will«, und die Cortes von Kastilien für Anfang 1527 nach Valladolid einberufen. Angesichts der »traurigen Nachrichten« aus Ungarn empfahlen Karls Ratgeber zudem, dass alle »Prälaten, Ordensleute und Stadtoberen ermahnt und angewiesen werden sollten, öffentliche Gebete und andere fromme Maßnahmen abzuhalten«, und dass »die Prediger in ihren Predigten die große Gefahr ausmalen sollen, die der Christenheit droht, um sie anzufeuern«. Karl selbst sollte seinem Bruder so viel Geld und so viele Truppen wie nur möglich schicken und zu diesem Zweck »die Ausgaben seines Haushalts und Hofes, insbesondere für Speise und Kleidung« reduzieren, »weil wir dem ganzen Königreich befehlen wollen, diesem Beispiel zu folgen«. Auch müsse er sicherstellen, dass die Soldaten, die das Königreich verteidigen sollten, bezahlt und bewaffnet würden.63

      Das alles musste man Karl nicht zweimal sagen: Die »Zerstörung Ungarns« hatte ihn zutiefst erschüttert. Im November 1526 teilte er dem päpstlichen Nuntius mit, dass er nun willens sei, in seinem Streit mit Franz die Vermittlung Heinrichs oder Clemens’ anzunehmen, und dass er zur Erreichung »eines allgemeinen Friedens einwilligen werde, die Söhne des Königs ohne die Zahlung eines Lösegeldes freizulassen, wenn der König ihm nur dafür bürgte, dass er Frieden halten werde«. Dann wollte Karl nach Österreich gehen und die Verteidigung der Christenheit gegen die Türken persönlich anführen. In einem seltenen Moment der Selbstreflexion gab der Kaiser Castiglione gegenüber zu, dass

      »er auch nur ein Mensch sei und seine Fehler habe, und unter anderem sei er zögerlich, wenn es gelte, Entscheidungen zu treffen, weshalb es durch sein Versäumnis schon oft zu Verzögerungen gekommen sei; nun jedoch wolle er sein Gemüt in den Griff bekommen und überaus fleißig sein, und er werde nicht ruhen, bis dieses Ziel erreicht sei. Was ihn betreffe, möge die ganze Welt Krieg gegen ihn führen, und der König von Frankreich solle sich doch Spanien holen, wenn es ihm beliebe; aber um die Türken zu schlagen, werde er, Karl, alles andere aufgeben.«64

      Auch für Papst Clemens sollte der Verlust Ungarns ernste Konsequenzen haben. Zwar war er nun wieder auf freiem Fuß, wusste aber ganz genau, dass er allein Rom keinesfalls gegen Bourbon oder Lannoy würde verteidigen können – geschweige denn gegen beide zugleich. Er verließ also die Liga von Cognac, schloss mit Lannoy einen Waffenstillstand auf acht Monate (offenbar ohne zu bedenken, dass dieser für Bourbon nicht gelten würde) und begann, seine Truppen zu demobilisieren.

      Nach Rom!

      Franz’ Entscheidung, den Vertrag von Madrid zu brechen, schwächte den Herzog von Bourbon erheblich – hatte sein früherer Herr doch den Besitz und die Einkünfte des Herzogs eingezogen und an loyale Amtsträger und Adlige verteilt, wodurch Bourbon nicht nur vollkommen mittellos dastand, sondern jegliche Aussicht auf Restitution verloren hatte. Zwar hatte Karl ihn stattdessen zum Herzog von Mailand gemacht, aber sämtliche Mittel jenes Territoriums waren durch das kaiserliche Heer aufgezehrt worden, was den Herzog dazu trieb, mit seinen schon halb in Meuterei befindlichen Truppen nach Süden zu ziehen, um dort neue »Plündergründe« aufzutun. Zunächst bedrohten sie Florenz, das sie jedoch gut befestigt vorfanden, woraufhin sie sich auf den Weg nach Rom machten und verlauten ließen, sie würden erst anhalten, wenn Papst Clemens ihren ausstehenden Sold zahlte. Eilig trat der Papst wieder der Liga von Cognac bei und erklärte Kaiser Karl als König von Neapel für abgesetzt. Der kaiserliche Botschafter in Rom teilte bekümmert


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