Der Sonnenweg des Yoga. Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter

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Der Sonnenweg des Yoga - Die (d.i. Mira Alfassa) Mutter


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und sie nähert sich dem irdischen Boden, ganz gleich welch dunkle Behinderung der Erdnatur, welch heftige Attacken der asurischen Kräfte sie zu verhindern suchen. Das Supramental ist nicht, wie Du es Dir ausmalst, etwas Kühles und Steinhartes. Es birgt in sich die Gegenwart der Göttlichen Liebe und Göttlichen Wahrheit, und seine Herrschaft hier bedeutet für jene, die es akzeptieren, den geraden und dornenlosen Pfad, auf dem es keine Mauer, kein Hindernis gibt und das den alten Rishis für die Zukunft verheißen war.

      Es gibt den dunklen Pfad, und viele, wie die Christen, machen aus dem spirituellen Leiden ein Evangelium; viele halten es für den unvermeidlichen Preis für den Sieg. Unter gewissen Umständen mag es so sein, wie es denn auch in so vielen Leben zu Beginn der Fall war, oder man trifft die Wahl und macht es dazu. Aber dann muss man auch den Preis zahlen mit Ergebung, Mut und hartnäckiger Spannkraft. Ich gebe zu, dass die Attacken der Dunklen Kräfte oder die Prüfungen, die sie auferlegen, sinnvoll sind, wenn das Leid in dieser Weise getragen wird. Nach jedem gewonnenen Sieg über sie gibt es einen fühlbaren Fortschritt; oft zeigen sie uns die Schwierigkeiten in uns selbst, die wir überwinden müssen, und sagen uns: „Hier musst du etwas in dir bewältigen!“ Dennoch ist es ein zu dunkler und schwieriger Weg, dem niemand folgen sollte, für den es nicht unumgänglich ist.

      So viele Menschen haben Yoga praktiziert, indem sie auf Tapasya oder sonst etwas vertrauten aber nicht auf die göttliche Gnade. Nicht jenes, sondern der Seele Verlangen nach einer höheren Wahrheit und einem höheren Leben ist unerlässlich. Wo dies gegeben ist, wird die Göttliche Gnade, ob an sie geglaubt wird oder nicht, eingreifen. Glaubst du daran, so beschleunigt und erleichtert das die Dinge; wenn du noch nicht daran glauben kannst, wird sich der Seele Sehnsucht noch rechtfertigen, ganz gleich mit welchen Schwierigkeiten und Kämpfen.

      * * *

      Kapitel 6

      Bedingungen, um dem sonnenhellen Pfad zu folgen

      Worte Sri Aurobindos

      Dem sonnenhellen Pfad kann man nur dann folgen, wenn sich die Seele fortwährend oder meistenteils im Vordergrund befindet oder wenn man eine natürliche Haltung des Glaubens und der Hingabe hat oder seine Augen ständig auf die Sonne richtet oder wenn eine seelische Empfänglichkeit (zum Beispiel der Glaube, dass man für den spirituellen Weg bestimmt ist) besteht oder die seelische Wandlung vollzogen ist. Das heißt nicht, dass der sonnenhelle Mensch keine Schwierigkeiten hätte; er kann viele haben, aber er betrachtet sie heiter als etwas, das „zur täglichen Arbeit gehört“. Wenn er schlimme Prügel erhält, vermag er zu sagen: Nun, das war eine seltsame Sache, aber offensichtlich ist das Göttliche in seltsamer Stimmung, und wenn das seine Art ist, die Dinge zu tun, wird es wohl richtig sein. Ich selbst bin bestimmt ein noch seltsamerer Geselle, und es war vermutlich die einzige Möglichkeit, mich aufzuklären. Aber nicht jeder ist von diesem Schlag, und die Hingabe, die alles in Ordnung bringen würde, ist, wie du selbst sagst, schwierig zu vollziehen. Zumindest ist es schwierig, sie ganz zu vollziehen. Deshalb bestehen wir nicht auf einer sofortigen vollen Hingabe, sondern begnügen uns anfangs mit ein wenig und lassen das Übrige wachsen, so gut es geht.

      Ich habe dir erklärt, warum so viele Menschen (nicht etwa alle) sich in diesem düsteren Zustand befinden, dumpf und verzweifelt. Es ist Tamas, die Trägheit des Nichtbewussten, die sie ergriffen hat. Es ist aber auch das kleine physische Vital, das sich nur für die kleinen und trivialen Dinge des gewöhnlichen täglichen und geselligen Lebens interessiert und für nichts anderes. Früher, als die Sadhana auf den höheren Ebenen stattfand (Mental, höheres Vital), gab es viel Energie, Begeisterung und Interesse sowohl für die Belange der Ashram-Arbeit und des Ashram-Lebens als auch für ein inneres Leben; das physische Vital wurde in diesem Strom mitgetragen. Bei vielen aber hat das aufgehört; sie leben im unbefriedigten vitalen Physischen und finden alles hoffnungslos langweilig, düster, ohne Reiz oder Ausweg. In ihrem inneren Leben hat das Tamas des Nichtbewussten ein Hindernis oder einen Engpass geschaffen, und sie finden keinen Weg, der sie herausführt. Wenn man den richtigen Zustand und die richtige Haltung bewahren kann, ein starkes Interesse an der Arbeit oder an der Sadhana zu finden vermag, klingt das ab. Darin [in obigem] besteht das Übel. Das Heilmittel ist, den richtigen Zustand zu bewahren und allmählich – oder, wenn man kann, auch schnell – das Licht des höheren Strebens ebenfalls in diesen Wesensteil zu bringen, damit auch er, ungeachtet aller Umweltbedingungen, das Gleichgewicht bewahre. Dann würde der sonnenhelle Pfad weniger unmöglich erscheinen.

      *

      Worte Sri Aurobindos

      Es besteht kein Widerspruch zwischen meinen früheren Bemerkungen über den sonnenhellen Pfad und dem, was ich über die schwierigen und unerfreulichen Passagen sagte, welche der Yoga bei seiner normalen Entwicklung in der menschlichen Natur durchlaufen muss. Dem sonnenhellen Pfad können jene folgen, die fähig sind, die Hingabe zu vollziehen, zuerst eine zentrale Hingabe und später ein vollständigeres Selbstgeben in allen Teilen des Wesens. Wenn sie die Haltung der zentralen Hingabe einnehmen und aufrechterhalten können, wenn sie sich ganz dem Göttlichen überlassen können und freudig das annehmen, was immer vom Göttlichen auf sie zukommt, dann wird ihr Pfad sonnenhell werden und kann sogar gerade und einfach sein. Sie können nicht allen Schwierigkeiten entgehen, kein Suchender kann das, aber sie werden fähig sein, ihnen ohne Schmerz und Verzagtheit zu begegnen – so wie Yoga entsprechend der Empfehlung der Gita tatsächlich ausgeübt werden soll, anirvinnacetasa – auf die innere Führung vertrauend und sie mehr und mehr wahrnehmend, oder aber auf die äußere Führung durch den Guru. Man kann dem sonnenhellen Pfad auch dann folgen, wenn man kein Licht und keine Führung empfindet, aber ein lichter, fester Glaube und eine glückliche Bhakti bestehen oder erworben werden können oder wenn man die Natur eines spirituellen Optimisten und den festen Glauben oder das feste Gefühl hat, dass alles, was durch das Göttliche geschieht, zum besten ist, auch wenn wir sein Tun nicht verstehen können. Doch haben nicht alle diese Natur; die meisten sind sehr weit davon entfernt, und die volle oder selbst die zentrale Hingabe ist nicht so leicht zu vollziehen, und sie immer zu bewahren ist schwer genug für unsere menschliche Natur. Wenn diese Dinge nicht gegeben sind, wird die Freiheit der Seele nicht erreicht, und wir müssen uns statt dessen dem Gesetz unterwerfen oder eine harte und schwierige Disziplin erfüllen.

      Das Gesetz wird uns durch die Unwissenheit auferlegt, aus welcher die Natur all unserer Teile besteht; unser physisches Wesen ist offensichtlich eine Masse von Unwissenheit, das Vital ist voller unwissender Begierden und Leidenschaften, auch das Mental ist ein Instrument der Unwissenheit, das sich eine Art von unvollständigem, im wesentlichen untergeordnetem und äußerem Wissen erkämpft. Der Pfad des Suchenden führt durch diese Unwissenheit hindurch; auf lange Zeit ist es ihm nicht möglich, das Licht einer zuverlässigen Erfahrung oder Verwirklichung zu entdecken; er hat nur die Hoffnungen, Ideen und Anschauungen des Mentals, die nicht das wahre spirituelle Sehen vermitteln; oder es werden ihm flüchtige Schimmer des Lichtes oder Zeiten des Lichtes zuteil; oft aber verlöscht es, und den lichten Perioden folgen häufige oder lange Zeiten der Finsternis. Es gibt fortwährende Schwankungen, nachhaltige Enttäuschungen, unzählige Stürze und Fehlschläge. Kein Yoga-Pfad ist wirklich leicht oder frei von diesen Schwierigkeiten oder Schwankungen; der Weg der Bhakti wird als der einfachste betrachtet, dennoch werden immer wieder Klagen darüber laut, dass man auf ihm ständig sucht, doch niemals findet und bestenfalls fortwährendes Ebben und Fluten herrschen, milana [Einung] und viraha [die Abwesenheit des Göttlichen Geliebten], Freude und Weinen, Ekstase und Verzweiflung. Wenn man den Glauben oder bei fehlendem Glauben den Willen hat hindurchzugehen, setzt man seinen Weg fort und tritt in die Freude und das Licht der Göttlichen Verwirklichung ein. Wenn man jedoch den Zustand der wahren Hingabe erlangen kann, ist all das nicht notwendig; man kann den sonnenhellen Weg beschreiten. Oder wenn man von der reinen Bhakti berührt wird, suddha bhakti, dann ist das allein genug, was immer auch geschieht; der Weg wird einfach, oder es stellt, auch wenn er nicht einfach ist, doch einen ausreichenden Anfang dar, der uns bis zum Ende trägt, ohne die Leiden und Stürze auf uns nehmen zu müssen, die dem unwissenden Suchenden so oft widerfahren.

      In allen Yoga-Systemen gibt es drei hauptsächliche Ziele, die durch den Suchenden erreicht werden müssen: die Einung oder der bleibende


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