Einführung in die germanistische Linguistik. Karin Pittner

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Einführung in die germanistische Linguistik - Karin Pittner


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Phoneme nachweisen: Es gibt Minimalpaare zu Wörtern mit Diphthongen, die sich nur in einem Segment unterscheiden, wie kaute imagekannte image oder Haube imageHalbe image. Gegen eine biphonematische Wertung von Diphthongen wurde angeführt, dass ihre Länge die Länge eines Langvokals nicht überschreitet (z.B. Bahn imageBein image). Wir halten es jedoch für entscheidend, dass durch den Minimalpaartest nachgewiesen werden kann, dass Diphthonge keine minimalen bedeutungsunterscheidenden Einheiten sind.

      Wertung von Affrikaten

      Auch für Affrikaten lassen sich Minimalpaare finden, in denen jeweils nur einer der beiden Teile der Affrikate ersetzt wird, hübsche imagehüpfe image, Putz imagePutsch image, Zeche imageTscheche image. Für eine Wertung als ein Phonem spricht, dass Affrikaten sowohl am Wortanfang als auch am Wortende vorkommen können, während viele andere Lautkombinationen am Wortende spiegelbildlich auftreten: Pfennig – Topf, Zahn – Netz, dagegen: Plan – Alp, Trog – Ort, Knecht – Dank. Die Lautkombination [ts] ist dagegen gut zerlegbar und tritt auch umgekehrt als [st] sowohl am Wortanfang wie am Wortende auf wie in Stil und Fest. Insgesamt überwiegen auch bei den Affrikaten die Argumente für eine biphonematische Wertung, insbesondere der Minimalpaartest spricht dafür.

      Schwa-Laut

      Unklar ist auch der Phonemstatus des Schwa-Lauts, da er als eine reduzierte Variante verschiedener Vokale auftreten kann und zudem häufig weglassbar ist (s. 2.5.2). Es gibt jedoch eine Reihe von Minimalpaaren, in denen der Schwa-Laut distinktiv ist, wie Alter – Alte imageimage, Motto – Motte imageimage, Bube – Bubi imageimage. Dies spricht dafür, den Schwa-Laut als Phonem zu werten.

      Die suprasegmentale Phonologie beschäftigt sich mit Einheiten und lautlichen Eigenschaften, die über das einzelne Segment hinausgehen. Dazu gehören zum einen Silben, aber auch lautliche Eigenschaften wie Akzente und Veränderungen der Stimmtonhöhe.

      Silbe

      Nach dem einzelnen Segment ist die Silbe die nächstgrößere Einheit, die intuitiv gut erfassbar ist. Nach einer Silbe lässt sich bei sehr deutlicher Aussprache jeweils eine Sprechpause machen. Auch die Trennregeln nehmen weitgehend Bezug auf Silben.

      Bestandteile von Silben

      Eine Silbe besteht in der Regel aus mehreren Teilen. Jede Silbe weist einen Silbenkern oder Nukleus auf. In der Regel ist dies ein Vokal, seltener ein silbischer Konsonant/Sonant. Vor und nach dem Nukleus können Segmente stehen, die den Anfangsrand bzw. Endrand der Silbe bilden. Der Anfangsrand wird auch Onset genannt, der Endrand Koda. Nukleus und Koda bilden den Reim der Silbe:

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      Abb. 5 Silbenstruktur

      Da in diesem Modell der Silbe zwei Einheiten zusammengefasst werden, nämlich Nukleus und Koda, die zusammen den Reim bilden, spricht man auch vom Konstituentenmodell der Silbe. Eine Silbe enthält immer einen Nukleus, der Anfangs- und der Endrand können dagegen fehlen.

      Optimale Silbe

      Die einzig universale (d.h. in allen Sprachen vorkommende) Silbenstruktur, in manchen Sprachen die einzige Silbenstruktur überhaupt, ist Konsonant-Vokal (CV). Dies ist auch die Silbenstruktur, die im kindlichen Spracherwerb zu Beginn auftritt (mama, baba u.ä). Man spricht daher auch von der unmarkierten oder optimalen Silbe.

      Sonoritätshierarchie

      Für den Aufbau einer Silbe spielt die Schallfülle (Sonorität) der beteiligten Laute eine Rolle. Die im Anfangsbzw. Endrand der Silbe auftretenden Laute haben eine geringere Sonorität als der Nukleus, die Sonorität fällt meist zum Anfangsbzw. Endrand hin ab. Die Laute mit der geringsten Sonorität sind die Plosive, da hier der Luftstrom bei der Artikulation am stärksten behindert wird, die größte Sonorität haben Vokale. Die Laute lassen sich nach ihrer Artikulationsart auf der folgenden Sonoritätshierarchie anordnen:

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      Abb. 6 Sonoritätshierarchie

      Silbifizierung

      Intuitiv ist es meist gut möglich, ein Wort in Silben zu zerlegen. Gelegentlich ist es nach der Sonoritätsskala möglich, einen Laut der einen oder der anderen Silbe zuzuschlagen. In IPA-Umschrift können die Silbengrenzen durch Punkte gekennzeichnet werden wie in Liebe image, laufen image.

      Ein Prinzip der Bildung von Silben (Silbifizierung) ist, dass so viele Laute wie nach der Sonoritätsskala möglich dem Onset einer Silbe zugeschlagen werden (Prinzip der Onset-Maximierung). Im folgenden Beispiel werden daher beide Konsonanten zwischen den Vokalen der zweiten Silbe zugeschlagen: lieblich image.

      Phonotaktik

      Die Konsonantenverbindungen in einer Silbe, die durch Onset-Maximierung entstehen würden, müssen aber mit den phonotaktischen Regeln der Sprache in Einklang sein. Die Phonotaktik befasst sich mit den Regeln, nach denen Segmente kombiniert werden. Sprachen unterscheiden sich darin, welche Lautkombinationen an bestimmten Stellen einer Silbe vorkommen können. z.B. kann in einem Onset im Deutschen die Kombination [kn] vorkommen (z.B. in Knecht), nicht jedoch im Englischen.

      Das Deutsche verfügt offensichtlich über viel komplexere Silben als CV-Silben. Es lässt im Onset bis zu drei Konsonanten zu, wie in Straße, Pflanze und Pfropf. In der Koda können bis zu fünf Konsonanten auftreten, wie etwa in (des) Herbsts.

      Silbengelenke

      Nicht immer lässt sich ein Laut eindeutig einer Silbe zuordnen. Zwischen Vokalen auftretende Laute oder Lautfolgen nach einem kurzen Vokal können sowohl zum Endrand einer Silbe als auch zum Anfangsrand der nächsten Silbe gehören. Solche Konsonanten sind ambisilbisch (oder ambisyllabisch), man spricht auch vom Silbengelenk. In IPA-Umschrift können Gelenkkonsonanten dadurch gekennzeichnet werden, dass die Silbengrenze durch einen Punkt unter dem betreffenden Laut [.] (z.B. bei Hammer


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