Einführung in die germanistische Linguistik. Karin Pittner

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Einführung in die germanistische Linguistik - Karin Pittner


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der Schweiz der Schüler-Duden und das Schweizer Wörterbuch, in Österreich das Österreichische Wörterbuch. Durch das Vorhandensein eines solchen Binnenkodex unterscheiden sich die Vollzentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz von Luxemburg oder den Regionen Ostbelgien und Südtirol, die zwar auch einen eigenen Standard ausgebildet haben, jedoch über keinen eigenen Kodex verfügen.

      Sprachgrenze

      Abschließend soll noch auf die Frage eingegangen werden, welche Varietäten zu einer Sprache gerechnet werden. Diese Frage stellt sich vor allem in Grenzgebieten wie an der deutsch-holländischen Grenze, da die niederdeutschen Dialekte dem Niederländischen ähnlicher sind als etwa dem Bairischen. Unter dem Gesichtspunkt der linguistischen Ähnlichkeit ließen sich eher das Niederdeutsche und Niederländische zu einer Sprache zusammenfassen als das Niederdeutsche und andere deutsche Dialekte. Eine entscheidende Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass sich die Sprecher/innen jeweils an einem unterschiedlichen Standard orientieren, niederdeutsche Sprecher/innen am Standarddeutschen, niederländische Sprecher/innen dagegen am Standardniederländischen, die jeweils auch in den Schulen gelehrt werden und in den Medien vorherrschen. Ammon spricht von einer „Überdachung“ eines Dialekts durch eine Standardvarietät. Die Grenzziehung zwischen dem deutschen und dem niederländischen Sprachraum orientiert sich also eher an einer politischen als an einer linguistisch motivierten Grenze.image

       Wissens-Check

      1. Erläutern Sie die Bedeutungen von Hochdeutsch und den Zusammenhang zwischen diesen Bedeutungen!

      2. Bei den meisten Sprecher/innen liegt „Innere Mehrsprachigkeit“ vor, da sie nicht nur über eine Varietät verfügen: Welche Varietäten des Deutschen sprechen/schreiben Sie?

      3. Nennen Sie die wichtigsten Eigenschaften einer Standardvarietät!

      4. Finden Sie mit Hilfe des Variantenwörterbuchs des Deutschen heraus, in welchen Regionen die folgenden Varianten auftreten:

       Sonnabend – Samstag

       Schlagrahm – Schlagsahne – Schlagobers

       Kommentierte Literatur

      Ammon, Ulrich, Hans Bickel und Alexandra Nicole Lenz (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlung. Berlin: de Gruyter. [Nachschlagewerk zu nationalen Varianten]

      Bußmann, Hadumod (2008): Lexikon der Sprachwissenschaft. 4., durchgesehene und bibliographisch ergänzte Auflage. Stuttgart: Kröner. [bewährtes Nachschlagewerk für linguistische Fachbegriffe]

      de Saussure, Ferdinand (1967): Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. 2. Aufl. Berlin: de Gruyter. (Original: Cours de linguistique générale 1916) [Klassiker der strukturalistischen Sprachtheorie]

      Girnth, Heiko (2007): Variationslinguistik. In: Steinbach, Markus et al. (Hgg.): Schnittstellen der germanistischen Linguistik. Stuttgart/Weimar: Metzler, S. 187–218. [gute Überblicksdarstellung über sprachliche Variation im Deutschen]

      Kellermeier-Rehbein, Birte (2014): Plurizentrik. Einführung in die nationalen Varietäten des Deutschen. Berlin: Erich Schmidt. [klare, gut lesbare Darstellung der Thematik]

      König, Werner (2019): dtv-Atlas zur deutschen Sprache. Tafeln und Texte. 19., überarbeitete und korrigierte Auflage. München: dtv. [umfangreiches Kartenmaterial zur Sprachgeschichte und Dialekten des Deutschen]

       2. Phonologie

       Überblick

      Die Phonologie behandelt die lautliche Ebene der Sprache, wobei sie auf die Ergebnisse der Phonetik zurückgreifen kann. Die Phonetik untersucht die Artikulation, die akustische Übertragung und Wahrnehmung von Lauten aus naturwissenschaftlicher Sicht. Die Phonologie hingegen untersucht die Funktion der Laute (Phone) in einem Sprachsystem. Das Lautinventar des Deutschen umfasst Konsonanten und Vokale, die anhand bestimmter Merkmale klassifiziert werden können. Mithilfe des Minimalpaartests können die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Einheiten (Phoneme) ermittelt werden, die durch verschiedene Laute (Allophone) realisiert sein können.

      Laute können nach bestimmten Regeln zu Silben kombiniert werden, die über einen Kern (Nukleus), einen Anfangs- und einen Endrand verfügen. Durch phonologische Prozesse können Laute in bestimmten Merkmalen verändert oder umgestellt werden. Über einzelne Laute hinausgehende Eigenschaften sind Akzent und Ton.

      Phonetik und Phonologie

      Die Phonetik beschreibt die materiellen Aspekte der Sprachlaute, die Phonologie dagegen ihre Funktion in einem Sprachsystem. Die Phonologie ist eine Teildisziplin der Linguistik, die das Lautsystem der einzelnen Sprachen untersucht. Die Phonetik dagegen untersucht die lautliche Seite menschlicher Äußerungen unter naturwissenschaftlichem Aspekt, und zwar

      a) vom Sprecher aus: Artikulatorische Phonetik

      b) vom Hörer aus: Auditive Phonetik

      c) auf den Kanal bezogen: Akustische Phonetik

      Teilgebiete der Phonetik

      Die artikulatorische Phonetik beschreibt die Bildung der Laute. Die akustische Phonetik untersucht die physikalischen Eigenschaften der Schallwellen, wie ihre Dauer, Frequenz und Intensität. Die auditive (oder perzeptive) Phonetik untersucht, wie die Laute wahrgenommen und im Gehirn verarbeitet werden.

      Wir werden uns hier näher mit der artikulatorischen Phonetik beschäftigen, da sie wesentliche Grundlagen für die Phonologie liefert. Die artikulatorische Phonetik untersucht, wie die Laute gebildet werden.

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      Abb. 1 Teilgebiete der Phonetik

      Artikulationsorgane

      An der Artikulation von Lauten sind eine Reihe von Organen beteiligt. Die Lunge stellt den Luftstrom bereit, der bei der Artikulation geformt wird. Eine wichtige Rolle spielt das Ansatzrohr, das den Luftraum vom Kehlkopf bis zu den Lippen bzw. zur Nase umfasst. Die beweglichen Artikulationsorgane werden auch Artikulatoren genannt. Dazu gehören die Zunge, die Lippen, der Unterkiefer, das Gaumensegel mit dem Zäpfchen sowie der Rachen und der Kehlkopf mit den Stimmlippen, auch Stimmbänder genannt (Glottis).

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      Abb. 2 Artikulationsorte der Konsonanten im Deutschen (adaptiert nach Pompino-Marschall 2009:183)

      Der Kehldeckel stellt die Weiche zwischen Luft- und Speiseröhre dar. Nur bei geöffnetem Kehldeckel ist Atmung und somit Stimme möglich. Die Stimmbänder bestimmen durch ihr Schwingen oder Nichtschwingen über die Stimmhaftigkeit bzw. Stimmlosigkeit der Laute. Das Gaumensegel (Velum) schließt oder öffnet den Nasenraum und bestimmt damit die Nasalität bzw. Oralität der Laute. Die Zunge reguliert den Luftdurchgang durch die Mundhöhle von relativ unbehindert bis zum völligen Verschluss und formt den Luftstrom.

      Phone

      Der kontinuierliche Schallstrom lässt sich aufgrund kleiner wahrnehmbarer Veränderungen in einzelne Laute zerlegen, die


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