Savitri – Eine Legende und ein Symbol. Sri Aurobindo
Читать онлайн книгу.sind geboren aus des Geistes Sonne verborgener Mächte,
Die sich durch den Notstand einen Tunnel graben.
Doch wer wird eindringen in den kryptischen Schlund
Und erfahren, welches tiefe Bedürfnis der Seele
Eine beiläufige Tat und die Konsequenz bestimmte?
Versunken in die Routine täglichen Handelns,
Sind unsere Augen fixiert auf den äußeren Schauplatz;
Wir hören das Knirschen der Räder der Umstände
Und fragen staunend nach dem geheimen Grund der Dinge.
Doch könnte ein voraussehendes Wissen unser eigen sein,
Könnten wir den Stand unseres Geistes im Inneren einnehmen,
Könnten wir die gedämpfte Stimme des Daimons vernehmen.
Zu selten fällt der Schatten von dem, was kommt,
In einem Augenblick auf den geheimen Sinn,
Der die Erschütterung des Unsichtbaren fühlt,
Und in jenen wenigen, die Antwort geben,
Teilt das mächtige Walten des kosmischen Willens
Selten unserer Schau sein Bildnis mit,
Gleichsetzend der Welt Mental mit unserem.
Unser Spielraum liegt innerhalb des engen Bogens dessen,
Was wir beobachten und berühren und unser Denken erraten kann,
Und selten dämmert das Licht des Unbekannten,
Das den Propheten und Seher in uns weckt.
Das Äußere und das Unmittelbare sind unser Feld,
Die tote Vergangenheit ist unser Hintergrund und Halt;
Das Mental hält die Seele gefangen, wir sind Sklaven unserer Taten;
Wir können unseren Blick nicht lösen, um der Weisheit Sonne zu sehen.
Der Mensch, Erbe des kurzsichtigen animalischen Mentals,
Noch ein Kind in den mächtigen Händen der Natur,
Lebt nur in der Aufeinanderfolge der Augenblicke;
Auf eine sich wandelnde Gegenwart beschränkt sich sein Recht;
Sein Gedächtnis starrt zurück auf eine phantomhafte Vergangenheit,
Die Zukunft flieht vor ihm, während er sich bewegt;
Kein Antlitz sieht er, nur Kleider seiner Einbildung.
Bewaffnet mit einer begrenzten unsicheren Stärke
Rettet er vor widrigem Zufall die Früchte seiner Arbeit.
Eine ringende Unwissenheit ist Gefährtin seiner Weisheit:
Er wartet, um die Folgen seines Handelns zu sehen,
Er wartet, um die Richtigkeit seiner Gedanken abzuwägen,
Er weiß nicht, was oder wann er etwas vollbringen wird;
Er weiß nicht, ob er schließlich überleben wird
Oder wie das Mastodon und das Faultier enden
Und untergehen wird auf dieser Erde, wo er König war.
Er weiß nichts über die Bedeutung seines Lebens,
Er weiß nichts von seinem hohen und herrlichen Schicksal.
Nur die Unsterblichen auf ihren todlosen Höhen,
Die jenseits der Mauern von Raum und Zeit wohnen,
Meister des Lebens, frei von den Bindungen des Denkens,
Die Überwacher von Schicksal und Zufall und Willen sind
Und Experten des Theorems des Weltbedarfs,
Sehen die Idee, die Macht, die den Lauf der Zeit verändert,
Mit lichtdurchstrahlten Mähnen aus unentdeckten Welten kommen,
Hören, während die Welt sich müht mit ihrem tief blinden Herzen,
Die galoppierenden Hufen des unvorhergesehenen Ereignisses,
Die den übermenschlichen Reiter tragen, sich nähern
Und, ungerührt von der Erde Getöse und aufgeschrecktem Schrei,
Wieder zurückkehren in das Schweigen der Berge Gottes;
Wie Blitz aufflammt, wie Donner braust, so ziehen sie vorbei
Und hinterlassen ihre Spuren auf der zertrampelten Brust des Lebens.
Über der Welt stehen die Welten-Schöpfer,
Gewahren in der Erscheinung den mystischen Quell.
Diese achten nicht auf das trügende äußere Spiel,
Sie wenden sich nicht dem emsigen Getrampel des Augenblicks zu,
Sondern lauschen mit der ruhigen Geduld des Ungeborenen
Auf die langsamen Schritte eines fernen Geschicks,
Die näherkommen durch die gewaltigen Strecken der Zeit,
Unbemerkt für das Auge, das nur auf Ursache und Wirkung schaut,
Ungehört inmitten dem Getöse auf der menschlichen Ebene.
Aufmerksam auf eine ungesehene Wahrheit achtend, nehmen sie
Einen Laut wahr wie von unsichtbaren Augur-Schwingen,
Stimmen einer unausgeloteten Sinnbedeutung,
Gemurmel, das im Innersten des Schlafes der Materie brütet.
In der profunden Audition des Herzens erfassen sie
Das Raunen, das dem sorglosen Ohr des Lebens entgeht,
Eine prophetische Sprache in Denkens allwissender Trance.
Über der Illusion der Hoffnungen, die vergehen,
Hinter der Erscheinung und der offenkundigen Tat,
Hinter dem Uhrwerk Zufall und vager Vermutung,
Inmitten des Ringens der Kräfte, den trampelnden Füßen,
Durch all die Schreie der Qualen und der Freude,
Durch Triumph, Kampf und Verzweiflung hindurch
Sehen sie die Seligkeit, wonach das Herz der Erde geschrien hat
Auf dem langen Weg, der sein Ende nicht sehen kann,
Sich windend unentdeckt durch die skeptischen Tage
Und ihn zu treffen, um die unbekümmert regsame Welt zu führen.
So wird der maskierte Transzendente seinen Thron besteigen.
Wenn Finsternis zunimmt und der Erde Brust erstickt
Und des Menschen leibliches Mental die einzige Lampe ist,
Soll wie der Schritt des Diebes in der Nacht, verborgen sein
Der Schritt von jenem, der ungesehen in sein Haus einsteigt.
Eine Stimme soll kaum hörbar sprechen, die Seele gehorchen,
Eine Macht sich stehlen in das innere Gemach des Mentals,
Ein Charme und eine Süße des Lebens verschlossene Türen öffnen
Und Schönheit die widerstrebende Welt bezwingen,
Das Wahrheits-Licht überraschend die Natur erobern,
Eine Heimlichkeit Gottes das Herz zur Seligkeit zwingen
Und die Erde unerwartet göttlich werden.