Mami Staffel 8 – Familienroman. Lisa Simon

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Mami Staffel 8 – Familienroman - Lisa Simon


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ahnst nicht, wie froh mich deine Bewunderung gemacht hat. Ich bedaure, daß ich deinen Bruder nie kennenlernen kann, ganz sicher hätten wir uns gut verstanden.«

      Sie starrte ihn an, mit groß aufgeschlagenen Augen. Sie waren so klar, daß er bis auf den Grund ihrer Seele zu sehen glaubte.

      »Du bist John Normann?« staunte sie fassungslos.

      »Ich bin der Mann, der dich liebt. Und daß du John Normanns Bücher gern liest, ist wunderbar. Sanne, wir zwei sind verwandte Seelen, ich glaube, das habe ich sofort gespürt.«

      »Du hast immer wieder neue Überraschungen für mich«, sie schüttelte noch immer den Kopf und begriff es nicht. »Der berühmte John Normann. Wie oft habe ich mir gewünscht, ihn kennenzulernen.«

      »Jetzt kennst du ihn. Und du weißt, daß er dich liebt. Jeden Tag wirst du ihn ein wenig besser kennenlernen. O Sanne, ich bin so glücklich. Glücklicher als ich kann kein Mensch sein.«

      »Das stimmt nicht«, widersprach ihm Susanne und tastete mit den Blicken jede Miene seines Gesichtes ab, als wollte ihr Herz es zeichnen. »Glücklicher, als ich es bin, kannst du gar nicht sein. Ich weiß, daß ich noch nie so glücklich war.«

      »Ihr schmust ja immer noch«, stellte Laura mißmutig fest. »Wir dachten, wir könnten zum Strand hiuntergehen. Es ist jetzt Ebbe.«

      Jonathan nickte sofort. »Eine prima Idee. Ja, gehen wir. Wir alle zusammen. Wir könnten am Strand ein Feuer machen und Würstchen grillen. Was haltet Ihr davon.«

      »Super, toll«, schrien sie durcheinander und Thomas setzte begeistert hinzu: »Es ist doch ’ne Wucht, daß wir wieder einen Vater haben. Väter haben immer die besten Ideen.«

      Johann sagte nichts. Jonathans und seine Blicke begegnete sich. Er sah dem Mann an, der jetzt sein Vater war, daß er ihn verstand, Johann fühlte sich plötzlich so frei und leicht, als wäre er ein Vogel. Jetzt durfte er genauso unbekümmert und froh sein, wie seine Geschwister und seine Freunde es waren. Das Geschick ihrer Familie war in Jonathans Händen gut aufgehoben.

      Sie alle würden die Eltern nie vergessen, nie. Aber Johann spürte, daß er den Mann jetzt schon liebte, sein ganzes Herz flog ihm zu.

      Es war gut, daß Jonathan es in seinen Augen las.

Kevin, wo bist du?

      Draußen schien die Sonne, doch Kevin saß traurig am Fenster des Zimmers, das er sich mit seinem Freund Philipp Kramer teilte. Er beachtete nicht die spielenden und laut juchzenden Kinder im Garten, sondern starrte auf das Eingangsportal, als erwarte er jemanden.

      Leise trat Julia Moser, die seit einem Jahr als Erzieherin im Städtischen Waisenhaus MARIENKÄFER arbeitete, zu Kevin hin. Ihr war schon öfters aufgefallen, daß der Junge einfach nur am Fenster saß und hinaussah.

      Er blickte kurz auf, als er Julia entdeckte, dann sah er wieder hinaus.

      »Hast du keine Lust, mit den anderen Kindern zu spielen?« fragte Julia mit sanfter Stimme. »Sieh mal, wie die anderen das schöne Wetter genießen.«

      Kevin schüttelte nur stumm den Kopf und drückte seinen Teddybär fester an sich.

      Julia zögerte. Sollte sie den Kleinen einfach allein da sitzen lassen?

      Kurzerhand setzte sie sich neben ihn auf die Fensterbank und sah ebenfalls hinaus. »Wartest du auf jemanden? Du bist oft hier oben im Zimmer, wenn die anderen spielen, nicht wahr?«

      Kevin sah Julia wieder ernst mit seinen traurigen Augen an. »Ich warte darauf, daß meine Mama mich holt.«

      »Deine Mama? Davon weiß ich ja gar nichts. Wann wollte sie denn kommen?« fragte Julia erstaunt. Ihr war bekannt, daß Kevin vor einiger Zeit zur Adoption freigegeben worden war. Hatte er etwa bereits neue Eltern gefunden?

      »Ich weiß ganz genau, daß meine Mama eines Tages vor der Tür steht und mich nach Hause holt.« Trotzig drehte sich Kevin von Julia weg, doch sie sah trotzdem, daß er den Tränen nahe war. Erschrocken wollte sie ihn an sich drücken, unterließ es dann doch. Statt dessen sagte sie: »Ich gehe jetzt mal wieder. Aber du solltest ein bißchen an die Sonne gehen, du bist ganz blaß.«

      Dann verließ sie schnell das kleine Zimmer mit den farbenfrohen Möbeln und den Märchenbildern an den Wänden. Was war nur in den Jungen gefahren? Wer mochte ihm eingeredet haben, daß seine Mutter ihn zu sich nehmen würde?

      Julia arbeitete gerne im MARIENKÄFER, wie das Waisenhaus im allgemeinen kurz genannt wurde. Gleich, als sie im vorigen Frühjahr ihre Stelle dort angetreten hatte, war ihr der kleine stille Kevin Seifert aufgefallen und ans Herz gewachsen. Eigentlich sollte sie ja alle Kinder gleich behandeln, das hatte Julia schon während ihrer Ausbildung gelernt – aber Kevin war so anders als die meisten anderen Kinder. Er lachte selten, spielte höchstens mal mit seinem Freund Philipp und fiel niemals durch Schabernack auf. Julia hatte den Eindruck, als ob für Kevin das Heim nur eine Übergangslösung zu sein schien.

      Sie lenkte die Schritte zum Büro der Heimleiterin Frau Clasen; sie mußte unbedingt Näheres über Kevins Mutter erfahren.

      Bärbel Clasen saß hinter ihrem Schreibtisch und sortierte die eingegangene Post, als Julia nach einem zaghaften Anklopfen eintrat.

      »Könnte ich wohl einen Augenblick mit Ihnen reden?« fragte Julia. Sie wußte, daß Frau Clasen ständig in Zeitdruck war und vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiten könnte, wenn es ihre Kraft zugelassen hätte. Seit einiger Zeit versuchte die Stadt, Personal einzusparen – natürlich gerade da, wo es am dringendsten gebraucht wurde.

      Frau Clasen sah auf. »Wenn es etwas Privates ist, habe ich keine Zeit für Sie, Julia. Aber wenn es um eines unserer Kinder geht, habe ich immer ein offenes Ohr.«

      Julia mußte lächeln. Bärbel Clasen tat immer so, als interessiere sie sich ausschließlich für die Belange der Waisenkinder. Aber in Wahrheit nahm sie auch großen Anteil am Privatleben der Mitarbeiterinnen.

      »Es geht um Kevin Seifert«, erklärte Julia und setzte sich auf den Besucherstuhl. »Ich mache mir Sorgen um den Jungen.«

      Frau Clasen nahm ihre Brille ab, strich sich seufzend über die Augen. »Ja, der Kleine sondert sich ständig ab, doch das war eigentlich schon immer so.«

      »Hm, das habe ich auch schon mitbekommen. Gerade vorhin saß er wieder oben am Fenster und sah hinunter. Als ich ihn fragte, ob er jemanden erwarte, behauptete er allen Ernstes, daß seine Mutter kommen wollte, um ihn abzuholen!«

      Die Heimleiterin hob verdutzt den Kopf. »Seine Mutter?«

      Julia zuckte die Achseln. »Ich habe mich ja auch gewundert, weil ich weiß, daß er zur Adoption freigegeben wurde. Ich dachte, Sie wüßten, was der Junge damit meinen könnte.«

      »Leider nicht«, erwiderte Bärbel Clasen und kaute nachdenklich am Brillenbügel. »Ich kann mich auch nicht daran erinnern, daß seine Mutter jemals Kontakt zu ihm aufgenommen hätte.«

      »Kommt denn jemand für eine Adoption in Frage?«

      Frau Clasen schüttelte langsam den Kopf. »Nicht, daß ich wüßte – und wenn es Interessenten für Kevin gäbe, wüßte ich es ganz bestimmt. Als er noch sehr klein war, ja, da haben sich viele Ehepaare für ihn interessiert. Aber die leibliche Mutter hatte bis dahin kategorisch eine Adoption abgelehnt, und ein Pflegekind wollten die Leute nicht haben. Zu riskant, daß die Mutter ihr Kind nach einer Weile zurückfordert – und ich kann sie verstehen.«

      »Warum hat sich die Mutter dann doch zur Adoption entschlossen?« wollte Julia wissen.

      »Tja, wenn ich das wüßte. Das war ja erst kurz bevor Sie hier angefangen haben, Julia. Da war es dann für Kevin leider zu spät – einen vierjährigen Jungen wollen die Leute nicht mehr.«

      »Ich verstehe aber nicht, wieso er steif und fest behauptet, daß er auf seine Mutter wartet!« Julia blickte fragend auf die Heimleiterin, die


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