Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Berg, der Till gerufen wurde, lächelte.

      »Danke fürs Mitnehmen!«

      »Es war mir ein Vergnügen. Die langen Fahrten sind oft etwas eintönig. So hatte ich etwas Unterhaltung. Ich wünsche dir eine gute Reise, Till. Bist schon ein verrückter Kerl! Wenn ich das meinen Kumpels erzähle, die werden mir das nicht glauben.«

      »Dann behältst du es eben für dich! Ich wünsche dir gute Fahrt. Vielleicht sieht man sich wieder einmal.«

      »Willst net meine Handynummer, Till?«

      »Nein! Das wäre gegen meine Prinzipien. Ich habe mich von allem freigemacht und dabei bleibt es! Man sagt ja, man sieht sich im Leben immer zweimal. Also freue ich mich auf das nächste Zusammentreffen. Gute Fahrt!«

      Die Männer schüttelten einander die Hand.

      Tillmann kletterte aus der Fahrerkabine des Lastwagens. Er blieb auf dem Seitenstreifen stehen und schaute dem Transportfahrzeug nach, bis es um die Kurve verschwunden war. Der Fahrer hatte zum Abschied noch einmal die Hupe betätigt, obwohl das verboten war. Tillmann lächelte. Er hängte sich die Stofftasche um und schulterte den alten Rucksack mit dem Schlafsack, dem einen Paar alter Schuhe und den Socken.

      Tillmann folgte der Landstraße, die nach Kirchwalden hineinführte. Bald kam er an eine Kreuzung. Er las den Ortsanzeiger und bog nach rechts ab. Die Straße führte bald aus dem Ort hinaus und schlängelte sich durch liebliche Felder und Wiesen. Tillmann blieb stehen und wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn.

      Wie schnell man binnen eines Jahres die Kondition verliert, dachte er. Er wusste, dass die erste Woche der Wanderschaft immer die schlimmste war. Keiner zwang ihn dazu, er hatte es sich ausgesucht. Und er bekam etwas dafür: ein Gefühl der Freiheit und der Ungebundenheit. Diese Gefühle waren stärker als die Unannehmlichkeiten und entschädigten ihn für die Ungemach, die er sich bewusst selbst auferlegt hatte.

      Als die ersten Häuser von Waldkogel zu sehen waren, beschleunigte er die Schritte. Er heftete seine Augen auf die Uhr am Kirchturm. Autos und Transporter fuhren an ihm vorbei. Eines fuhr so dicht vorbei, dass Tillmann genötigt war, sich blitzschnell in das hohe Gras neben der Straße zu werfen. Er war überzeugt, dass nur dieser mutige Hechtsprung ihn vor einem Unfall bewahrt hatte. Tillmann blieb einen Augenblick liegen und wartete ab, bis der Schmerz in seiner linken Hand nachließ. Blut schoss aus dem Handballen. Ein Stück Glas steckte darin.

      »Dass die Leute auch ihre Flaschen aus dem Autofenster werfen müssen«, schimpfte er laut.

      Tillmann biss die Zähne zusammen und zog sich die Glasscherbe heraus. Er hielt die Hand in die Luft, in der Hoffnung, dass die Blutung sich verringern würde. Nach einer Weile ließ sie auch nach. Tillmann wischte sich mit seinem Halstuch die Blutspuren am Unterarm ab und wickelte das Halstuch um die Hand. Es schmerzte. Er winkelte den Arm an und ging weiter.

      Als er vor der Kirche ankam, ließ er sich erschöpft auf die Bank beim Brunnen fallen. Er kramte aus der Vortasche seines Rucksacks einen Blechbecher hervor und hielt ihn unter den Wasserstrahl. Er trank mehrere Becher Wasser. Danach fühlte er sich besser. Seine Hand schmerzte immer noch. Tillmann wickelte vorsichtig das Halstuch ab und besah sich die Wunde. Er überlegte, ob er sich Verbandszeug besorgen oder gar einen Arzt aufsuchen sollte. Er entschied sich, damit erst einmal zu warten. Ich bin gesund. Es ist ein glatter Schnitt und wird auch ohne Behandlung heilen. Die Wunde hat viel geblutet und Schmutz wird nicht mehr in ihr sein.

      Tillmann wusch das Halstuch im Brunnen und säuberte seine Hände. Er breitete das Halstuch neben sich auf der Sitzbank in der Sonne aus. Bis die Sonne untergeht, wird es trocken sein, dachte er. Hunger hatte er keinen. Der freundliche Lastwagenfahrer hatte ihn zum Essen eingeladen.

      Tillmann schloss die Augen. Er ruhte sich aus und ließ in Gedanken den Tag an sich vorüberziehen. Es war ein guter Tag gewesen, bis auf den Sturz in die Glasscherbe. Aber es hätte schlimmer sein können, tröstete sich Tillmann.

      »Grüß Gott! Die Hand schaut aber net gut aus!«

      Tillmann erschrak und riss die Augen auf. Er war doch tatsächlich etwas eingenickt.

      »Grüß Gott! So schlimm ist es nicht!«

      »Du musst zum Doktor!«

      »Danke, es geht schon! Ich bin hart im Nehmen.«

      Tillmann sah wie ihn der Geistliche von oben bis unten musterte und seinen Stoffbeutel und den alten Rucksack aufmerksam betrachtete.

      »Dir ist es anzusehen, dass du hart im Nehmen bist. Bist wohl schon länger unterwegs, wie?«

      »Wie man es nimmt, Herr Pfarrer? Was ist Zeit?«

      »Ah, bist auch noch ein Philosoph!«

      »Wenn Sie es sagen?«

      »Wie heißt du denn?«

      »Till, wie Till Eugenspiegel!«

      »Nur Till, sonst nix?«

      »Till, des genügt doch oder?«

      »Schon, wenn du willst. Mein Name ist Heiner Zandler und ich bin hier in Waldkogel der Pfarrer. Des ist meine Kirche.«

      »Ich bleibe nicht lange. Ich wollte mich nur etwas ausruhen und habe meine Hand gesäubert.«

      »Ich vertreibe dich nicht! Warum sollte ich das tun?«

      »Nun weil ich ein bisserl anders bin als die Touristen, die sonst herkommen, denke ich mir.«

      »Ich schließe daraus, dass du schlechte Erfahrungen gemacht hast und kein Tourist bist.«

      Tillmann warf dem Geistlichen einen Blick zu und schwieg.

      »Hast du schon heute etwas gegessen?«, fragte Pfarrer Zandler.

      »Ja!«

      Der Geistliche musterte Till erneut. So schnell gab der Pfarrer nicht auf. Der junge Mann machte auf der einen Seite einen etwas verlotterten Eindruck. Auf der anderen Seite sah er nicht so aus, wie einer, der ständig auf der Straße lebt.

      »Du bist auf der Wanderschaft, machst aber keinen Urlaub, wie? Sehe ich das richtig?«

      »Irgendwie schon«, sagte Tillmann leise.

      »Und wo kommst du her?«

      »Von weit!«

      »Und ein Ziel hast auch nicht?«

      »Doch schon! Immer weiter und weiter!«

      »Dann bist du ein Vagabund?«

      »So können Sie das sehen! Sie brauchen keine Angst um ihre Kirchenschätze zu haben. Ich stehle nichts!«

      »Hat man dich schon mal verdächtigt?«

      »Vagabunden sind nicht gerade beliebt!«

      Tillmann stand auf.

      »Ich will dich wirklich nicht vertreiben! Da würde ich meiner Christenpflicht nicht nachkommen, im Gegenteil. Wenn du mit der Verletzung an der Hand keinen Arzt aufsuchen willst, dann nehme ich an, dass du nicht versichert bist.«

      Tillmann schaute den Geistlichen nicht an und gab ihm keine Auskunft. Pfarrer Zandler wertete es als Zustimmung.

      »Magst mit ins Pfarrhaus kommen, Till?«, fragte der Geistliche. »Kannst duschen, dich rasieren und meine Haushälterin macht dir einen Verband.«

      »Danke für die Einladung. Doch ich komme schon klar! Es gibt Seen und Bäche!«

      So ein sturer Kerl, dachte Pfarrer Zandler. Aber das Leben wird ihn dazu gemacht haben. Er ist zum Einzelgänger geworden.

      »Mein Angebot steht. Da drüben ist das Pfarrhaus. Ich gehe dann schon mal voraus und rede mit meiner Haushälterin. Ich lehne die Haustür an. Überlege es dir!«

      Tillmann schaute ihn an. Pfarrer Zandler lächelte.

      »Höre zu, Till! Ich weiß, dass Burschen, wie du einer bist, ihr ganz eigene Auffassung vom Leben haben. Ich will dich nicht bekehren.


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