Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas Suchanek

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Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King - Andreas Suchanek


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es wie am ersten Tag. Die Zeit heilt alle Wunden, sagte man. Randy hatte manchmal seine Zweifel, ob das auch zutreffend war.

      »Randy!«, rief Olivia und riss ihn zurück in die Gegenwart. »Sieh mal!«

      Sie war in der kleinen Kassenkabine, in der die Schalter für das Karussell waren. Im Halbdunkel sah Randy, wie Olivia ein paar Knöpfe drückte und das Karussell erhellte sich ein paar Sekunden später. Dass es hier draußen noch Strom gab, war wirklich ein Wunder.

      Olivia jauchzte vor Freude. Sie drückte weitere Knöpfe und es setzte sich tatsächlich in Bewegung. Einige der Birnen waren durchgebrannt und der Antrieb quietschte bei jeder Viertel Umdrehung, aber es lief. Randy lachte und sprang auf das Karussell auf. Olivia verließ das Kassenhäuschen und gesellte sich zu ihm. Randy setzte sich auf eines der alten Holzpferde. Die weiße Farbe war abgeblättert und ein Ohr fehlte, aber es sah noch stabil aus. Er streckte die Arme aus, schloss die Augen und genoss den leichten Fahrtwind in seinem Gesicht.

      »Bleib genau so«, rief Olivia. Randy öffnete ein Auge. Sie kniete zwei Meter vor ihm mit der Kamera im Anschlag. Es klickte im Dauerfeuer. Olivia wechselte ein paar Mal die Position, während Randy einfach da saß und sich treiben ließ.

      »Perfekt«, sagte Olivia. »Damit stecke ich die anderen aber so was von in die Tasche.«

      Nach einigen Minuten kam das Karussell zum Stehen. Die Fahrt war vorüber.

      »Alle aussteigen, bitte«, sagte Randy.

      Bevor sie gingen, schaltete Randy das Karussell wieder ab. Sie liefen noch eine Weile durch die Gassen. Olivia knipste gefühlte tausend Fotos von allen möglichen Dingen, die ihr in die Quere kamen. Irgendwann blieb sie stehen, betrachtete das Display ihrer Kamera und seufzte zufrieden. »Also, ich habe mehr, als ich brauche. Wir können gerne wieder zurück. Außerdem glaube ich, dass ein Gewitter aufzieht. Ich möchte nicht, dass mein Equipment noch nass wird.«

      »Super.« Mittlerweile war Randy auch etwas kalt. Der Wind war hier viel frischer als in der Stadt.

      Sie verließen den Jahrmarkt wieder durch das gleiche Loch im Zaun. Den ganzen Rückweg über hatte Olivia die Bilder auf ihrer Kamera angesehen und zufrieden vor sich hin gelächelt.

      Randy passierte als erster das Loch – und erstarrte. Neben Olivias Auto parkten zwei weitere. Ein goldener Chevrolet und ein dunkelblauer BMW. An Olivias Auto lehnte Pratt Thompkins – und er war nicht allein. Drei seiner Jungs hatten sich um den Wagen verteilt. Einer saß auf der Motorhaube, der andere stand neben Thompkins, und der Dritte lief gerade ums Auto und trat gegen die Reifen, als wolle er checken, ob die Karre was taugte. Dabei trat er versehentlich ein Stück höher und hinterließ eine fette Beule in der Tür.

      »Mann, ich habe den Wagen gerade reparieren lassen!«, fluchte Olivia und kam neben Randy zum Stehen. »Was machen die denn hier?«

      Thompkins lächelte und zündete sich eine Zigarette an. »Sieh mal an. Da will man für den Boss ein paar neue Locations checken und stößt dabei auf Harry und Sally.«

      »Das ist doch das Huhn von neulich«, sagte der Typ rechts von Thompkins. Es war der Rothaarige mit der Wampe, der Danielle am Strand als Bitch bezeichnet hatte. »Die, die Bilder von dir geschossen hat?«

      »Exakt. Wie sagt man so schön? Man trifft sich immer zweimal im Leben. Ach, nein. Stopp. Den Kleinen da sehe ich ja schon das dritte Mal.« Er blickte zu Randy. »Siehst wieder richtig fesch aus, Bübchen. Hast ja nicht mal ’ne Narbe behalten.«

      »Was machen wir jetzt?«, fragte Randy leise, ohne den Blick von Olivia zu nehmen.

      »Hast du dein Handy griffbereit?«

      »Ja.«

      Randys Hand glitt in seine Gesäßtasche. Er bewegte sich langsam, ließ es wie eine zufällige Bewegung aussehen. Thompkins bemerkte es dennoch. »Lass es besser, Bübchen. Hier ist zwar kein Fenster, aus dem ich dich werfen kann, aber mir fallen sicher ein paar andere nette Sachen ein.«

      Olivia holte Luft und machte einen Schritt nach vorne. »Lass uns gehen.«

      »Oder was?«

      »Oder die Bilder, die ich von dir und deiner Bande am Crest Point geschossen haben, wandern …«

      »In die Presse«, vervollständigte Thompkins Olivias Satz. »Ich denke eher nicht. Viel eher glaube ich, dass das damals ein Bluff war. So schnell hättest du nie im Leben die Bilder in ’ne Cloud laden können.«

      Der Rothaarige lachte und entblößte dabei eine Zahnlücke. »Das war echt schlau von dir, aber zum Glück hat uns der Boss darauf hingewiesen.«

      Thompkins rollte mit den Augen. »Halt die Klappe, du Idiot.« Er wendete sich wieder Olivia zu. »Wie hast du damals so schön zu mir gesagt? Eher friert die Hölle zu, bevor du die Fotos rausrückst.«

      Olivia schnappte neben Randy nach Luft.

      Thompkins zog an seiner Kippe und warf sie weg. Er kam auf sie zu, rotierte den Nacken, bis es krachte und rieb die Hände aneinander. »Schätze, soeben ist die Eiszeit angebrochen.«

      »Scheiße«, sagte Olivia.

      *

      Zur selben Zeit

      »Hör doch mal auf, an deiner Krawatte zu zupfen«, sagte Danielle. »Die sitzt perfekt.« Immerhin hatte sie das Stück Stoff gebunden. Das einzig Gescheite, was ihr Bruder Brandon ihr je beigebracht hatte, war der perfekte Windsorknoten.

      Mason nahm die Finger von der Krawatte und seufzte.

      Die letzte halbe Stunde hatte er kaum ein Wort gesprochen und Danielle war klar, warum. Er hatte Schiss. Der toughe Sportler von einst, der jedem Gegner bereits mit seiner bloßen Anwesenheit auf dem Platz den Angstschweiß auf die Stirn getrieben hatte, hatte Angst.

      Der Wagen bremste vor dem Anwesen des verstorbenen Direktors. George stieg aus, um die Türen zu öffnen.

      »Bist du bereit?«, fragte Danielle und raffte ihren Rock.

      »Klar doch«, gab Mason zurück, klang allerdings kein bisschen so.

      »Wir schaffen das.« Sie nickte ihm aufmunternd zu und stieg aus. Mason folgte ihr. Die Temperaturen waren merklich abgekühlt, ein frischer Wind war aufgezogen und es roch nach Regen.

      »Was ein Schuppen«, sagte er, legte den Kopf in den Nacken und drehte sich um die Achse.

      Der Schuppen war ein altviktorianisches Herrenhaus mit drei Stockwerken und unzähligen Fenstern. Gegenüber der Eingangstür war ein Springbrunnen, auf dem Engel als Wasserspeier saßen und kleine Fontänen ausspuckten. Rechts führte ein schmaler Kiesweg in ein Wäldchen. Bestimmt ging es hinter dem Haus noch etliche Hektar weiter. Danielle war zwar noch nie hier gewesen, aber sie kannte diese Art von Anwesen. Groß, unübersichtlich, prahlerisch.

      Sie überquerten den Kiesplatz und liefen auf die Eingangspforte zu, wo zwei Türsteher die Gäste in Empfang nahmen.

      Mason seufzte resigniert. »Wir können hier Tage suchen, ohne den Film zu finden.«

      »Ich weiß. Schrecklich.« Danielles Smartphone summte in ihrer Tasche. Sie zog es heraus. Schon wieder Mum. »Lass uns reingehen, bevor meine Mutter noch einen Nervenzusammenbruch bekommt, weil wir noch nicht da sind.«

      Danielle zeigte einem der Türsteher ihre Einladung und wurde ohne weiteres eingelassen. Da ihr eine Begleitung zustand, durfte auch Mason passieren.

      Sie traten in die Eingangshalle. Es herrschte reges Treiben. Kellner liefen mit Tabletts umher, die Trauergäste – alle in schwarz gekleidet – waren entweder in Grüppchen unterwegs oder alleine. Eine Frau stand, mit einem Taschentuch an die Nase gepresst, vor einem der Bilder von Henry Snyder. Wie im Altenheim war hier ebenfalls ein Podest aufgebaut, auf dem verschiedene Aufnahmen drapiert worden waren. Sie zeigten


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