Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King. Andreas Suchanek

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Ein MORDs-Team - Der komplette Fall Marietta King - Andreas Suchanek


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Sie war fast so breit wie hoch und trug ein schwarzes Kleid. Ihr Gesicht war rund, die Wangen gerötet, als käme sie gerade vom Joggen. Oder ihr Gewicht machte ihr zu schaffen, was Mason nicht wundern würde. »Die Sachen darin sind überaus wertvoll.«

      Mason drehte sich kurz zu der Vitrine. Sie war voller Kindheitserinnerungen von Henry Snyder. Jahrbücher seiner Highschool, das Abschlussdiplom, Fotos von ihm beim Unterricht und beim Sport und Pokale. Henry Snyder war, wie Mason auch, Basketballer gewesen – und der Zahl der Pokale nach zu urteilen, ein sehr guter. Eine Welle aus Neid und Trauer erfasste Mason, als er die Trophäen betrachtete. So etwas hätte er auch eines Tages haben können.

      »Ich meine es ernst«, sagte die Frau erneut mit einem strengen Blick auf Mason und Danielle. Er rollte die Augen und lief ein paar Meter weiter.

      Die Frau nickte zufrieden und wandte sich den anderen Gästen zu. »Wenn ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte? Mein Name ist Mrs. Bertram. Ich werde Ihre Führung heute übernehmen. Wir werden im Park beginnen, wo ich Ihnen das Labyrinth zeigen werde. Als besonderes Highlight besuchen wir zum Schluss das Heimkino im ersten Stock, wo wir Ihnen einen Film mit den Höhepunkten aus Mister Snyders Karriere vorführen werden.«

      Danielle und Mason blickten sich an. Ein Kino? Hier im Haus? Danielle grinste. »Wäre das nicht der perfekte Platz, um eine Filmrolle zu verstecken?«

      »Viel zu offensichtlich.«

      »Eben! Da sucht doch kein Mensch. Wir schauen dort als erstes nach, während die anderen auf der Führung durchs Haus sind.«

      Fünf Minuten später hatten sie den ersten Stock erreicht.

      »Rechts oder links herum?«, fragte Mason und deutete auf die beiden Abzweigungen.

      »Links«, sagte Danielle.

      Der Flur war mit dunklem Holz getäfelt, alle paar Meter hingen Filmplakate. »Manche mögen’s heiß«, »Casablanca«, sogar ein »Star Wars«-Poster. Snyder hatte offenkundig einen breit gefächerten Geschmack gehabt. Auf einmal klickte eine Tür weiter vorne und schwang auf.

      »Verdammt, da kommt jemand«, sagte Danielle.

      »Da rein.« Mason griff nach der nächstbesten Türklinke und zog Danielle mit sich in den Raum. Sie huschten hinein und pressten sich von innen an die Tür. Mason sah sich kurz im Raum um. Es war ein Büro. Ein großer Schreibtisch stand vor zwei bodentiefen Fenstern, die hinaus auf den Park zeigten. Auch hier hingen Plakate alter Filme an den Wänden. An der rechten Wand stand ein Ledersofa, das hoffentlich bequemer war als es aussah.

      »Ich höre Schritte«, sagte Danielle und drückte ihr Ohr an die Tür.

      Für ein paar Sekunden hielten beide die Luft an. Die Schritte näherten sich dem Büro. Jemand pfiff vergnügt vor sich hin. Jetzt war er auf ihrer Höhe. Mason krallte die Finger in sein Hemd. Bitte geh weiter.

      Seine Gedanken wurden erhört, denn das Pfeifen und die Schritte entfernten sich. Mason atmete aus und öffnete die Tür einen Spalt. Er sah noch den Rücken eines Mannes. Er trug, wie alle Gäste, einen schwarzen Anzug und er hatte dunkle Haare. In seiner Hand hielt er etwas Silbernes, doch bevor es Mason erkennen konnte, war er bereits um die Ecke gebogen.

      »Die Luft ist rein«, sagte er und huschte mit Danielle wieder aus dem Zimmer heraus. Sie setzten ihren Weg fort und erreichten die Tür, aus der der Fremde eben gekommen war. Sie war mit großen goldenen Lettern beschriftet: KINO.

      »Schätze, wir haben es gefunden«, sagte Danielle und trat ein.

      Mason folgte ihr. »Wenn das mal nicht abgefahren ist.« Das Kino war natürlich nicht so groß wie die Multiplex-Kinos in der Stadt, aber durchaus ausreichend. Er zählte zehn Sitzreihen. Die Bezüge waren aus schönem dunkelblauen Samt. Der Boden war mit einem noch dunkleren blauen Teppich ausgelegt. Es roch sogar nach Popcorn. An der hinteren Wand waren Regale. Voll mit silbernen Filmdosen.

      Danielle deutete darauf. »Ich schätze, wir haben ein paar Filme gefunden.«

      Mason lief zum ersten Regal und nahm eine Filmdose in die Hand. Sie waren alle fein säuberlich aufgereiht, beschriftet und in alphabetischer Reihenfolge abgelegt.

      Danielle ging zum zweiten Regal. »Sieh dir mal die Daten auf den Dosen an.«

      »1999, 2000, 2001, … die sind alle geordnet.«

      »Der Mord an Marietta King war 1984." Mason suchte die Reihen ab. »Das müsste hier drüben sein.« Er musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um das Datum am Regal abzulesen. »Hier!«

      Danielle kam sofort zu ihm gerannt. »Der Mord war im Herbst. Stehen da auch die Monate drauf?«

      »Ja, warte …«

      »… wegen des Regens stellen wir die Führung etwas um und kommen zum Highlight … dem Kino«, sagte Mrs. Bertram. Danielle und Mason erstarrten gleichzeitig. Das war viel zu früh! Die wollten doch im Garten anfangen.

      Die Tür öffnete sich und die rundliche Mrs. Bertram schob sich herein.

      Danielle wirbelte herum, packte Mason am Kragen und zog ihn zu einem Kuss heran. Er wurde stocksteif, doch Danielle forcierte den Kuss weiter, schlang die Arme um seinen Nacken und presste ihn gegen das Regal mit den Filmdosen. Einige purzelten heraus und verteilten sich auf dem Boden.

      Erst, als sie ein erstauntes: »Danielle!« aus dem Mund ihrer Mum hörte, ließ sie von Mason ab.

      Sie drehte sich um und mimte die Überraschte. »Hi, Mum.«

      *

      Angel Island

      Olivia schmeckte Dreck und Öl. Sie hustete und spukte einen Klumpen ekelhaften Schleims aus. Thompkins hatte sie in den Magen geschlagen, während seine Kumpels Randy festhielten. Mit wackeligen Armen versuchte sie, sich nach oben zu stemmen. Thompkins stellte den Stiefel auf ihren Rücken und presste sie wieder nach unten. »Dann zeig mal deine schicke Kamera her.«

      Er griff nach der Fototasche und zog die Kamera heraus. Es dauerte einen Moment, bis er den Einschalter gefunden hatte. Olivia versuchte, sich von seinem Stiefel zu befreien, aber Thompkins pinnte sie am Boden fest als wäre sie ein Tier, das er eben erlegt hatte. »Nett. Aber der Boss hatte wohl recht, du hast geblufft.«

      »Natürlich habe ich die Bilder nicht dabei«, griff sie nach einem letzten Strohhalm. »Sie sind zu Hause.«

      »Aber klar doch.« Thompkins schleuderte die Kamera weg. Sie landete irgendwo auf dem Asphalt mitten in einer Wasserpfütze. Es platschte, Glas splitterte. Das Geräusch fuhr ihr durch Mark und Bein. Olivia schloss die Augen. Meine Kamera …

      »Na gut«, sagte Thompkins, nahm den Fuß weg und zerrte Olivia nach oben. Sofort kickte sie nach seinem Schienbein, doch er lachte nur. »Mark, komm her.«

      Der Rothaarige lief zu ihnen.

      »Halt die Kleine fest.«

      Mark gehorchte und arretierte Olivias Arme auf dem Rücken. »Was hast du denn vor?«

      Thompkins trat näher und fuhr mit der Hand über Olivias Wange. Sein Atem stank nach Tabak und Alkohol. »Wir werden die beiden etwas aufmischen, ist doch klar.«

      Olivia wurde stocksteif. Sie drehte den Oberkörper, versuchte, sich aus Marks Griff zu befreien.

      »Ich kann es nicht dulden, wenn man mich vor meinen Jungs bloßstellt, das wirst du sicherlich verstehen.« Thompkins drehte sich zu den Jungs um, die Randy festhielten. »Jeff, zeig dem Kleinen mal, wo sein Essen verdaut wird.«

      Ein glatzköpfiger Kerl mit Piercings im Gesicht lachte und stellte sich vor Randy. Er zog einen Schlagring auf die Finger und drosch in Randys Magen. Randy keuchte vor Schmerz und sackte zusammen.

      »Lasst ihn in Frieden!«, brüllte Olivia.

      Thompkins lachte und feuerte Jeff an, ein weiteres Mal zuzuschlagen. Der Hieb ging diesmal


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