Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina Holl

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Mami Staffel 12 – Familienroman - Sina Holl


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mal rauszukommen. Sieh du dich jetzt ein bißchen in der Welt um. Das wird auch für dein berufliches Fortkommen nur von Vorteil sein.«

      Daß er Jahre fernbleiben würde, damit hatte freilich niemand gerechnet. Gerhard zu allerletzt.

      Er hatte es gründlich getan, sich umgesehen und umgehört in der neuen Welt. Fünftausend Dollar hatte er sofort nach Hause geschickt, mit dem anderen… ja, da hatte er alles auf eine Karte gesetzt, als er eine Riesenchance an der Börse sah.

      Es war ein Vabanquespiel gewesen. Er konnte sehr viel gewinnen – oder alles verlieren.

      In diesem Falle, so sagte er sich, würde er es seiner Mutter von seinem späteren Verdienst zurückzahlen.

      Doch er hatte nicht auf das falsche Pferd gesetzt! Die gekauften Aktien schossen in die Höhe, bald hatte sich die eingesetzte Summe vervielfältigt. Kühn und wagemutig, aber dennoch mit kühlem Kopf, hatte er die erkannte Chance weiter genutzt. Das Konto wuchs und wuchs, allein die Zinsen waren beträchtlich. Die schickte er nach Hause.

      Seinen Lebensunterhalt bestritt er von seinem Verdienst in einer amerikanischen Firma, in der er eine Anstellung gefunden hatte. Hier leistete er gute Arbeit und konnte zudem in diesem hochtechnisierten Büro sein Wissen erweitern. In diesem Land war alles noch größer, noch rasender in der fortschrittlichen Entwicklung.

      Zweimal war er zu seinen Lieben nach Hause geflogen, das letzte Mal vor zwei Jahren. Die Wohnung war renoviert, neue Möbel gekauft worden. Ansonsten waren sie bescheiden geblieben. Die Zahlen, mit denen der Sohn jonglierte, verschreckten die Eltern eher.

      »Gewöhne dich doch nur daran, nicht mehr jede Mark umzudrehen, Mama«, hatte Gerhard liebevoll zu seiner Mutter gesagt. »Es ist dein Erbe, mit dem ich es zum Erfolg gebracht habe.«

      »Aber nur deiner Umsicht und Klugheit ist es zu verdanken, daß du ein reicher Mann geworden bist«, erwiderte sie und war doch stolz auf ihn.

      Nur über sein Privatleben schwieg sich der Sohn zu ihrem Leidwesen weitgehend aus. Warum nur, so klagte sie, brachte er seine Frau und das Kind nicht einmal mit. Daß sie Großeltern geworden waren, das wußten Monika und Arno Schilling.

      »Angela ist noch zu klein«, wich Gerhard aus. »Mit ihrer Mutter bin ich nicht verheiratet.«

      »Wer wird denn auch gleich heiraten«, sagte Anna, mit ihren vierzehn Jahren die jüngste, mit einem überlegen tuenden Lächeln.

      »Mir wäre es schon lieber, wenn du dich später an die Reihenfolge hieltest, du Naseweis«, grollte der Vater. Dem einfachen, biederen Mann wuchsen die Jungen schon manchmal über den Kopf.

      Aber wenn er nun für immer nach Hause kam, sinnierte Gerhard in dieser Nacht weiter, da er einen Rückblick auf die vergangenen Jahre hielt, würde er ihnen die Wahrheit bekennen müssen. Das würde ein großer Kummer besonders für seine Mutter sein.

      Die Wahrheit war nämlich, daß er finanziellen Erfolg hier zwar im Übermaß gehabt hatte, ihm aber in der Liebe das Glück versagt geblieben war. Vielleicht konnte man nur das eine oder andere haben.

      Gerhard legte sich wieder auf sein Bett. Er wollte nun nicht mehr weiter denken. Er wollte noch eine Stunde Schlaf suchen. Es gelang ihm nicht. Hinter seinen geschlossenen Lidern erstand Lizzys Bild, hübsch, jung und verführerisch und so eitel, daß sie an keinem Spiegel, keinem Schaufenster vorübergehen konnte, ohne sich darin zu betrachten.

      Daß sie eitel und oberflächlich war, hatte er erst später erkannt. Oder er hatte es nicht sehen wollen in seiner Verliebtheit. Er hatte nicht viel Erfahrung mit Mädchen. Für Liebeleien hatte es bisher in seinem Leben nur wenig Platz gegeben. Lizzy hatte ihn betört, mit ihrem tänzelnden Gang, mit ihren funkelnden Blicken. In einem Café hatte er sie kennengelernt, sie bediente dort. Eigentlich wollte sie studieren, hatte sie ihm anvertraut, aber sie wußte nicht, für welchen Studiengang sie sich entscheiden sollte. Mit gerade mal zwanzig Jahren hatte sie ja auch noch Zeit, nicht wahr? Inzwischen verdiente sie sich hier ein bißchen Geld.

      Ihr roter Mund lachte dabei. Sie schien das Leben mit einer Leichtigkeit zu nehmen, die ihm abging.

      »Du bist eben ein ernsthafter Deutscher«, neckte sie ihn. »Aber du gefällst mir trotzdem wahnsinnig gut.«

      Sie war bald zu ihm gezogen, weil sie keine richtige Bleibe hatte, nur ein Sofa bei einer Freundin. Sie war noch nicht lange in New York.

      »Für ein Mädchen allein ist das ein viel zu gefährliches Pflaster«, hatte er gesagt, und er hatte sie in seine Arme genommen. Sie sollte geborgen bei ihm sein.

      War er ein Narr gewesen, daß er geglaubt hatte, mit Lizzy glücklich zu werden!

      Zuerst hatte es auch so ausgesehen. Lizzy war der sonnige Ausgleich für ihn, der sich in der harten Arbeitswelt behauptete und seine Börsengeschäfte dabei nicht aus den Augen ließ.

      Nach zwei, drei Monaten ihres Zusammenlebens wurde sie schwanger.

      »Das ist ja irre«, sagte sie verdutzt. »Wir kriegen ein Kind.«

      »Dann werden wir heiraten«, kam es wie selbstverständlich über seine Lippen. Sie hatte langsam den Kopf geschüttelt.

      »Nein, heiraten will ich noch nicht. Das muß man ja auch nicht. Das sind nur so deine Vorstellungen, Gerd. Aber ein Kind…« Sie dachte nach. »Hi«, machte sie dann, »das wäre vielleicht ganz lustig. Es gibt Frauen, die werden noch hübscher nach einem Kind.« Sie trat vor den Spiegel. »Sieht man mir schon was an?«

      Gerhard mußte lächeln. War sie nicht selber noch ein Kind? »Du bist hübsch genug«, sagte er, »und du wirst eine bezaubernde Mama sein.«

      Sie wurde es nicht.

      Das zarte kleine Mädchen, das sie zur Welt brachte, betrachtete sie zuerst als eine Art Spielzeug. Aber es war nun einmal keine Puppe, und daß es auch nicht gerade »lustig« war, Tag und Nacht für ein Baby dasein zu müssen, wurde ihr schon bald klar. Sie ging gereizt und ungeduldig damit um. Gerhard hoffte, daß es mit der Zeit besser werden würde, mütterliche Gefühle siegen würden. Aber Lizzy wurde immer unzufriedener.

      »Manchmal habe ich das Gefühl, daß du Angela gar nicht liebhast«, sagte Gerhard bedrückt.

      »Sie überfordert mich total«, behauptete Lizzy. »Wie hätte ich mir das vorstellen können, daß ich nun überhaupt kein eigenes Leben mehr haben soll. Das bring ich einfach nicht zusammen.«

      Gerhard beschaffte ein Kindermädchen, das halbtags kam. Damit war Lizzy nicht mehr so ans Haus gebunden. Sie konnte wieder ausgehen, flanieren, ihre Freundin besuchen.

      Und eines Tages kam sie nicht mehr wieder. Ein Zettel lag auf dem Tisch. Ich gehe, Gerd. Suche nicht nach mir. Ich tauge nicht zur Mutter. Es tut mir leid. Lizzy.

      Da hatte sich ihre Beziehung schon so weit abgekühlt, daß es Gerhard nicht das Herz zerriß. Längst hatte er erkannt, daß sie keine Partnerin fürs Leben für ihn war. Aber da war das Kind! Zwei Jahre alt nun, und geliebt nur von ihm, dem Vater.

      Gina bekam eine Ganztagsstellung bei Mister Schilling. Sie sorgte gut für Angela, spielte mir ihr, führte sie spazieren. Seine Freizeit widmete Gerhard dem Kind, das den Papa vergötterte.

      Er redete mehr und mehr Deutsch mit der Kleinen, die es auch spielend lernte. Für ihn stand es fest, daß er eines Tages in die Heimat zurückkehren würde.

      Dieser Tag war nun gekommen.

      Draußen war es hell geworden, früher Morgen. Er konnte jetzt schon aufstehen. Eine kalte Dusche würde ihm die Nachtgedanken vertreiben.

      Dann würde er Angela anziehen und mit ihr zum Flughafen fahren. Sie war das Wertvollste, das er von hier mitnahm.

      *

      »Mein Junge! Ist das schön, daß du wieder daheim bist!«

      Mit Freudentränen in den Augen umarmte Monika Schilling ihren Sohn. Der »Junge« war einen halben Kopf größer als sie, er drückte seine rundliche Mutter an die Brust.

      »Ich


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