Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina Holl

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Mami Staffel 12 – Familienroman - Sina Holl


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sein, daß Ihr Fuß noch geschont werden muß.«

      Ariane lächelte ein wenig. »Sie sind sehr fürsorglich, Herr Schilling. Ich habe das schon vergessen.«

      »Dann ist es gut.« Als sie ein paar Meter gegangen waren, begann Gerhard: »Sie werden über die Unterredung, die ich mit Ihrem Vater hatte, Bescheid wissen, Frau Danegger.«

      »Ja, über die Geschäfte«, sagte Ariane und sah auf ihre Fußspitzen.

      »Nicht nur«, betonte Gerhard. »Auch über Sie und mich war die Rede dabei.«

      Sie wandte ihm den Kopf zu, ihre Miene war unbewegt. »Ist das nicht auch mehr oder weniger eine geschäftliche Sache?«

      »Wenn man es so sehen will… Nur vermag ich das nicht. Wie können Sie so gelassen dabei sein?«

      Ihr Blick ging an ihm vorbei. »Wissen Sie, Herr Schilling«, sprach sie langsam, jedes Wort überlegend, »ich habe meinen Vater schon oft enttäuscht. Es fing damit an, daß ich nicht der Sohn war, den er sich gewünscht hat.«

      »Hat man Sie das spüren lassen?« fragte Gerhard mit gerunzelter Stirn.

      »Nein, das nicht. Aber ich konnte denken. Der Name sollte weiter getragen werden. Sicherlich gibt es auch Frauen, die ins Börsengeschäft einsteigen können, überhaupt zum Managertum befähigt sind. Ich gehöre leider nicht dazu. Meine Interessen lagen auf völlig anderem Gebiet. Ich hatte angefangen, Kunstgeschichte zu studieren…«

      »Es ist auch kein Beruf für Frauen, mit nüchternen Zahlen umzugehen«, meinte Gerhard.

      »Dann habe ich einen Arzt geheiratet. Ich tat Vater nicht den Gefallen, einen Banker zu heiraten, obwohl es Bewerber gegeben hätte.«

      »Jedes Kind, wenn es erwachsen wird, hat das Recht, seinen eigenen Weg zu gehen, Frau Danegger«, sagte Gerhard. »Sie brauchen sich doch für nichts einen Vorwurf zu machen.«

      »Aber jetzt hätte ich die Gelegenheit, eine Last von meinem Vater zu nehmen, verstehen Sie?«

      »Und dafür schrecken Sie vor nichts zurück. Auch nicht vor einer Ehe mit einem Fremden«, stellte Gerhard fest, und er suchte ihren Blick.

      »Es gibt keinen Schrecken mehr für mich«, gab Ariane ausdruckslos zurück. »Außerdem«, jetzt sah sie ihn voll an, »so fremd sind wir uns doch nicht. Ich könnte mir vorstellen, daß wir eine gemeinsame Basis finden werden. Es kommt jetzt auf Sie an, ob Sie dazu bereit sein würden, der Schwiegersohn des Leonard von Korff zu werden.«

      »Und der Ehemann der Ariane Danegger«, vollendete Gerhard.

      »Ja«, sagte sie einfach. »Es wäre eine Ehe, die von beiden Seiten vom Verstand her geschlossen wird. Ich finde, es ist nichts Besonderes dabei. Ein Pakt sozusagen zwischen zwei Menschen, die wissen, was sie wollen.«

      Gerhard sah einem Eichhörnchen nach, das an einem Baum emporsprang. »Mich friert ein wenig bei Ihren sachlichen Ausführungen«, bekannte er.

      »Was erwarten Sie sonst?« fragte Ariane erstaunt.

      »Jeder Mensch hat doch nicht nur einen Verstand, sondern irgendwo auch – ein Herz«, sprach er verhalten.

      »Das habe ich verloren, Herr Schilling. Es ist irgendwo unter dem Schnee begraben. Ich nehme an, Sie wissen Bescheid.«

      Diese tonlose Stimme… Gerhard blieb abrupt stehen, wandte sich zu ihr. »Ariane –«, stieß er hervor, und wußte doch nicht weiter. Er wollte ihr soviel sagen, aber er fand die Worte nicht dafür. »Verzeichung…« Er preßte die Lippen zusammen.

      »Bleiben Sie ruhig dabei«, sagte sie gleichgültig. »Sie heißen Gerhard, nicht wahr.«

      Sie setzten ihren Weg auf dem weichen Waldboden fort. Irgendwo duftete es nach Pilzen, ein paar Glockenblumen blühten am Wegrand.

      »Wenn Sie glauben, keines Gefühles mehr fähig zu sein, Ariane«, begann Gerhard nach einer Pause, »wie werden Sie dann mein Kind aufnehmen, wenn es denn zu dieser seltsamen Ehe kommen sollte?«

      »Erzählen Sie mir davon«, bat sie. »Wie heißt sie, warum hat sie keine Mutter? Sind Sie geschieden und hat man Ihnen das Kind zugesprochen?«

      »Sie heißt Angela. Ich war mit ihrer Mutter nicht verheiratet. Sie hat mich verlassen.«

      Ariane sah ihn von der Seite an. »Warum?« fragte sie kurz.

      »Wir hatten uns auseinandergelebt. Sie ließ mir das Kind.«

      »Haben Sie sie geliebt?«

      Gerhard machte eine Kopfbewegung. »Gewiß, am Anfang schon. Es sprach auch der Wunsch mit, nicht mehr allein zu sein in dieser Stadt New York.«

      »Sehen Sie, Gerhard«, um Arianes Mund zuckte es, »so ist das mit der Liebe. Entweder ist sie so wundervoll, daß die Götter neidisch werden, oder sie endet in einer großen Enttäuschung. So oder so wird einem alles genommen. Aber Sie wollten mir von Angela erzählen.«

      Er tat es. Er schilderte sein kleines Mädchen so, wie es war, manchmal still und schüchtern, jetzt etwas aufgelebt in der Obhut seiner Familie, der Oma vor allem.

      »Angela ist wahre Mutterliebe nie zuteil geworden«, sagte er. »Wenn ich nun eine…«, er zögerte einen Moment, »eine Vernunftehe eingehe, sollte das Kind doch Wärme in einem neuen Zuhause finden.«

      »Ich werde gut zu ihr sein«, sagte Ariane einfach. »Ein wenig kenne ich sie ja nun schon, Ihre Angela.«

      »Sie sollen Sie bald persönlich kennenlernen.«

      Gerhard wünschte, sie würde sagen: Ich freue mich darauf. Aber sie sagte es nicht. Sie ging mit gesenktem Kopf, weit fort mit ihren Gedanken, so schien es ihm.

      Der Wald öffnete sich zum Tal hin. In der Ferne sah man ein Gasthaus, im Garten waren unter dichtbelaubten Bäumen Tische und Stühle aufgestellt.

      »Wir können dort eine Tasse Kaffee trinken«, schlug Gerhard vor.

      »Wenn wir Platz finden? Bei diesem Wetter sind viele Sonntagsausflügler unterwegs«, gab seine Begleiterin zu bedenken.

      Sie sollte recht behalten. Im Garten waren alle Tische besetzt, und es ging ziemlich laut dort zu. Dagegen war es drinnen in der Gaststube still und angenehm. Dort nahmen sie Platz.

      Es dauerte eine Weile, bis die Bedienung kam, die draußen alle Hände voll zu tun hatte.

      »Ich habe mir in diesen Tagen einige Wohnungen angesehen«, begann Gerhard. »Eine hat mir recht gut gefallen. Aber sie müßte natürlich auch Ihre Zustimmung finden, Ariane.«

      Mit großen Augen erwiderte sie seinen Blick.

      »Wozu eine Wohnung? Mein Elternhaus ist groß genug, die ganze obere Etage gehört mir. Sie war für eine Familie gedacht, nur daß es dann anders gekommen war. Es ist ein großer Wohnraum, zwei Schlafzimmer und ein Zimmer für das Kind. Ich kann nicht einsehen, warum Sie größere Aufwendungen machen sollten für eine andere Wohnung, die erst eingerichtet werden müßte.«

      Da er schwieg, fügte sie fragend hinzu: »Oder wollen Sie das nicht?«

      Gerhard schüttelte leicht den Kopf, und mit dem Anflug eines verwunderten Lächelns sagte er: »Es verblüfft mich nur immer wieder, mit welcher Selbstverständlichkeit Sie über diese Dinge reden.«

      Endlich trat die Kellnerin an den Tisch. Gerhard bestellte Kaffee und Mineralwasser dazu. Der Mund war ihm trocken geworden. Es wurde ihnen nun auch schnell gebracht.

      »Sie könnten eines Tages ganz anders denken, Ariane«, fuhr er nach dem ersten Schluck fort, »auch die schlimmsten seelischen Wunden verheilen einmal, wenn man jung ist.«

      »Das ist mir nur zu oft schon gesagt worden«, unterbrach sie ihn schroff. »Es sind für mich leere Worte.«

      »Sie wollen es nicht hören«, sprach Gerhard ernst. »Aber wenn Sie sich nun doch dem Leben wieder zuwenden, irgendwann einen Menschen finden, mit dem Sie es teilen möchten – wie sehr würden Sie es


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