Alexis. Karl Immermann
Читать онлайн книгу.nicht mit Zins und Wucher jeder Tag
Euch rückerstatten könnte?
Mein Leiden ist ein unerschöpfter Born,
Mein Schmerz ist eine ew'ge Qualenwunde!
Ihr seid Vasallen im Gebiet der Trübsal,
Ich aber bin die Königin des Jammers!
EIN BOJAR.
Ach, arme Frau!
EIN ZWEITER.
Wie sie so majestätisch
Umherblickt!
EIN DRITTER.
Seht, sie weint!
EIN VIERTER.
Das schöne Weib!
EUDOXIA.
Moskau prangt gülden in begrünter Au!
Im Föhrenwald graut Susdal, bleich und tot.
Der Thron des Zaren ist des Lebens Sitz,
Der Betstuhl Kloster Susdals ist ein Sarg!
Wer liegt im Sarg? Eudoxia! Das ist,
So hör' ich sagen, ja dieselbe, die
Vorlängst auf jenem Sitz des Lebens saß.
Ei, die muß eine große Sünderin sein!
Unglück, Ihr Fürsten, macht Gedächtnis stumpf;
Ich hab' vergessen der Eudoxia Frevel.
Warum, Ihr Fürsten, ward Eudoxia
Vor ihrer Zeit ins Grab verstoßen? Kann's
Mir einer sagen, der verbindet mich!
Ich bitt' Euch, sagt es mir ...
DOLGORUKI.
Er hat unmenschlich
An Euch gehandelt.
LAPUCHIN.
Um die Buhlerin
Verstieß er Dich.
EUDOXIA.
Das kann nicht möglich sein!
Ihr irrt Euch ganz gewiß. Wie? um 'ne Buhlerin?
Ein pflichtgetreues Weib! O nicht doch! Nicht doch!
In Nacht und Tod die Zarin um 'ne Metze?
Und solche Untat hätt' zwölf Jahre lang
Die Erde Gottes getragen, und Rußlands Adel?
Um eine Buhlerin! Ich, Tochter aus
Dem Stamm der Lapuchin! Durchs Sakrament
Geweihet als sein Fleisch! Ich, die Gekrönte!
Ich weiß, ein großer Mann wägt nicht genau
Die Taten ab, doch das? O brich mein Herz!
Denn was zuviel ist, ist zuviel! Um eine –
Stirb, Seele, hin in ein entsetztes Ach! –
Um eine Buhlerin ...
Sie wankt. Glebof unterstützt sie.
GLEBOF.
Kommt, Ossudara,
Denn Ihr seid krank, und kränker, als Ihr meint.
Er führt sie durch eine Seitentüre ab.
Siebente Szene
Die Bojaren ohne Eudoxia. Sie stehen gruppenweise zusammen.
EINER.
Ihr Schmerz zermalmt das Herz.
EIN ZWEITER.
Das Recht' erwogen
Sind wir Ersatz ihr schuldig.
EIN DRITTER.
Sagt mir doch,
Wie war's? ...
Ein Teil der Versammlung redet heimlich untereinander.
Glebof tritt wieder ein, und stellt sich seitwärts allein.
KIKIN zu Dolgoruki und dem Erzbischof.
Gebt acht, sie rufen sie noch aus.
ERZBISCHOF.
Verhüte Gott die Spaltung.
KIKIN.
Und das alles
Ist abgemachtes Spiel von diesem Glebof.
Hättst du uns nicht hieher geführt, Basil!
DOLGORUKI.
Ich kann's nicht glauben. Seht, er steht beiseit,
Nagt an den Lippen, birgt mit Müh' den Zorn.
Nein, das Konzept des Falschen ward verrückt
Durch jene Stürmerin. – Zagt nicht! Ein Vorteil
Ward uns bereits; das Heft der Leitung ist,
Das er so schlau uns aus der Hand gewunden,
Nun wieder ihm entschlüpft. Bleibt nur gelassen.
EINIGE aus der Versammlung.
Ja, so soll's sein.
ANDRE.
Vivat Eudoxia!
DIE ERSTEN.
Tragt auf dem Stuhle sie durch Moskaus Gassen!
DIE ZWEITEN.
Dem Volk die neue Herrscherin gezeigt!
Sie bewegen sich gegen die Seitentüre.
LAPUCHIN tritt ihnen entgegen.
Nein, Nieswurz für Eu'r krankes Hirn gekauft!
EINER.
Was? Du? Ihr Bruder?
LAPUCHIN.
Nieswurz sag' ich, Nieswurz!
Ich bin Eudoxias Bruder, Rußlands Sohn;
Im ersten Grad mit Rußland, nur im zweiten
Verwandt mit der Eudoxia. So steht
Mir Rußland näher. – Dank für Euer Mitleid!
Höchst grausam hat der Zar an ihr gehandelt,
Und eine Säule will ich richten lassen
Hoch, daß der Wanderer von fern sie schaut,
Woran geschrieben stehn soll, daß unschuldig
Eudoxia litt. – Rach' jenen Ohrenbläsern,
Die ihren Sturz erschlichen! Doch, wer wird
Drum herrschenswert, weil er beklagenswert?
Sie soll gerochen werden, nicht gekrönt.
EINER.
Was hast du nur? Fraunherrschaft, gute Herrschaft.
LAPUCHIN.
Für Schleicher, Klätscher, Ränkeschmiede –
Mit einem Blick auf Glebof.
Buhler! –
EINER.
Gehorchten wir nicht der Sophia?
LAPUCHIN.
Soll'n