Mission. Группа авторов
Читать онлайн книгу.und Gottes basileia nahe ist (Mk 1,14 f.). Am Anfang jeder Mission steht also Jesu Evangelium vom Reich Gottes: „[…] der Herr Jesus machte den Anfang seiner Kirche, indem er frohe Botschaft verkündete, nämlich die Ankunft des Reiches Gottes […].“5 (2) Dämonen austreiben: Dieser Auftrag ist verbunden mit der Zusage, dass die Jünger wie Jesus an der göttlichen Vollmacht bzw. Wirkkraft (exousia) partizipieren. (3) Kranke heilen (Mt 10,8: Tote erwecken!): Wie für Jesus sind für seine Jüngerinnen und Jünger Exorzismen und Heilungen, Erfahrungen des Heils und konkreter Heilung, Realsymbole des angebrochenen Gottesreiches.6 Die drei Aufträge sind mit dem Aufruf zu Mittellosigkeit und sozialer Wehrlosigkeit verbunden: Die Jünger sollen kein Geld und keine Vorräte mitnehmen und „wie Schafe unter Wölfen“ sein. Dadurch wird ihr Gottvertrauen offenbar und ihre Botschaft glaubwürdig. Das Bildwort von der Sendung der Arbeiter in die große Ernte (Mt 9,37 par. Lk 10,2) schließlich stellt die Aussendung der Jünger in einen hoffnungsvollen Horizont, ohne mögliche Ablehnung oder Verfolgung zu verschweigen.
2 Die „Missionsbefehle“ des Auferstandenen
Noch bedeutsamer als die Überlieferungen von der vorösterlichen Aussendung der Jünger sind für die Begründung der christlichen Mission die Missionsbefehle7, welche die Evangelien dem Auferstandenen zuschreiben. Ihnen liegt an der Kontinuität zwischen irdischem Jesus, Auferstandenem und dem Wirken der Jüngerinnen und Jünger.
2.1 Matthäus: Mission erweitert den Kreis der Jesus-Jüngerinnen und -jünger weltweit
Mit dem in die Zukunft weisenden Manifest Jesu Mt 28,16–208 stellt Matthäus Mission und Kirche in die Kontinuität des Handelns Gottes an seinem Volk und der Geschichte Jesu. Dies zeigen die Situierung der Szene in Galiläa und der Verweis auf Jesu Vollmacht (exousia: Mt 7,29; 9,6; vgl. 11,27). Die Adressaten der Mission sollen Schüler (mathetai) Jesu werden, wie auch vorösterlich seine Anhängerinnen und Anhänger genannt wurden. Durch die Mission wird der Kreis der Jesus-Jüngerinnen und -Jünger erweitert; es werden Kirche gebaut und Gemeinden geschaffen:9 „Wenn die Jünger die Menschen aus den Völkern ihrerseits zu Jüngern machen sollen, heißt das, dass sie in dieselbe Nähe zu Gott gelangen sollen wie sie selbst. Es gibt keine Jünger erster und zweiter Klasse. […] durch die Taufe erhalten alle Gläubigen vollen Anteil an der Gemeinschaft mit Gott […].“10 „Lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ streicht die Weisungen des messianischen Lehrers Jesus heraus. „Mission heißt ‚lehren‘, also das weiterführen, was der einzige Lehrer Jesus für seine Jünger tat. Inhalt der Missionsverkündigung sind die Gebote Jesu.“11 Mt 28,20 schließt mit der Zusage des dauernden Mit-Seins Jesu. Der Irdische wie der Auferstandene ist Immanuel: „Gott mit uns“ (Mt 1,23). „Seine Hilfe, seine Macht, seine Gebote und seine Lehre sind fortwährend Grundlage des Lebens.“12 – Bei all den Kontinuitätsfaktoren ist die Diskontinuität umso auffälliger. Jesu Vollmacht ist nach seiner Auferstehung entschränkt über Himmel und Erde. Der Missionsbefehl ist eine Wende: Gegenüber der bisherigen Beschränkung der Mission auf Israel (Mt 10,5; 15,21–28; 19,28) ist nach Ostern die universale Sendung der Jünger zu den Weltvölkern Programm.13
2.2 Lukas: Gottes Heilsplan erfüllt sich in der Verkündigung des Heils an alle Völker
Wie Mt 28,16–20 betont auch das lukanische Doppelwerk mit den Scharnierstücken Lk 24,36–49 und Apg 1,1–11 die Kontinuität zwischen irdischem Jesus, Auferstandenem und dem Wirken der Jüngerinnen und Jünger und die Mission unter allen Völkern. Ein besonderer Aspekt ist bei Lukas die heilsgeschichtliche Sicht der Mission. In der Verkündigung des Heils an alle Völker kommt das Heilsgeschehen zu seiner Erfüllung.
2.2.1 Lk 24,36–49 hebt die Kontinuität zwischen irdischem und auferstandenem Jesus mit Hinweis auf seine „leibliche Identität“ (V. 36–43) und die Identität der Botschaft hervor (V. 44–49).14 Diese Kontinuität ist eingebettet in ein größeres Kontinuum: den Heilswillen Gottes, der in Israels Schriften zum Ausdruck kommt und sich in Leiden und Auferstehung Christi erfüllt. Mehr noch – und das ist für unseren Zusammenhang bemerkenswert: „Das Heilsgeschehen, von dem die Schrift spricht, kommt […] nicht etwa schon mit Tod und Auferstehung des Messias zum Abschluss, sondern erst mit der Verkündigung des Heils an alle Völker (V. 47).“15 Lukas ordnet Mission in einen heilsgeschichtlichen Zusammenhang ein: Gottes Heilswille kommt dadurch ans Ziel, dass das Evangelium alle Völker zur Umkehr (metanoia) ruft und durch solch umfassende Neuorientierung Vergebung der Sünden, d. h. ein intaktes Gottesverhältnis ermöglicht. Die Verse 44–47 sind kein expliziter Missionsbefehl – „alles muss in Erfüllung gehen“ (V. 44) weist auf das Entscheidende: die göttliche Initiative. Der eigentliche Missionsbefehl ist denn auch denkbar kurz (V. 48): „Ihr seid Zeugen dafür.“ Die Apostel waren „von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes“ (Lk 1,2), verlässliche Zeugen des christlichen Kerygmas.16 Sie „sollen jetzt Zeugnis ablegen für das in Jesus erschienene Heil und sollen es durch ihre Predigt allen Völkern zugänglich machen.“17 Das ist nur mit der Kraft aus der Höhe möglich, die Jesus ankündigt (V. 49). Die Gabe des Geistes (Apg 2) als Agens der Mission kommt in den Blick.
2.2.2 Apg 1,1–11 schließt an die heilsgeschichtliche Perspektive des Lukasevangeliums an und spannt räumlich und zeitlich den Horizont der Mission und Kirche auf. Das Vorwort Apg 1,1–3 verweist auf das erste Buch, auf alles, „was Jesus anfing zu tun und zu lehren“18. Damit wird deutlich, dass es auch im zweiten Buch – der Apostelgeschichte – darum geht, was Jesus als der Auferstandene tut und lehrt, dass er immer noch am Werk ist, und zwar durch seine Apostel. Apg 1,2–8 drückt das vielfältig aus: Jesus erwählte die Apostel durch den Geist und gab ihnen Weisung, erschien ihnen als der Lebendige und knüpfte – ein besonderer Kontinuitätsfaktor – an seiner Reich-Gottes-Botschaft an.19 Wie in Lk 24,47–49 kündigt Jesus den Aposteln die Kraft des Heiligen Geistes an, damit sie seine Zeugen sein können. Als sie nach der Wiederherstellung Israels fragen, weitet Jesus den Blick auf ihre Zeugenschaft „bis an die Grenzen der Erde“. Wie Lk 24,47 von der Verkündigung an alle Völker spricht, spannt der Missionsbefehl Apg 1,8 den Horizont bis ans Ende der Welt, es ist also „von vornherein die Heilsbezeugung für die Heiden mit im Blick“20. Dass auch der zeitliche, ja eschatologische Horizont anklingt, wird in Apg 1,9–11 deutlich. Selbst in der Erfahrung der Diskontinuität, nach Jesu Hinaufnahme in den Himmel, vermitteln zwei Deuteengel Kontinuität: Jesus wird „[…] wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen“. Wie er auf Wolken in den Himmel ging, so wird er auf Wolken – als der Menschensohn (vgl. Dan 7,13–14) – am Ende der Welt wiederkommen. Wie Jesu Himmelfahrt den Beginn der Mission markiert, so seine Wiederkunft den Endpunkt. Ein zeitlicher Horizont wird aufgespannt: Die Zeit der Kirche als Zeit der kontinuierlichen Zeugenschaft für den Auferstandenen, der durch den Geist in den Seinen am Werk ist.21
2.3 Johannes: Der Auferstandene überträgt seine Sendung an die Jüngerinnen und Jünger
Auch das Johannesevangelium kennt einen Missionsbefehl (Joh 20,19–23): Am Osterabend kommt Jesus in die Mitte der Jünger, die hinter verschlossenen Türen sitzen. Er überwindet die Barrieren der Angst und Trauer, gibt sich zu erkennen und schenkt den Seinen bleibend Frieden und Freude.22 Sein Missionsauftrag „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh 20,21) gewinnt durch die Verbindung mit der johanneischen Sendungschristologie hohes theologisches Gewicht: Die Jüngerinnen und Jünger sind vom Auferstandenen gesandt, wie er vom Vater gesandt ist. In johanneischer Sprache wird Kontinuität zwischen dem Wirken Jesu und dem seiner Gesandten ausgedrückt. Jesus „überträgt seine Sendung an die Jünger und stärkt sie dafür mit dem Heiligen Geist. Dass der Geist durch Anhauchen übertragen wird, […] erinnert […] an das Einblasen des Lebensatems bei der Schöpfung. Der Geist, den Jesus gibt, ist die Kraft des ewigen göttlichen Lebens.“23 In dieser Kraft sollen die Jünger Jesus „in der Welt präsent machen und sein Heilswirken fortsetzen“24. Als Repräsentanten Jesu haben sie die Vollmacht der Sündenvergebung, d. h. der Zuwendung des Heils, das Jesus gewirkt hat.25
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